"Werder ist ein besonderer Verein mit besonderen Menschen"

Frank Baumann im Abschlussinterview

Die Verabschiedung von Frank Baumann im wohninvest WESERSTADION beim Heimspiel gegen Bochum.
Frank Baumann war 25 Jahre lang beim SV Werder Bremen (Foto: WERDER.DE).
Profis
Donnerstag, 06.06.2024 / 16:00 Uhr

Das Interview führte Markus Biereichel

Frank Baumann verbrachte sein halbes Leben beim SV Werder Bremen. Nun heißt es für den 48-jährigen, der 1999 aus Nürnberg an den Osterdeich wechselte, Abschied zu nehmen. In seiner Zeit bei den den Grün-Weißen holte er 2004 nicht nur das Double, sondern übernahm später auch den Posten des Geschäftsführers. In einem letzten Abschlussinterview mit WERDER.TV spricht Baumann über seine 25 Jahre beim SVW.   

WERDER.DE: Moin Frank, dein Abschied rückt unaufhaltsam näher und schon bald lautet dein Tagesgeschäft nicht mehr Werder Bremen, sondern Familie Baumann. Hast du dich da emotional schon drauf vorbereiten können?

Frank Baumann: Ich glaube ja. Es ist ja nicht meine erste Auszeit. Ich weiß, wie es ist von dem einen auf den anderen Tag erst mal nichts zu machen und zumindest keine beruflichen Aufgaben zu haben. Aber der Haushalt wird warten und insofern wird mir nicht langweilig werden (lacht). Es gibt einfach viele andere schöne Dinge, die in den letzten Jahren zu kurz gekommen sind. Darauf freue ich mich schon. 

WERDER:DE:Damals vor dem Sabbatical war aber klar, dass du in irgendeiner Form wieder einsteigen wirst. Jetzt hat es etwas von einem Ruhestand. Geht man dann damit anders um?

Frank Baumann: Ich weiß noch nicht, ob es ein endgültiger Ruhestand werden wird oder nicht. Aktuell gehe ich davon aus, dass die Auszeit länger sein wird als ein, zwei Jahre. Aber ausschließen möchte ich einfach nichts. Ich werde trotzdem jetzt erst mal die nächsten Wochen und Monate ganz entspannt regenerieren, in den Tag hineinleben und dann natürlich auch noch ein stückweit die Zeit nutzen wollen, um mich weiterzubilden. Dann werde ich schauen, ob wirklich noch mal eine spannende Aufgabe kommt. Ob das dann hauptberuflich ist, ob das im Fußball ist oder in anderen Branchen - das will ich alles komplett offenlassen und da erst mal nichts ausschließen.

WERDER.DE:Du hattest die Entscheidung bereits sehr früh kommunizierst. Aus deiner Sicht die richtige Entscheidung, zum richtigen Zeitpunkt aufzuhören? 

Frank Baumann: Ich habe damals für mich die Schlüsse gezogen, dass es für einen selbst aber auch für den Verein gut ist, diesen Job nicht zu kurzfristig auszuführen, aber nach einer gewissen Zeit dann vielleicht auch den Weg wieder freizumachen für neue Ideen, neue Impulse und eine neue Herangehensweise an die Aufgaben. Das hat mir geholfen, in dieser Zeit dann wirklich Vollgas zu geben und viel zu investieren. Meine Familie musste dabei auf vieles verzichten. Es hat allerdings auch geholfen zu sagen, dass es wieder eine Zeit geben wird, in der wir gemeinsam das Wochenende verbringen können. Deswegen bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war.

WERDER.DE: Der Zeitpunkt der Entscheidung war eine Phase, in der es dem SVW sportlich nicht hundertprozentig gut ging und auch Ole in der Kritik stand. Gab es da Momente, wo du gesagt hast, ich hätte noch mal warten sollen?

Frank Baumann: Ja, natürlich habe ich mir die Frage gestellt, ob es der richtige Zeitpunkt ist. Mein Anspruch war es, Werder bestmöglich zu überbegeben. Dass wir wirtschaftlich, sportlich, aber auch personell gut aufgestellt sind. Wir wussten, dass die Saison vielleicht ein bisschen holprig losgehen wird. Ich hatte aber das absolute Vertrauen in die Verantwortlichen. Dass es dann bei einem einstelligen Tabellenplatz endet, konnte man damals noch nicht absehen. Umso schöner ist es, dass wir die Dinge, die wir uns vorgenommen haben, auch umsetzen konnten. 

