WERDER.DE: Du wirst nach außen als sehr ruhig wahrgenommen. Bist du hinter den Kabinentüren auch so? Oder wirst du da auch mal energisch?
Christian Groß: „Ich bin eher der sachliche und ruhige Typ, was Kommunikation angeht. Ich kann aber auch anders. Ich kann im Spiel oder im Training auch mal laut werden, das gehört auch zu mir dazu. Es kommt nicht oft vor, aber es kann schon passieren. Ich finde aber, das sollte nicht zu oft vorkommen. Es ist ein Stück weit meine Stärke, Dinge sachlich zu sehen und schnell zu erkennen und dann auch rechtzeitig reagieren zu können.“
WERDER.DE: Insgesamt hat deine Karriere nicht den ganz klassischen Verlauf genommen. Ist dein Blick auf den Fußball deshalb ein anderer, kannst du in der Mannschaft Perspektiven beitragen, die andere nicht haben?
Christian Groß: „Ja. Ich sehe einige Dinge einfach anders, weil ich es auch anders kennengelernt habe. Die unteren Ligen, egal ob es um die Infrastruktur geht, um Trainingslager, um alles rund ums Spiel, sind einfach komplett anders. Von daher habe ich mehr erlebt, das ist ein Vorteil. Ich kann aber auch für Dinge sensibilisieren, kann gerade den jungen Spielern zum Beispiel sagen ‚Hey Jungs, der Weg ist nie vorbei, es geht immer weiter. Die Entwicklung geht nicht immer steil nach oben. Fast jede Karriere hat auch mal eine Delle.‘ Ich denke, meine Erfahrungen helfen mir da sehr.“
WERDER.DE: Gibt es auch Aspekte, die dich mehr belasten, weil du nicht von Kind auf den Weg der Profikarriere beschritten hast?
Christian Groß: „Nein, eigentlich nicht. Ich denke, dass ich dadurch entspannter bin und viel mehr Ruhe habe. Vielleicht reagiert jemand, der das alles von der Jugend an durchmacht hat, auch generell anders, das sind ja ganz andere Erfahrungswerte. Ich bin viel später dazugekommen, kannte zum Beispiel dieses Ausmaß der Zuschauer nicht. Ich bin da sehr entspannt.“
WERDER.DE: Kannst du genauer beschreiben, wie du diese Erfahrungswerte an jüngere Spieler weitergibst?
Christian Groß: „Ich versuche schon, Ratschläge und Hilfestellungen zu geben, wenn das gewünscht ist. Das ist ja auch meine Aufgabe als Teil des Mannschaftsrates. Ich bin aber auch der älteste Spieler, auch von daher ist es meine Rolle, Spieler aufzumuntern und zu unterstützen. So etwas entwickelt sich in einer gesunden Mannschaft aber einfach. Auch im Erfolgsfall, wie jetzt nach Schalke, suche ich das Gespräch und freue mich mit den jungen Spielern.“
WERDER.DE: Bei einem Traditionsverein wie Werder Bremen zu spielen, bringt auch eine sehr engagierte, laute und meinungsstarke Fanszene mit sich. Wie nimmst du die Fans wahr? Ist das immer Motivation oder auch manchmal Druck?
Christian Groß: „Für mich persönlich ist es pure Motivation, vor allem natürlich bei den Heimspielen, aber auch auswärts. Gerade in dieser Saison, wenn ich zum Beispiel daran denke, was vor und nach dem Derby gegen den HSV los war, oder was auf Schalke los war… Auch am Freitag der Busempfang, das alles sind Dinge, die besonders sind und die nicht jeder Verein hat. Das beflügelt jeden Fußballer. Zum Fußball gehören Emotionen, die Fans, die dich nach vorne peitschen und für mich ist es das, was Fußball ausmacht.“
WERDER.DE: Als du bei Osnabrück gespielt hast, habt ihr auch immer mal wieder um den Aufstieg mitgespielt. Kannst du aus dieser Zeit noch Erfahrungswerte beisteuern?
Christian Groß: „Ligaunabhängig ist ein Aufstieg ein Aufstieg. Ich habe aus dieser Zeit mitgenommen, dass eine Saison extrem lang ist und man kontinuierlich auf einem guten Level performen und punkten muss, um am Ende aufzusteigen. Es ist ein Marathon und kein Sprint. In Osnabrück ist uns nach hinten raus oft ein bisschen die Luft ausgegangen, man muss aber die ganze Saison konstant durchspielen.“
WERDER.DE: Und zum Abschluss: Christian Groß zurück in der Bundesliga. Was würde dir das bedeuten?
Christian Groß: „Die Frage dürft ihr mir gern in zwei Wochen nochmal stellen. Es geht jetzt nur darum, dass wir unsere Spiele gewinnen und ich hoffe, dass wir dann unser Ziel erreichen.“