Niederlage und Sieg für Werder 3

Oberliga Nord West

Unsere 4 Spitzenbretter beim Kampf in Nordhorn: Gennadiy, Peter, Max und Daniel
Schach
Montag, 10.03.2025 / 14:37 Uhr

Stephan Buchal

Die Runden 6 und 7 in der Oberliga bescherten Werder Drei einige Wechselbäder der Gefühle. Zunächst gab es gegen die hoch favorisierte Großmeistermannschaft von Kirchweyhe 2 einen unerwartet spannenden Kampf, der nur knapp mit 3:5 verloren ging. Dann mussten dringend mal wieder Punkte im Abstiegskampf her - aber beim starken SK Nordhorn-Blanke sah es lange Zeit eher nach einer knappen Niederlage aus. Doch Caissa war uns hold und bescherte uns einen wichtigen, aber durchaus glücklichen 5:3-Erfolg. Auf dem 4. Platz können wir jetzt den beiden Schlussrunden halbwegs entspannt entgegensehen.

Aber der Reihe nach: Am 23. Februar war alles bereit für den Kampf gegen Kirchweyhe 2, das in stärkster Besetzung (6 GM,  2IM) zum prestigeträchtigen Nachbarschaftsduell gegen unsere Amateurmannschaft antrat. Wir konnten dagegen viel jugendlichen Elan (Finn Helms, Daniel Chitsazian und Max Weidenhöfer) und ein hervorragendes Buffet von Anke Weidenhöfer (vielen Dank!) aufbieten.

Parallel dazu fand in unserem Clubraum das Duell in der Stadtliga zwischen Werder 5 und FinnWest 3 statt, das die Grün-Weißen deutlich mit 5,5:2,5 gewinnen konnten!

Unsere Begegnung gegen Kichweyhe verhieß dagegen zunächst nichts Gutes. Wir kämpften hart, aber die Großmeister standen bald an den meisten Brettern besser. Nur am 4. Brett (David Kardoeus gegen IM Tobias Kuegel) war ein hochinteressantes theoretisches Duell auf dem Brett, David griff stürmisch an und Tobias fand lange Zeit die richtige Verteidigung. Das nebenstehende Diagramm zeigt die Stellung nach dem 21. Zug von Weiß.

Auch unser Youngster Finn Helms war gegen die polnische Nationalspielerin IM Klaudia Kulon gut aus der Eröffnung gekommen und euer Berichterstatter hatte gegen Petar Genov mit den schwarzen Steinen fast Ausgleich erzielt. In den anderen 5 Partien standen wir dagegen deutlich unter Druck.

Als erstes erwischte es Olaf Steffens. Sein Gegner, der kroatische GM Ivan Zaja, zeigte sich von Olafs Doppel-Randspringer-Eröffnung (Sa6 und Sh6, ergänzt durch die Bauernpärchen b6/c6 und f6/g6) wenig beeindruckt und baute professionell jede Menge positionellen Druck auf. Es gelang Olaf nicht, ihn aufs tatische Glatteis zu führen und der Großmeister brachte den Punkt sicher nach Hause. Auch MariaEfimenko geriet schon in der Eröffnung etwas in Nachteil, verteidigte sich zäh, aber hielt ebenfalls dem großmeisterlichen Druck nicht stand und musste ihre erste Saisonniederlage quittieren.
Derweil war es mir gelungen, meine weitgehend ausgeglichene Stellung zu halten, natürlich war ich mit Genovs Remisangebot einverstanden.