Dass wir Bremen nie verlassen haben, zeigt, wie sehr es für beide Seiten gepasst hat.
Frank Baumann

WERDER.DE:Jetzt warst du 25 Jahre hier. Mehr als die Hälfte deines Lebens. Wie stolz blickst du auf das Lebenswerk Frank Baumann bei Werder Bremen zurück?

Frank Baumann: Wenn man mein Leben betrachtet, dann bin ich natürlich extrem zufrieden und ein stückweit stolz. Was so ein kleiner Junge vom TSV Bühl erreicht hat, der nicht unbedingt mit einem Riesentalent gesegnet war. Das hätte ich mir vor 30 Jahren mit Sicherheit nicht so ausgemalt. Lebenswerk ist trotzdem ein großes Wort. In den vergangenen 125 Jahren gab es einige Menschen bei Werder, die den Verein mit deutlich mehr Verantwortung über eine längere Zeit extrem geprägt haben. Deswegen bin ich einfach froh, wenn man das eine oder andere an positiven Emotionen zurückgeben konnte. Es hat vom ersten Tag an für mich bei Werder und für uns als Familie in Bremen gepasst. 

WERDER.DE:Gibt es etwas, was du aus so einer Zeit bei Werder am meisten vermissen wirst?

Frank Baumann: Es gibt viele Momente und Begegnungen mit Menschen, die ich vermissen werde. Für mich ist es einfach ein großes Privileg, jeden Tag den Osterdeich entlang gefahren zu sein, mit Blick auf das Stadion die Rampe runterzufahren und im Stadion arbeiten zu dürfen. Das ist jeden Tag etwas Besonderes gewesen. 

WERDER.DE: Welche drei Highlights fallen dir spontan ein, wenn du auf deine 25 Jahre beim SVW zurückblickst?

Frank Baumann: Das ist echt schwer. Wenn ich mich für drei entscheiden müsste, würde ich sportlich gesehen das Spiel in München am 8. Mai 2004 nennen. Das war definitiv das Highlight als Spieler. Der Wiederaufstieg aus der zweiten Liga in die Bundesliga zurück war ein Weiteres, da es für uns nicht selbstverständlich war. Es ist schwer zu sagen, was das Dritte war. Wir hatten nach der Saison zusammen mit den Mitarbeiter:innen einen schönen Abschied im Stadion. Es sind Momente wie diese, die Werder auszeichnet und die in Erinnerung bleiben. 

WERDER.DE:Du hast den Wiederaufstieg erwähnt. Kommen wir mal zum Abstieg, weil der war nicht nur eine Zäsur für Werder Bremen, sondern auch für dich als Privatmensch. Wie belastend war die damalige Zeit?

Frank Baumann: Abstiegskampf ist ein anderer Druck als der Kampf um die internationalen Plätze oder um die Meisterschaft. Man hat diese Verantwortung gespürt, denn ein Abstiegskampf ist für alle Beteiligten belastend. Nicht nur für die Spieler, sondern auch für die Fans. Dazu hatten wir in der Pandemie noch eine schwierige finanzielle Situation. Das war doppelt anstrengend. Ein Abstieg kann man wieder gut machen. Eine mögliche Insolvenz eben nicht. Das in der Kombination war schon eine belastende Situation. Das war nicht einfach, aber auch da hilft es, wenn man eine Familie hat, die mir immer den Rücken freigehalten hat. Natürlich hat es auch geholfen, dass wir hier bei Werder den Zusammenhalt gelebt haben, weil anders hätten wir diese Situation nicht meistern können.

WERDER.DE: Gibt es denn etwas, was du den Menschen mitteilen möchtest, die dich als Fans, Spieler und Mitarbeiter:innen in der Zeit begleitet haben?

Frank Baumann: Ein großes Dankeschön sowohl für die Unterstützung der Fans, aber natürlich auch für ganz tolle Mitarbeiter:innen, die ich in den letzten 25 Jahren erleben durfte.

Es gibt immer noch viele Mitarbeiter*innen, die vor 25 Jahren auch schon hier waren. Das zeigt, dass Werder ein besonderer Verein ist, der von besonderen Menschen begleitet wird. Ein großes Dankeschön für die Unterstützung gerade in schwierigen Zeiten. Das ist nicht selbstverständlich und das weiß ich sehr zu schätzen. Ich möchte mich da einfach von ganzem Herzen bedanken. 

WERDER.DE: Im Namen aller möchten auch wir uns für die 25 Jahre bei dir bedanken und wünschen dir für die kommende Zeit auf jeden Fall nur das Beste.

Das komplette Saisonabschlussinterview mit Frank Baumann, wo er u.a. über seine Zukunftspläne, die Rolle als strategischer Partner und den Abschied im wohninvest WESERSTADION spricht, gibt es auf WERDER.TV. 

 

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