Tag 5: Mittwoch, den 24. Oktober 2018
Nach dem Frühstück - welches ich wie immer erst 5 Minuten vor Schließung des Buffets aufsuchte – ging es für Nikolas und mich direkt wieder an die Vorbereitung. Vor dem Ruhetag wollten wir nochmal alles geben, um diesen nicht deprimiert verbringen zu müssen. Es wurden wieder enorm viele Varianten besprochen und analysiert, auf die Nikolas möglicherweise treffen würde. Je stärker die Spieler werden, desto abwechslungsreicher sind dann meistens auch die Repertoires und es wird immer schwieriger, alle mal vom Gegner gespielten Varianten mit einer vernünftigen Vorbereitung zu bedienen. So sehe ich das zumindest. Ich spüre aber auch, dass Nikolas das nicht ganz so sieht wie ich, denn er analysiert jede Variante bis zum geht nicht mehr, als wolle er einfach überall alles wissen. Mich beschleicht so langsam das Gefühl, dass er nicht die Varianten der Gegner widerlegen möchte, nein - ich glaube er möchte einfach das komplette Schachspiel widerlegen (damit wir danach mit Dame anfangen können – cooles Brettspiel, siehe Tag 3)! Spaß bei Seite – wir wollten den Punkt und nachdem es zum Mittagessen wieder einmal Pizza gab ("never change a running system"), konnte einer gesunden Partie ja nichts mehr im Wege stehen! Auf dem Weg zur Spielhalle musste ich Nikolas noch mehrfach bezüglich der Uhrzeit anlügen, damit er nicht in Panik geriet. Ich hatte ihn noch ein paar Aufgaben rechnen lassen, obwohl wir schon längst auf dem Weg zur Partie hätten sein müssen – ich bin ja bekannt für mein Zeitmanagment. ;-) Am Brett wurde Nikolas dann doch ein wenig überrascht, da Warre De Waele (Elo 2272) in einen unerwarteten Königsinder ging und dann auch noch eine relativ moderne Variante in der Petrosian-Variante wählte. Alles aber halb so wild, da Nikolas sich an eine Partie von einer Schulschachmeisterschaft erinnerte, welche eine gefühlte Ewigkeit her war. Damals hatte Nikolas falsch gespielt und wusste nun, was an Ort und Stelle zu tun war! Nachdem auch dem Gegner die Züge ausgingen, wurde den beiden bewusst, wie kompliziert die Stellung wirklich war. Nikolas hatte jedoch den besseren Überblick und spielte giftig. Sein Gegner hatte zunächst einen erheblichen Zeitvorteil, den er aber wieder einbüßte, als er auf Nikolas Züge nicht mehr klar kam. Er fing an seinen König nach und nach immer mehr zu schwächen und verlor den Faden komplett. Nikolas schaute sich die Selbstzerstörung gelassen an und kippte hier und ds noch ein bisschen Salz in die Wunden. Im 34. Zug war dann Schluss mit lustig – auch der Gegner hatte genug gesehen!
Mit einem tollen Halbzeitstand von 4,5/6 steht Nikolas nun auf Platz 13 der Tabelle, IM Luis Engel steht mit einem halben Punkt Rückstand auf Platz 18 und an der Spitze der U16 regiert weiter der Armenier Shant Sargsyan (Elo 2463). Damit das Turnier für die Leser weiterhin spannend bleibt, müssen natürlich weiter Punkte gesammelt werden. Nach dem morgigen Ruhetag startet Nikolas also am Freitag um 15.00 Uhr (in Deutschland durch Zeitverschiebung um 14.00 Uhr) mit den schwarzen Steinen in die siebte Runde. Gegner ist IM Nodirbek Yakubboev aus Usbekistan (Elo 2522) und die Partie ist wie immer live zu verfolgen. Bleibt dran am Ball, Brett, Artikel oder was auch immer und drückt uns kräftig die Daumen!