„Als die Rückkehr feststand, bin ich wieder mit Freude zum Training gegangen“

Andreas Herzog im Interview vor dem Duell seiner beiden Ex-Vereine

Andreas Herzog im Spiel gegen die Bayern im Werder-Trikot.
Herzog bestritt für Werder über 300 Pflichtspiele, für die Bayern 37 (Foto: imago).
Profis
Donnerstag, 19.09.2024 / 12:00 Uhr

Das Interview führte Moritz Studer

Andreas Herzog hat die erfolgreichste Zeit seiner Karriere beim SV Werder Bremen erlebt. Mit dem SVW wurde der Österreicher Deutscher Meister und gewann zwei Mal den DFB-Pokal. Bei seinem Abstecher zum FC Bayern München, bei dem er seinen Trophäenschrank mit dem UEFA-Cup auffüllte, wurde er 1995/96 nicht glücklich und kehrte an die Weser zurück. Im WERDER.DE-Interview spricht der 56-Jährige neben dem bevorstehenden Bundesliga-Duell auch über seine besondere Beziehung zu Jürgen Klinsmann, den FC Hollywood und seine spannende Trainerlaufbahn.

WERDER.DE: Moin Andi, in diesen Tagen ereilen uns aus deiner Heimatstadt Wien schlimme Bilder. Hast du die Hochwasserlage bislang gut überstanden?

Andreas Herzog: Ich wohne knapp außerhalb von Wien ein bisschen auf einem Hügel und dadurch sind wir zum Glück glimpflich davongekommen. Zehn Kilometer entfernt ist jedoch alles überflutet. Es ist schon fürchterlich zu sehen, wie Häuser halbwegs im Wasser untergehen und Autos weggerissen werden.

WERDER.DE: Du bist nicht nur als Spieler, sondern auch als Trainer viel um die Welt bekommen. Hast du eine ähnliche Situation schon mal erlebt?

Andreas Herzog: Wenn sowas fast vor deiner Haustür passiert, ist es schon was ganz anderes. In Miami gab es auch die Hurricane-Saison – da waren schon wilde Geschichten dabei. Wenn sowas in deiner Heimat passiert, ist es aber nochmal umso schlimmer.

WERDER.DE: In den USA warst du nämlich, genau wie zuletzt in Südkorea, Co-Trainer von Jürgen Klinsmann, mit dem du gemeinsam beim FC Bayern gespielt hast. Du hast die Freundschaft zu ihm mal als das Wichtigste bezeichnet, dass du aus München mitgenommen hast.

Andreas Herzog: Zu meiner Spielerzeit in München war das eigentlich noch gar nicht so, denn wir waren beide Einzelgänger (schmunzelt). Er hat mich aber 2004, als er als eine Art Berater bei Los Angeles Galaxy tätig war, nach Amerika geholt, wo ich dann mein Karriereende verbracht habe. Ab diesem Zeitpunkt haben wir ein richtig gutes freundschaftliches Verhältnis entwickelt…

WERDER.DE: …, dass euch auch auf beruflicher Ebene gut zusammenarbeiten lässt.

Andreas Herzog: Dass er mich nach den USA auch nach Südkorea geholt hat, zeigt sein blindes Vertrauen zu mir. Es macht extrem viel Spaß unter Jürgen zu arbeiten, weil er Freiheiten gibt und sich Meinungen anhört. Das habe ich in Österreich unter Karel Brückner anders kennengelernt, wo ich nur danebenstand und nicht wieder Assistenztrainer sein wollte. Beim Jürgen würde ich es aber sofort wieder machen.

WERDER.DE: Blicken wir nochmal zurück auf deine Spielerzeit. Denn nach deiner Zeit in Bremen ist es dir trotz Otto Rehhagel an der Seitenlinie nicht leicht gefallen in München Fuß zu fassen.

Andreas Herzog: In Bremen hatten wir eine starke Mannschaft, die sehr familiär und um die die Medienlandschaft noch nicht so groß war. Ich hatte mit dem Otto dort zwar denselben super Trainer, aber er hat es dort nochmal schwerer gehabt als ich. Mir ging es mit den Medien in München nicht gut, aber als ich mit ihm gesprochen habe, ging es mir im Vergleich doch noch richtig gut.

WERDER.DE: Damals wurde der Vereinsspitzname FC Hollywood geprägt.