Kurz vor der Zeitkontrolle geschah die große Überraschung: Daniel Chitsazian war gegen GM Blazimir Kovacevic - infolge einer übermütigen g2-g4-Attacke (!) - deutlich in Nachteil geraten und lebte obendrein ungefähr ab dem 20. Zug nur noch vom 30-Sekunden-Inkrement. Eigentlich war sein Zusammenbruch nur eine Frage der Zeit?!
Aber er spielte schnell und findig, wehrte sich tapfer, nahm alle Bauern weg, die er kriegen konnte und war beim 40. Zug (Dc3-e5, siehe Diagramm) dem Ausgleich so nahe wie lange nicht, die Engine zeigt nur noch -0,6. Die Zeitnot hatte er ebenfalls wunderbarerweise überstanden und das alles motivierte ihn zu einem flotten Remisangebot.
Der Großmeister betrachtete die Stellung, überlegte ein bisschen - und überschritt die Zeit! (Kleine Regelkunde: die Zeitüberschreitung beendet die Partie, ob Remisangebot oder nicht ...).
Kurzum: wie durch ein Wunder hatten wir auf 1,5:2,5 verkürzt und Daniel 15 Elo-Punkte hinzugewonnen.

Der Wettkampf wurde wieder spannend und die verbliebenen 4 Partien gingen über die volle Distanz.

Zunächst gelang es Peter Lichman am Spitzenbrett gegen den bärenstarken niederländischen GM Erik van den Doel (ELO 2561) ein großartiges Remis zu erkämpfen. Peter stand mit Schwarz von Anfang an unter schwerem Druck, sein Gegner hatte großen positionellen Vorteil und stand "fast" auf Gewinn. Aber Peter gelang es immer wieder, seine Stellung irgendwie zusammen zu halten - erst im Mittelspiel und dann auch noch in einem schwierigen Endspiel gegen Raumvorteil und ein sehr aktives Springerpaar. Schließlich konnte er in ein etwas schlechteres Bauernendspiel abwickeln, das sich objekt als Remis erwies. Eine sehr starke Leistung gegen einen Großmeister, der wirklich alles versucht hat.

Nur noch 2:3. Und David hatte mittlerweile eine Qualität gewonnen, 2 Bauern am gegnerischen Damenflügel einkassiert und versuchte mit hartnäckigen Manövern, die gegnerische Festung am Königsflügel zu erschüttern. Das muss doch gewonnen sein!? Oder schafft Kügel es vielleicht doch noch, eine Festung zu errichten?!

Davids hartnäckige Bemühungen sind von Erfolg gekrönt! In der Diagrammstellung unterluft Tobias Kügel der Fehler 53...Te8-a8? (53... Td8+ 54.Ke3 Td7 - der Kampf geht weiter ...) und nach 54,Txa8 ist es aus. Entnervt macht Kügel noch ein paar Züge und konstruiert ein hübsches Hilfsmatt in 3 Zügen.

Jetzt hängt alles an den verbliebenen zwei Partien: Max Weidenhöfer hatte die Partie gegen GM Palac lange Zeit ausgeglichen gestaltet, aber kurz vor der Zeitkontrolle (vermutlich in Zeitnot?) eine Qualität verloren. Er versucht geschickt mit einem starken Springer im Zentrum eine Art Festung zu errichten, die allerdings langsam aber sicher vom Großmeister eingerissen wird. Nach 60 Zügen ist die Partie verloren und damit wohl auch der Wettkampf.

Auch Finn Helms liefert einen sehr starken Kampf ab. Nach 4 Stunden ist die Stellung hochkompliziert, aber objektiv völlig ausgegelichen. Die junge Polin macht aber gewaltig Druck, die Stellungsbewertung schwankt lange Zeit zwischen "Vorteil Schwarz" und "annähernd Ausgleich". Allerdings ist die Verteidung sehr schwer zu spielen und Finn gerät immer mehr in Zeitnot. Nach 70 Zügen ist die Stellung immer noch im Gleichgewicht, aber im 73. Zug - nach über 6 Stunden Spielzeit - unterläuft ihm ein Fehler und IM Klaudia Kulon gewinnt! 

Trotz der 3:5-Niederlage war das eine sehr starke Teamleistung!

Sonntag, 9. März, beim SK Nordhorn-Blanke.

