"Richtig angekommen"

Rafael Borré im Interview

Rafael Borre salutiert mit der rechten Hand, die linke Hand ist hinter dem Rücken. Er trägt das Third-Trikot.
Rafael Borré entwickelte sich im Laufe der Hinrunde zum Leistungsträger (Foto: W.DE).
Interview
Montag, 25.12.2023 / 14:00 Uhr

Das Interview führte Fiona John

Seit knapp fünf Monaten gehört Rafael Borré zum Kader des SV Werder Bremen. Während dieser Zeit gelangen dem Leihspieler von Eintracht Frankfurt vier Treffer in Grün-Weiß. Drei Mal war der Kolumbianer auf Reisen mit der Nationalmannschaft und vor kurzem durfte er sich über die Geburt seines zweiten Kindes freuen. Nun sprach der Angreifer über all diese Themen in einem Interview mit WERDER.DE.

WERDER.DE: Moin Rafa, du hast zu Beginn deiner Zeit hier in Bremen gesagt, dass du deine Frau und deine Tochter als Unterstützung bei dir haben möchtest. Ist deine Familie mittlerweile hier?

Rafael Borré: Meine Familie ist mittlerweile bei mir in Bremen. Es macht mich besonders glücklich, dass ich vor einigen Wochen ein zweites Mal Vater geworden bin. Ich habe jetzt zwei kleine Töchter. Dass sie alle bei mir sind, ist eine große Unterstützung. Es ist toll, dass ich so viel Zeit mit meinen Kindern verbringen kann, das macht mir sehr viel Spaß und Freude.

WERDER.DE: Wie ist es für dich, wie in den letzten Monaten während der Reisen zur Nationalmannschaft oft von deiner Familie getrennt zu sein?

Rafael Borré: Einerseits ist es natürlich nicht so einfach, weil mir meine Familie dann sehr fehlt. Ich würde mir wünschen, sie immer in meiner Nähe zu haben, auch um meine Frau besser zu unterstützen. Anderseits sind die Reisen für mich sehr wichtig, weil ich sehr stolz darauf bin, Teil der Nationalmannschaft zu sein. Deswegen möchte ich natürlich auch spielen.

WERDER.DE: Wie gehst du körperlich und mental mit den langen Reisen um, die sicher sehr anstrengend sind und oft dafür sorgen, dass du die komplette Vorbereitung auf ein Spiel verpasst?

Rafael Borré: Das ist schon eine Herausforderung, weil ich nur an einem Ort zurzeit sein kann und woanders in dem Moment etwas verpasse. Wenn ich mit der Nationalmannschaft unterwegs bin, dann bin ich eben nicht im Bundesligaalltag. Deswegen ist es in dieser Zeit umso wichtiger, mit dem Trainer in Kontakt zu bleiben und sich zu informieren, was geplant ist und was absolviert wurde. Um sich dann so schnell wie möglich nach der Rückkehr wieder in das einzufügen, was hier vor Ort gefragt ist.

WERDER.DE: Du sprichst den Bundesligaalltag selbst an. Wie gelingt es da nach einer langen Reise den Übergang zu finden?

Rafael Borré: Das Schwierigste ist der Schlaf. In Kolumbien sind sieben Stunden Zeitverschiebung. Deshalb muss ich meinen Schlaf organisieren, wenn ich wieder da bin. Wenn ich das geschafft habe und wieder im richtigen Rhythmus bin, tausche ich mich mit dem Trainer und den Kollegen aus. In der letzten Einheit versuche ich dann alles aufzusaugen, was ich vorher verpasst habe.

WERDER.DE: Wie kann man sich das vorstellen den Schlaf zu „organisieren“?

Rafael Borré: Ich orientiere mich an den Uhrzeiten. Wenn es hier in Deutschland 22 Uhr ist, dann ist es in Kolumbien erst mittags. Ich bin dann zwar müde, schlafe dann aber nicht. Wenn ich wieder zurückkomme, ist es dann eben andersherum. Ich verhalte mich immer so, dass ich am Abend an dem Ort schlafen kann, wo es gerade Nacht ist.

WERDER.DE: Bei deiner Ankunft in Bremen ging es nach der Vertragsunterschrift auch direkt zur Nationalmannschaft. Es folgten zwei weitere Reisen in dein Heimatland im Oktober und November. Wie hat sich die Länderspielreise auf dein Ankommen hier in der Stadt und in der Mannschaft ausgewirkt?

Rafael Borré: Am Anfang war es tatsächlich etwas kompliziert, nicht in Bremen zu sein, weil ich nicht diese Phase hatte, in der ich die Stadt und die Mitspieler kennenlernen konnte. Ich hätte anfangs lieber mehr Zeit mit den Kollegen verbracht, um mich besser einzugewöhnen und alle besser kennenzulernen. Da sind die ersten Tage verloren gegangen. Ich habe mich dann sehr gefreut, als ich wieder da war und das nachholen konnte. Jetzt, wo meine Familie auch hier in Bremen ist, ist alles noch einmal einfacher geworden.

