WERDER.DE: Ihr 50. Geburtstag im Jahr 2011 wurde von einer schwierigen Situation im Abstiegskampf begleitet. Wie sehr hat es Sie damals getroffen, so etwas als Trainer mit Werder erleben zu müssen?
Thomas Schaaf: "Mir war immer klar, dass zu einem Fußballer-Leben nicht nur gute Zeiten, sondern auch nicht so gute gehören. Und ich habe mich nie vor einer Aufgabe gedrückt. Deshalb war klar, dass ich mich auch dieser Herausforderung stellen würde."
WERDER.DE: Sie haben schon kurz nach dem Gewinn des Meistertitels 2004 gesagt, dass Werder künftig an diesem Erfolg gemessen werden wird. Diese Feststellung gilt auch heute, 17 Jahre später, noch…
Thomas Schaaf: "Jeder, der mal etwas sehr Gutes geleistet hat, wird immer daran gemessen. Es ist müßig darüber nachzudenken, ob das gerecht ist oder nicht. Gerade im Fußball mit seinen starken Emotionen gilt das. Selbst wenn man rational weiß, dass man Manches einfach nicht schaffen kann."
WERDER.DE: Was ist vor allem geblieben aus Ihrer Zeit als Spieler und Trainer – das Bewusstsein, ein privilegiertes Berufsleben gehabt zu haben, oder doch, dass es ein extrem auszehrender Job war?
Thomas Schaaf: "Das eine schließt das andere nicht aus. Natürlich ging es oft an die Substanz und wirklich an die Grenzen, weil ein sehr intensiver Einsatz nötig war, körperlich und auch mental. Andererseits konnte ich durch den Fußball Momente erleben, von denen andere nur träumen können."
WERDER.DE: Sie haben bereits die große Unterstützung der Familie für Ihren Job erwähnt. Was machte diesen Rückhalt aus?
Thomas Schaaf: "Ich hatte das große Glück, dass ich meinen Job immer so machen konnte, wie ich es mir vorgestellt habe. Dazu kam, dass meine Familie und meine Freunde das Verständnis hatten, mich so lange wie nötig in Ruhe zu lassen – gerade nach Niederlagen, die mich danach noch sehr beschäftigt haben. Ich habe grundsätzlich nach jedem Spiel immer eine Zeit für mich gebraucht, um etwas zur Ruhe zu kommen und wieder für andere Dinge offen zu sein. Diese Zeit habe ich immer bekommen. Alle wussten, dass ich mich irgendwann von selbst wieder melde und dann auch wieder die nötige Aufmerksamkeit für sie habe."
WERDER.DE: Was macht das Leben mit 60 Jahren für Sie lebenswert?
Thomas Schaaf: "Zunehmend die Gelassenheit zu haben, mich um Dinge, die ich nicht beeinflussen kann, nicht zu kümmern. Und mir gleichzeitig die nötige Zeit für das zu nehmen, was ich bewegen kann. Es wäre allerdings schön, wenn mir das noch häufiger gelingt (lacht)."
WERDER.DE: Was wünschen Sie sich zum Geburtstag?
Thomas Schaaf: "Gesundheit für mich, meine Familie und die Menschen um mich herum. Damit wir gemeinsam noch viel erleben können. Gesundheit ist immer die Voraussetzung dafür, dass man etwas anpacken kann im Leben."
WERDER.DE: Bedauern Sie, dass durch die Corona-Einschränkungen keine große Feier möglich ist?
Thomas Schaaf: "Ich glaube, dass viele gerne mit mir feiern würden. Das freut mich sehr. Auch weil wir alle durch die Pandemie schon seit langem nicht das soziale Umfeld haben, das wir gewohnt sind und erleben möchten. Dadurch kommt einem solchen Tag natürlich eine noch größere Bedeutung zu, und der Geburtstag hätte einen Anlass gegeben, mal wieder alle zusammen zu holen. Es ist schade, dass das nicht möglich ist."