Beide Mannschaften müssen auf einige bewährte Stammkräfte verzichten - vorne können wir immerhin GM Gennadiy Fish am Spitzenbrett einsetzen, da das Bundesligateam an diesem Wochenende spielfrei ist. Am 8. Brett feiert unser Jugendspieler Alexander Lattreuter sein Debut in der Oberliga und trifft dort auf die noch etwas jüngere Anna WIlmink.
In dem schönen, hellen Spielsaal bei den "Grafschafter Nachrichten" ist ein Kampf "auf Augenhöhe" zu erwarten, wie meistens bei den Duellen der letzten Jahre.

Der Kampf beginnt ziemlich ausgeglichen. Peter Lichmans Rochadestellung macht einen etwas wackeligen Eindruck, braut sich da ein Mattangriff zusammen? Auch Detlev Diederichsens Eröffnung ist etwas verrutscht, Max Weidenhöfer hat eine interessante Stellung und ich kann ebenfalls ganz zufrieden mit den ersten 10 Zügen sein. An den anderen Brettern sieht es ziemlich ausgeglichen aus. Und tatsächlich wird nach gut 2 Stunden das erste Remis zwischen Paul Bierenbroodspot und Reiner Franke vereinbart. Reiner fasst das trefflich zusammen:

"Bei Durchsicht meiner vielen potentiellen Gegner veranschlagte ich eine kleine Wahrscheinlichkeit, als Schwarzer mit Colle-Zukertort konfrontiert zu werden.  Zum Glück kein taktischer Schlagabtausch, aber besser man weiß vorher, was man zu tun gedenkt und deswegen hatte ich am Samstag noch ein Viertelstunden-Rezept aus dem Bücherregal hervorgeholt. Die Hauptvariante davon kam dann tatsächlich aufs Brett, ich konnte mich hinreichend erinnern(!) und erzielte so im Mittelspiel einen gesunden Ausgleich, woraufhin mir mein  Gegner etwas unerwartet ein frühes Remis anbot. Es war zwar eine Bauernhebel-Spannung in der Stellung, aber keiner von uns beiden dachte, dass er Aussichten hätte, sie von sich aus zu seinem Gunsten aufzulösen. (Zu Hause sah ich, dass  aufgrund einer Ungenauigkeit sich mir doch die Gelegenheit zu einem taktischen Trick bot, den ich sah aber die Folgen nicht weit genug durchrechnete.)"

Nach gut 3 Stunden gelingt es mir, unser Team in Führung zu bringen. In einer mir nur mäßig bekannten Variante spielt der Nordhorner Mannschaftsführer Fabian Stotyn schnell und flüssig und hat bald eine halbe Stunde Zeitvorsprung. Eigentlich stehe ich ganz gut, aber hat er das alles bestens vorbereitet? Es gelingt mir, einen Springer hübsch auf c6 zu platzieren und die kritische Stellung entsteht nach meinem 17. Zug Ta1-d1 (Diagramm). 

Fabian überlegt wieder nicht lange und entscheidet sich für das lange geplante 17... e6-e5. Viel besser wäre dagegen das komplizierte 17... f7-f5 (Idee: Sd7-f6-e4) gewesen, mit kompliziertem Kampf bei leichtem weißen Vorteil. 

Dagegen führte der "Befreiungssschlag e5" nach der forcierten Zugfolge 18.dxe5 Sxe5 19.Lxe5 Lxe5 20.Dd5! Ld6 21.e4 zu einer perfekten weißen Stellung. Der Sc6 dominiert und der schnelle Vorstoß der e- und f-Bauern entscheidet leicht, wie man am zweiten Diagramm unschwer erkennen kann. 8 Züge später war die Partie vorbei ...

Ebenfalls noch vor der Zeitkontrolle endete die Partie am Spitzenbrett zwischen Gennadiy Fish und IM Frank Kroeze Remis. Gennadiy hatte sich in der Eröffnung leichte Vorteile erarbeitet, aber nach einer kleinen Ungenauigkeit glich sein niederländischer Kontrahent leicht aus und die Partie endete in einem völlig ausgeglichenen Turmendspiel.