Andreas Herzog: Das war damals schon das schlimmste Jahr. Wir hatten Spieler wie Lothar Matthäus, Oliver Kahn, Jürgen Klinsmann, Thomas Helmer oder Jean-Pierre Papin, waren aber keine Einheit, haben aber trotzdem den UEFA Cup gewonnen. Das zeigt unsere Qualität und ich bin mir sicher, mit mehr Teamgeist und Zusammenhalt hätten wir auch die Meisterschaft gewonnen. Als die Ausländerbeschränkung dann aufgehoben wurde, war es für Legionäre später einfacher in München Fuß zu fassen.

Grüll war letztes Jahr einer der Topspieler in Österreich, der in Bremen sicher seinen Weg machen wird.
Andreas Herzog

WERDER.DE: Nach einer Saison bist du an die Weser zurückgekehrt und hast in keiner anderen Spielzeit mehr Bundesliga-Tore erzielt als in dieser. War das für dich wie eine Art Heimkehr?

Andreas Herzog: Ja, absolut. Ich habe in München nicht mehr viel Selbstvertrauen gehabt. Als dann im April klar war, dass es zurück nach Bremen geht, bin ich wieder mit Freude zum Training gegangen. Denn ich wusste, ich bereite mich schon auf Werder vor. Als ich dann nach Bremen zurückgekehrt bin, war ich in einer absoluten Top-Verfassung.

WERDER.DE: Als dritter Österreicher, der für den SVW aufgelaufen ist, hast du eine kleine Bremer Tradition miteingeführt. Wie siehst du, auch als ehemaliger Co-Trainer Österreichs, deine Landsmänner Marco Friedl, Marco Grüll und Romano Schmid?

Andreas Herzog: Natürlich verfolge ich meine Ex-Vereine und freue mich, dass Werder mit den Österreichern so gut gefahren ist. Ich glaube, dass unsere Mentalität einfach gut dorthin passt. Marco Grüll war letztes Jahr einer der zwei, drei Topspieler in der österreichischen Bundesliga, der in Bremen sicher seinen Weg machen wird. Friedl ist sogar schon Kapitän der Mannschaft und Romano Schmid befindet sich auch als Nationalspieler auf einem super Weg.

WERDER.DE: Es spricht für dich und deine Karriere, dass du 20 Jahre lang Österreichs Rekordnationalspieler warst. War es für dich einfacher, dass dich ausgerechnet Marko Arnautovic und David Alaba überholt haben, die du selbst in der U21 trainiert hast?

Andreas Herzog: Ich hätte den Rekord schon gerne weiterbehalten (schmunzelt). Es war aber schon eine lustige Geschichte, dass mich jetzt zwei meiner ehemaligen Spieler überholt haben. Dem Marko habe ich persönlich gratuliert, als er den Rekord geknackt hat. David und er waren damals mit 18, 19 noch zwei wilde Hunde, die mittlerweile selbst Familie haben. Es freut mich einfach, dass sie so einen tollen Weg gemacht haben.

WERDER.DE: Bislang warst du in der Trainerlaufbahn vor allem auf der Verbandsarbeit tätig. Hast du für deine berufliche Zukunft schon ein Projekt im Blick?

Andreas Herzog: Mir macht beides sehr viel Spaß. Im Zusammenhang mit Jürgen Klinsmann und aus der Rücksicht meiner Familie gegenüber, waren es bislang vor allem Nationalmannschaften. Als ich Admira Wacker trainiert habe, hatte das den Grund, dass meine beiden Söhne dort spielen und es daher einfach gepasst hat.

WERDER.DE: Abschließend müssen wir natürlich auch noch auf das Duell Werder gegen Bayern blicken, indem du 1996 nach deiner Rückkehr als Doppeltorschütze in Erscheinung getreten bist. Was erwartest du für eine Begegnung?

Andreas Herzog: Gegen den Ex-Verein zu treffen, war damals natürlich eine Genugtuung. Ähnlich war es als Trainer, mit Israel gegen Österreich zu gewinnen. Es ist schon mal wichtig, dass Werder einen guten Start gehabt hat. Im Jänner (Anm. d. Red.: Januar) haben sie gezeigt, dass sie die Bayern schlagen können. Ich würde den Werder-Fans wünschen, auch im Weserstadion wieder einen Heimsieg feiern zu können.

WERDER.DE: Das würden wir uns auch sehr wünschen. Wir danken dir sehr für das Gespräch!

 

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