Seit fast einem Jahr ist Laura Kersting Physiotherapeutin der Bundesliga-Mannschaft des SV Werder Bremen. Ein Traumjob für die 33 Jahre alte ehemalige Zweitliga-Fußballerin, die schon als Kind Fan der Grün-Weißen war.
Seit fast einem Jahr ist Laura Kersting Physiotherapeutin der Bundesliga-Mannschaft des SV Werder Bremen. Ein Traumjob für die 33 Jahre alte ehemalige Zweitliga-Fußballerin, die schon als Kind Fan der Grün-Weißen war.
„Ich habe in der Nacht trotzdem gut geschlafen“, lacht Laura Kersting, wenn sie sich an den Abend erinnert, an dem Mannschaftsarzt Dr. Daniel Hellermann ihr die Beförderung vom WERDER Leistungszentrum zu den Profis mitteilte. Dabei blieb ihr nur diese eine Nacht, um sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten. Schon am nächsten Morgen ging es los – „voller Vorfreude und mit sehr viel Respekt“, wie Kersting verrät. Und natürlich mit der Frage, „wie das hier so läuft“. Zwar hatte sie zuvor schon ein paar Mal ausgeholfen bei den Profis, war aber nie länger bei der Mannschaft gewesen.
Mittlerweile kann sie auf „wilde Monate“, so sagt sie, zurückblicken. Denn: Mit dem neuen Job kamen die Corona-Einschränkungen, dann die Bundesliga-Zwangspause im Frühjahr vergangenen Jahres. Und dann ging es Schlag auf Schlag: „Wir waren viel zusammen, viel im Hotel, hatten viele Spiele. Rückblickend war das als Start für mich sehr gut. Ich war sofort gefordert und mittendrin, konnte alles intensiv kennenlernen“, findet Kersting.
Einen ersten Fingerzeig, wohin der Weg später einmal führen würde, lieferte dabei bereits ihre Geburt. Denn Laura Kersting kam im Jahr 1988 am 4. Februar zur Welt, dem Tag also, an dem 1899 einst auch der SV Werder Bremen aus der Taufe gehoben wurde. Das „Problem“: Kersting wurde in Neubrandenburg geboren, ziemlich weit weg von Bremen. Doch ihre Eltern lösten das „Problem“ schnell, zogen 1990 mit der zwei Jahre alten Laura an die Weser und stellten damit eine entscheidende Weiche für ihre Zukunft.
Mit acht Jahren begann die heute 33-Jährige beim TuS Arsten mit dem Fußball. „Schon damals war es mein größter Wunsch, mal beim SV Werder zu spielen“, erinnert sich Kersting. Doch Frauen- und Mädchenfußball gab es bei den Grün-Weißen nicht. Und so landete sie – über Zwischenstationen bei verschiedenen Vereinen – letztlich beim TuS Büppel, um höherklassig spielen zu können. Bis 2007 die ersehnte Nachricht kam: Bei Werder gibt es wieder Frauen- und Mädchenfußball. Kerstings Fähigkeiten waren in Bremen bekannt, und der Anruf von Birte Brüggemann, die das Projekt damals federführend aufbaute und bis heute Leiterin Frauen- und Mädchenfußball ist, war daher folgerichtig.
