WERDER.DE: Wie warst du als junger Spieler auf dem Platz und außerhalb?
Nick Woltemade: Wenn es nicht lief, konnte ich richtig sauer werden, und es sind immer mal Tränen geflossen. Ich war sehr ehrgeizig. Heute bin ich eher in mich gekehrt, mache vieles mit mir aus. Nach negativen Erlebnissen brauche ich meistens erstmal meine Ruhe, kann es dann aber auch schnell abhaken. Der Fußball ist zwar der Mittelpunkt in meinem Leben, aber mir ist es wichtig, immer auch daran zu denken, dass ich meine Familie und meine Freunde habe.
WERDER.DE: Du hast als Kind und Jugendlicher auch erfolgreich Handball gespielt. Konntest du davon für deine Fußballkarriere profitieren?
Nick Woltemade: Ganz sicher. Dass es zu meinen Stärken gehört, den Ball gut abzuschirmen und behaupten zu können, liegt nicht nur daran, dass ich recht groß bin. Beim Handball habe ich gelernt, mich durchzusetzen. Ich habe oft gegen Ältere gespielt, war dann der Kleinste, auch wenn man sich das heute nicht mehr vorstellen kann. (lacht) Die Gegenspieler im Handball sind ziemlich massiv, man muss häufig in den Zweikampf. Ich musste mich durchsetzen, und diese Erfahrung hilft mir heute.
WERDER.DE: Vielleicht hättest du im Handball gerade eine Europameisterschaft im eigenen Land gespielt…
Nick Woltemade:(lacht) Wir diskutieren in der Familie manchmal darüber. Denn ich bin davon überzeugt, dass ich auch im Handball meinen Weg hätte gehen können. Mein Vater behauptet allerdings, dass meine Sprungkraft dafür nicht ausgereicht hat. Wenn ich mir heute unsere Sprungtests anschaue, dann hat er damit aber auf keinen Fall recht. Für einen Handballer bin ich allerdings vielleicht etwas zu dünn, daran hätte ich arbeiten müssen.
WERDER.DE: Wie schwierig ist es als Fußball-Profi, sich nicht zu weit von den früheren Freunden zu entfernen?
Nick Woltemade: Es ist nicht leicht, aus dieser Profifußball-Bubble rauszukommen, aber ich versuche es immer wieder und treffe mich mit meinen Freunden. Allerdings: Wenn ich irgendwo hinkomme, bin ich immer der Fußball-Profi. Bei Familientreffen geht es häufig um Fußball, und jeder will mit mir darüber sprechen. Es ist schön, dass sich die Leute dafür interessieren. Aber dem kann man eigentlich nur entfliehen und mal komplett vom Fußball abschalten, wenn man im Urlaub ist, wo einen fast niemand kennt.
WERDER.DE: Wie stehst du zu den immensen Geldsummen, die im Profifußball bewegt werden?
Nick Woltemade: Ich habe das Glück, dass ich aus einem sehr bodenständigen Elternhaus komme. Diese Bodenständigkeit versuche ich mir zu bewahren und vernünftig mit diesem Thema umzugehen. Aber ich kann verstehen, dass das nicht für jeden ganz so leicht ist. Denn es stürmt wirklich viel auf junge Spieler ein. Wenn ich ein anderes Leben hätte, wäre ich mit 22 vielleicht gerade noch am Beginn meines Studiums. Wenn ich mir dagegen überlege, was ich als Fußball-Profi in kurzer Zeit schon alles erlebt habe… In diesem Geschäft muss man einfach viel schneller erwachsen werden. Und letztlich ist es wie überall im Leben: Man lernt insbesondere aus Fehlern.
WERDER.DE: Wie zufrieden bist du persönlich bisher mit der laufenden Saison?
Nick Woltemade: Ich finde, sie hat für mich sehr gut angefangen. Ich habe viel gespielt, gute Leistungen gezeigt. Das Feedback vom Trainerteam war positiv. Ich habe in meiner Entwicklung einen Schritt nach vorne gemacht. Dann kamen ein paar Wochen, in denen ich mir mehr Spielzeit gewünscht hätte. Natürlich auch, weil meine Ansprüche gestiegen sind, ich an einem Punkt bin, an dem ich sage: Ich will immer auf dem Platz stehen und möglichst viel spielen. Dafür arbeite ich die ganze Woche. Und ich hoffe, dass ich in dieser Saison noch möglichst viel zum Erfolg des Teams beitragen kann.