WERDER.DE: Ab wann hattest du dann das Gefühl richtig drin zu sein in der Mannschaft?

Rafael Borré: Wenn ich einen bestimmten Zeitpunkt nennen muss, dann würde ich sagen, es war das Spiel gegen Köln. Da war das Gefühl bei mir da, richtig angekommen zu sein, alle kennengelernt zu haben und zu wissen, wie die Mannschaft tickt und wie wir spielen.

WERDER.DE: Gegen Köln hast du ja auch das erste Mal für Werder getroffen. Ein weiteres Tor gelang dir gegen deinen Stammclub Frankfurt. Wie war das Gefühl in dem Moment, als der Ball im Netz war?

Rafael Borré: Das waren gemischte Gefühle. Auf der einen Seite war es natürlich toll für Werder ein Tor zu schießen. Es war ein wichtiges Tor, dass wir gebraucht haben. Auf der anderen Seite hatte ich neben dem lachenden aber auch ein weinendes Auge. Schließlich ist Frankfurt mein ehemaliger Verein. Ich habe dort viel gelernt. Deshalb war es ein sehr emotionales Tor.

WERDER.DE: Inzwischen kennen dich deine Teamkameraden und Wissen um deine Stärken, insbesondere vor dem Tor. Wie läuft die Kommunikation mittlerweile, nachdem du anfangs von sprachlichen Hürden berichtet hast?

Rafael Borré: Ich lerne Deutsch. Seit ich hier in Bremen angekommen bin, haben sich meine Deutschkenntnisse auch schon verbessert. Der Trainer kommuniziert komplett auf Deutsch, mit meinen Teamkollegen spreche ich Englisch. Leonardo Bittencourt spricht zusätzlich Portugiesisch und ein bisschen Spanisch. Mit ihm ist es dann besonders einfach. Aber ich lerne durch das hören und lese auch viel auf Deutsch, um besser zu werden.

WERDER.DE: Werder ist ja nicht deine erste Station in Deutschland. Wie war die Kommunikation in Frankfurt?

Rafael Borré: In Frankfurt lief meistens alles eher auf Englisch ab. Wir hatten nur drei oder vier deutsche Spieler in der Mannschaft, der Rest war international. Deshalb war die Sprache auf dem Platz Englisch.

WERDER.DE: Marvin Ducksch hat gesagt, dass die sprachliche Barriere gar kein so großes Problem ist, weil ihr euch als Instinktfußballer auch ohne Worte versteht. Wie ist es aus deiner Sicht? Wie läuft das Zusammenspiel mit deinem neuen Sturmpartner?

Rafael Borré: Da hat er recht. Zwischen uns funktioniert die Kommunikation über Blicke und über Gesten. Wir können uns in einer Situation über Blickkontakt oder Handzeichen verständigen und wissen sofort, was der andere meint. Wir können uns ineinander hineinversetzen und haben ein gutes Verständnis voneinander. Wir verstehen uns also tatsächlich ohne Worte.

Ich möchte dem Verein noch mehr geben und so viele Tore wie möglich schießen – auch gemeinsam mit meinem Sturmpartner.
Rafael Borré

WERDER.DE: In der Nationalmannschaft hast du zuletzt auch zwei Mal getroffen. Woran liegt es, dass es bei dir wieder so gut läuft?

Rafael Borré: Das ist auf die Mannschaft hier bei Werder zurückzuführen. Das Team hat es mir sehr leicht gemacht, mich einzugewöhnen und mir die Möglichkeit gegeben, hier meinen Platz zu finden. Die ganze Mannschaft funktioniert gut. Das Spiel ist darauf ausgelegt, dass den Stürmern dabei geholfen wird, Tore zu schießen. Das führt dazu, dass ich treffe. Natürlich sind vier Treffer schon nicht schlecht, ich möchte dem Verein aber noch mehr geben und so viele Tore wie möglich schießen – auch gemeinsam mit meinem Sturmpartner.

WERDER.DE: Welche Ziele hast du für das nächste Jahr?

Rafael Borré: Einerseits möchte ich wie bereits erwähnt noch viele Tore schießen, um für die Mannschaft eine große Hilfe zu sein. Anderseits sollten wir als Team noch mehr den Anspruch an uns haben, eine bessere zweite Saisonhälfte zu spielen, um in der Tabelle noch weiter nach oben zu klettern. Eine ambitionierte Zielsetzung motiviert sicher jeden Einzelnen und zieht ihn mit.

WERDER.DE: Bevor es soweit ist, steht nun erstmal die Winterpause an. Wie sieht die fußballfreie Zeit bei dir aus?

Rafael Borré: Ich mache gerne andere Sportarten, zum Beispiel Basketball, Baseball und Tennis. Dann gibt es ein Gesellschaftsspiel, was in Kolumbien und in meiner Familie besonders viel gespielt wird. Es heißt Domino. Damit werde ich meine Zeit verbringen.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Spaß beim Spielen!

 

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