Theodor Gebre Selassie ist die Enttäuschung auch drei Tage danach noch deutlich anzumerken. Dem Tschechen hat es sichtlich zugesetzt, dass er den SV Werder Bremen nach neun Jahren mit dem Abstieg verlässt.
Theodor Gebre Selassie ist die Enttäuschung auch drei Tage danach noch deutlich anzumerken. Dem Tschechen hat es sichtlich zugesetzt, dass er den SV Werder Bremen nach neun Jahren mit dem Abstieg verlässt.
Ein Abschieds-Interview mit dem 34 Jahre alten Fan-Liebling und verdienten Werder-Profi, der sich stets zu 100 Prozent mit dem Club und der Stadt identifiziert hat.
WERDER.DE: Theo, dein letztes Spiel für Werder am Samstag war vorerst auch Werders letztes in der ersten Bundesliga. Wie geht es dir einige Tage danach?
Theodor Gebre Selassie: „Es ist extrem traurig, was passiert ist – nicht nur für mich, sondern auch für die Fans und alle, die mit Werder verbunden sind. Es tut mir sehr leid, wie die Saison am Ende gelaufen ist.“
WERDER.DE: Wie sehr hat der Abstieg deine Gedanken seit Samstag bestimmt?
Theodor Gebre Selassie: „Es ist immer noch schwer, an etwas Anderes zu denken. Es wird noch einige Zeit brauchen, bis ich das verarbeitet habe. Ich hoffe, dass ich dann mit einigem Abstand auch auf die großen Dinge, die ich bei Werder erleben durfte, zurückblicken kann. Ganz vergessen werde ich diese Erlebnisse der letzten Tage aber nie. Denn der Abstieg mit Werder ist die größte Enttäuschung meiner Karriere. Ich hoffe, dass es mit der Zeit etwas besser wird.“
WERDER.DE: Neun Jahre lang hast du das Werder-Trikot getragen. Warum endet diese Zeit jetzt?
Theodor Gebre Selassie: „So ist das Leben. Jeder wird älter (lacht), das ist nur fair… Mir war schon vor dieser Saison klar, dass es meine letzte bei Werder werden wird. Denn wir wollen jetzt gerne mit der Familie in Tschechien leben, mehr in Kontakt mit den Großeltern unserer Kinder und mit unseren Freunden dort sein. Ich bin einerseits sehr traurig, dass meine Werder-Zeit endet, freue mich aber auch auf etwas Neues.“
WERDER.DE: Wie sehr hast du einen Abschied vor Fans im Stadion vermisst?
Theodor Gebre Selassie: „Es war klar, dass die momentane Situation das nicht zulässt. Zumindest von ein paar Fans konnte ich mich aber am Sonntag aus dem Autofenster und mit Maske verabschieden. Und ich bin mir sicher, dass ich in Zukunft wieder nach Bremen kommen werde. Es wäre schön, wenn ich mich nach der Corona-Zeit nochmal auf bessere Weise von allen Fans verabschieden kann.“
WERDER.DE: Welche Bedeutung hatten die Fans in Bremen für dich?
Theodor Gebre Selassie: „Wir haben in den Jahren ein sehr enges Verhältnis aufgebaut. Es war sicher nicht vom ersten Tag an so stark, was verständlich ist. Aber wie sich die Unterstützung über die Jahre gesteigert hat, das schätze ich sehr.“
Es hat mich immer sehr stolz gemacht, für Werder zu spielen.Theodor Gebre Selassie
WERDER.DE: Wie hast du die Fans insgesamt erlebt?
Theodor Gebre Selassie: „Sie haben oft bewiesen, dass sie auch in schwierigen Situationen ganz besonders hinter der Mannschaft stehen. Das ist für mich der größte Wert. Wenn es gut läuft, kann jeder dabei sein. Aber hinter jemandem zu stehen, wenn es nicht so gut läuft, das zählt im Leben. Und das entspricht den Werten, die ich auch für mein Leben habe.“
WERDER.DE: Du hast 298 Pflichtspiele für die Grün-Weißen bestritten. An welche Partie denkst du am liebsten zurück?
Theodor Gebre Selassie: „Puh… In diesem Moment ist es wirklich sehr schwierig, ein Spiel herauszuheben. Ich habe natürlich gerade ganz besonders das letzte Spiel von Samstag im Kopf. Aber ich bin sicher, dass das mit der Zeit anders wird und ich dann auch die vielen schönen Spiele wieder klarer vor mir sehe und deutlich positiver denke, als im Moment.“
WERDER.DE: Wie war es für dich, dass am Samstag mit Thomas Schaaf noch einmal der Trainer verantwortlich war, unter dem du auch dein erstes Spiel für Werder bestritten hattest?
Theodor Gebre Selassie: „Es war schön, dass ich die Möglichkeit hatte, mich noch einmal persönlich bei ihm dafür zu bedanken, dass er mir damals die Chance gegeben hat, in die Bundesliga zu kommen. Denn ohne ihn wäre ich wahrscheinlich nicht bei Werder gelandet. Es war wirklich kurios, dass er auch am Ende noch einmal auf der Bank saß.“
WERDER.DE: Was nimmst du abseits des Platzes aus Bremen für dein weiteres Leben mit?
Theodor Gebre Selassie: „Bremen bleibt ein Ort, an den wir in Zukunft immer wieder gerne zurückkommen werden. Wir haben hier tolle Menschen kennengelernt. Es hat mich immer sehr stolz gemacht, für Werder zu spielen. Denn die ganze Stadt steht hinter dem Verein. Die Menschen, die ich getroffen habe, waren immer offen, freundlich und bereit zu helfen, wenn ich Hilfe brauchte.“
WERDER.DE: Wie sehen deine nächsten Tage aus?
Theodor Gebre Selassie: „Sehr, sehr stressig durch den Umzug, die ganzen Abmeldungen und Anmeldungen. Der Stress geht also noch etwas weiter für mich (lacht). Aber ich denke, dass ich mich spätestens in zwei Wochen dann auch einige Zeit lang ausruhen kann. Und danach genug Energie habe, um noch weiter Fußball zu spielen. Denn ich habe weiterhin Lust darauf. Auch wenn die Enttäuschung im Moment so groß ist, dass ich mir kaum vorstellen kann, wieder auf dem Platz zu stehen. Aber ich bin Sportler, und mir würde etwas fehlen, wenn ich meine Karriere jetzt ganz beenden würde.“
WERDER.DE: Also werden dich die Fans weiter als Spieler sehen?
Theodor Gebre Selassie (überlegt): „Ja, ich hoffe das sehr. Aber ich möchte mich jetzt erstmal erholen, um dann mit neuer Energie wieder weitermachen zu können.“
WERDER.DE: Vielen Dank, Theo! Dir und deiner Familie alles Gute und auf ein Wiedersehen hoffentlich bald hier in Bremen…
Theodor Gebre Selassie: „Vielen, vielen Dank. Ich bin sicher, dass wir uns in Bremen wiedersehen werden.“