Ich habe es nie verbissen als unbedingtes Ziel verfolgt.Laura Kersting
Werders Werben führte zum Erfolg. Als das Team 2008 sofort aus der Verbandsliga in die Regionalliga aufstieg, wechselte die Mittelfeldspielerin zu den Grün-Weißen, spielte mehrere Jahre in der 2. Bundesliga, bis sie 2012 aufgrund einer Verletzung entschied, sich vom aktiven Leistungssport zu verabschieden. Auch rückblickend noch immer mit etwas Wehmut, denn: „Ich hätte sehr gerne mal in der ersten Liga gespielt.“
Die Verletzung war dabei aber nur ein Grund für das Ende der zeitintensiven Fußball-Karriere. Längst stand für Laura Kersting der Beruf im Vordergrund. Schon als Jugendliche hatte sie den Wunsch, Physiotherapeutin zu werden. 2008 schloss sie die Ausbildung erfolgreich ab und arbeitete fortan in einer Praxis in Weyhe vor den Toren Bremens. Schon bald warb der SV Werder erneut um ihre Dienste. „Ich fand es immer spannend, in der Praxis Sportler zu behandeln. Aber ich hatte einige Zeit lang Bedenken, dass es mir zu monoton ist, wenn ich nur im Fußball arbeite“, gibt Laura Kersting zu. „Mittlerweile bin ich froh, dass ich mich doch dazu entschieden habe.“ Mit dem Ziel, irgendwann mal den Sprung zu den Profis zu schaffen? Kersting zögert, antwortet dann mit einem entschiedenen „Jein“ und erklärt: „Erst seit ich für Werder arbeite, habe ich mir manchmal gedacht: Wie wäre das eigentlich? Sicher cool. Aber ich habe es nie verbissen als unbedingtes Ziel verfolgt.“
2015 begann ihre zweite Werder-Karriere als Physiotherapeutin der U17-Juniorinnen. Schon bald wechselte Kersting zur ersten Frauen-Mannschaft und später ins WERDER Leistungszentrum. Dort betreute sie als Reha-Therapeutin die Langzeitverletzten der U23 und U19 und unterstützte regelmäßig bei der U23, zum Beispiel während der Trainingslager. Dass sie dann Anfang März vergangenen Jahres tatsächlich als erste Frau ins Physio-Team der Bundesliga-Mannschaft aufrückte, sorgte für Beachtung. „Dabei werde ich überhaupt nicht gerne gelobt oder hervorgehoben“, sagt Kersting, um lachend hinzuzufügen: „Meine Mutter findet allerdings, dass ich stolz darauf sein kann, diesen Sprung geschafft zu haben. Und sie hat wohl recht.“ Schließlich ist die Arbeit für Kersting nun eine ganz andere als zuvor. „Der Druck ist bei den Profis viel größer. Wir müssen in möglichst kurzer Zeit sehr effektiv arbeiten. Ich mag das, denn diese Herausforderung macht einen noch besser.“
Gehörigen Druck bekam Werders Physiotherapeutin von Beginn an auch durch die sportliche Situation der Grün-Weißen zu spüren: „Ich war sofort im Modus ‚Abstiegskampf – wir wollen das gemeinsam packen!‘“ Dabei gibt Laura Kersting zu, dass es für sie etwas ganz Besonderes ist, nun hautnah bei den Bundesliga-Spielen dabei zu sein: „Es macht einfach so viel Spaß, das zu erleben. Mich interessiert eben auch, was auf dem Platz passiert.“ Dass sie weiß, wie es sich angefühlt, auf dem Fußballplatz zu stehen, hilft Laura Kersting bei ihrer Arbeit: „Den Spielern tut es zwar auch mal gut, über ganz andere Dinge als Fußball zu reden. Aber dadurch, dass ich selbst gespielt habe, kann ich einiges nachvollziehen, ohne dass es ausgesprochen wird. Warum jemand gerade frustriert ist zum Beispiel.“
Keine Frage: Laura Kersting ist schnell angekommen im Bundesliga-Team und hat bewiesen, dass sie die richtige Wahl für diese Aufgabe ist. „Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß“, betont sie. „Ich habe mich sehr gut eingewöhnt.“ Ihre Augen leuchten dabei voller Begeisterung. Kein Wunder: „Irgendwie bin ich auch immer noch Fan, weil ich schon immer Fan war“, lacht sie. Und deswegen hat Laura Kersting einen großen Wunsch: „Spiele mit Zuschauern wären toll. Ich kenne das volle wohninvest WESERSTADION nur als Fan, aber noch nicht aus der neuen Perspektive.“