Das dritte Remis vor der Zeitkontrolle steuerte Alexander Lattreuter bei, also ein geglücktes Debut in der Oberliga, wenn auch nach einer schweren Partie und mit etwas Glück. In einer "französischen Struktur", entstanden aus der Caro-Kann-Vorstoßvariante, hatte die junge (und durchaus favorisierte) Nordhornerin stundenlang leichten positionellen Vorteil. Und kurz vor Schluss bot sich ihr die entscheidende Chance (siehe Diagramm). Die naheliegende Partiefortsetzung 29.dxc5 dxc4 30.Txc4 Lb5! 31.T4c2 Lxe2 führte geradewegs zum Remis. Dabei hätte Weiß mit dem schlauen Zwischenzug 29.Lxd5! entscheidend in Vorteil kommen können! Denn nach 29...exd5 30.dxc5 verbietet sich 30...Txc5?? wegen 31.Df6+ und Weiß gewinnt einen ganzen Turm.

Obwohl wir also immer noch mit +1 in Führung lagen, stand es nicht besonders gut um unsere Mannschaft. Bei Peter und Danielsah es sehr remislich aus, aber sowohl Detlev wie auch Max standen beide klar schlechter - es drohte also eine knappe 3,5:4,5-Niederlage.

Unsere Rettung kam durch einen schrecklichen Nordhorner Fauxpas. In der Diagrammstellung, beide waren in Zeitnot, griff Max mit Weiß gerade den Se2 mit 35.Tc6-c2 zum zweiten Mal an. Und was zog Rob Bertholee darauf? 35... Te5-e3?? Max kassierte den Springer und stand fortan klar auf Gewinn. Der arme Niederländer konnte sein Unglück nicht fassen, der Kampf war zu unseren Gunsten entschieden!

Der Rest der Story ist schnell erzählt. Daniel Chitsazian und Timo Oehne stellten in einer pittoresken, völlig verrammelten Stellung den Kampf ein, auch das ist ein Diagramm wert!

Peter Lichman hatte schon länger alle Probleme gelöst und begnügte sich in ausgeglichener Stellung mit einem Dauerschach - und stellte damit das 4,5;2,5 sicher!

Die "Verluststellung" von Detlev Diederichsen gegen Hans Plasman machte eine mehrfache Metamorphose durch - kurzum: eine unglaubliche Kampfpartie, die mindestens 4 Diagramme erfordern würde. Detlev war schlecht aus der Eröffnung gekommen und opferte in großer Not eine Qualität, um überhaupt etwas Gegenspiel zu bekommen. Dann opferte er in beiderseitiger Zeitnot noch ein paar Bauern, um wenigstens einige Drohungen gegen den schwarzen König aufzustellen. Allmählich wurden seine Figuren unangenehm aktiv (was vorerst nichts an der grundsätzlichen Bewertung von ungefähr -3 änderte).

Aber die beiden letzten Züge vor der Zeitkontrolle missrieten dem Schwarzen, plötzlich bekam Detlev Angriff und einen gefährlichen Freibauern auf b7. Die Engine zeigt das übliche 0.00 - aber die Stellung ist alles andere als ausgeglichen. Sie ist messerscharf und in der nächsten Stunde wechselt die Bewertung noch mehrfach in beide Richtungen. Zum guten Schluss endet das Drama mit Dauerschach im 62. Zug und die Helden sind erlöst. Man sollte sich diese Partie nicht entgehen lassen!

Werder 3 ist jetzt mit 7:7 Punkten im gesicherten Mittelfeld auf dem 4. Platz. Die Abstiegsgefahr dürfte gebannt sein! Am 23. März sind wir auswärts zu Gast beim SK Lehrte.


Die gesammelten Partien von beiden Wettkämpfen:

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