Liemer Trilogie und ein sehr guter 4. Platz für Werder 2

2. Bundesliga West

hinten: Collin Colbow, Christian Richter, Hannes Ewert, Gerlef Meins, Sven Joachim, Tomi Nyback vorne: Daniel Chitsazian, David Lobzhanidze
Schach
Montag, 08.04.2024 / 21:57 Uhr

David Lobzhanidze

Die aktuelle Saison für die 2. Schachbundesliga ist vor kurzem zu Ende gegangen. Wir haben unser Ziel erreicht, Werder 2 steht in der oberen Hälfte in der Endtabelle. Klassenerhalt geschafft, oder besser gesagt, wir haben uns für die neu strukturierte 2. Schachbundesliga qualifiziert.

Unsere letzten drei Wettkämpfe hat unser Reisepartner, die Schachfreunde Lieme, ausgerichtet. Lieme hat knapp 3000 Einwohner und ist ein Stadtteil von Lemgo in Nordrhein-Westfallen, Heimat vom Nationalspieler und langjährigen Werderaner GM Matthias Blübaum, wie ich später erfahren habe.

In der 7. Runde ging es gegen die sehr starken Schachfreunde Bad Emstal/Wolfshagen. Die Gegner haben 4 GMs aufgestellt und waren nominell favorisiert. Beim besten Verlauf und mit etwas mehr Glück wäre wahrscheinlich ein 4-4 möglich gewesen, wobei im Endeffekt die Niederlage mit 3-5 berechtigt war.

Sven und Gerlef konnten mit Schwarz schnell ausgleichen. Da die Brettpunkte auch sehr wichtig waren, fand ich persönlich in diesem Kampf ein schnelles Remis in Ordnung.

Tomi stand an Brett 1 von Anfang an total unter Druck. Er konnte sich retten, aber selbst die Endstellung, wo es zur Zugwiederholung kam, war deutlich schlechter für ihn. Da hatten wir etwas Glück gehabt.

Auch Christian und Hannes hatten große Probleme, konnten zum Glück noch Remis erreichen.

Collin war mit Weiß sehr gut vorbereitet und hat seinen bärenstarken Gegner, den Schweizer GM Li Min Peng in der Eröffnungsphase ziemlich überspielt. Er hat dann mit 17. d4 auf Initiative gesetzt, dabei aber einen gegnerischen Doppelbauern aufgelöst, wodurch die Stellung sofort ausgeglichen war. Ein weiteres Remis.

Ich habe in einer leicht besseren Stellung in der Eröffnung leider zu früh das Zentrum aufgemacht und dadurch konnte mein Gegner die Initiative übernehmen. An sich war es nicht so schlimm, es hat mich nur viel Zeit und Kraft gekostet, die Lage wieder zu normalisieren.

Hier habe ich leider eine kleine Abtausch-Kombination nicht gesehen. Nach 24.Lxd5 cxd5 25.Sd6! kann nur Weiß auf Vorteil spielen, ohne Risiko. Ich habe stattdessen ungenau agiert und im Endspiel den schwachen a-Bauern verloren. Mein Gegner, der ukrainisch-schwedische GM Sivuk hat seinen Vorteil ohne große Probleme umgesetzt.

Daniel hat an dem Tag seine allererste Partie in der 2. Schachbundesliga gespielt. Der Partieverlauf war eigentlich ganz in Ordnung. Leider hat er einen Zwischenzug übersehen und konnte die daraus entstandenen Probleme nicht lösen.

Am nächsten Tag hatten wir wieder einmal ein 4-Punkte Spiel. In einem Wettbewerb, wo 4 von 10 Mannschaften absteigen und eine weitere in die Relegation gehen muss, sind Alle direkte Konkurrenten, außer den Top 3. Es lief für uns von Anfang an sehr gut. Gleich nach der ersten Spielstunde hatten wir klar bessere Stellungen auf vier Brettern. Deswegen habe ich es mir erlaubt, in einer ausgeglichenen Stellung mit Schwarz Remis zu machen. Collin ebenso, wobei er mit Schwarz versucht hat, aus der Eröffnung Vorteil herauszuholen. Er hat aber gesehen, dass es auch gewisse unnötige Risiken gegeben hätte und hat das Remisangebot angenommen. Auch im Nachhinein bei der Analyse mit dem Gegner haben wir für Collin keinen Vorteil gefunden.

Hannes wollte auch nichts anbrennen lassen und hat schnell Remis gemacht.

Inzwischen stand auch Christian besser und es liefen 5 Partien, mit kleinen bis großen Vorteilen für uns auf allen Brettern.

Tomi hat an Brett 1 gegen GM Sarunas Sulskis eine sehr solide und starke Angriffspartie gespielt und lieferte einen sehr wertvollen Punkt. Es hat sich bestätigt, dass es eine absolut richtige Idee war, ihn für so ein wichtiges Spielwochenende einfliegen zu lassen.

Sven hat mit Weiß seinen Gegner FM Neil Stewart im Sizilianischen Richter-Rauser System ziemlich souverän überspielt.

Daniels Gegner, FM Dr. Thomas Bohn, der oft mit Weiß die Bird Eröffnung spielt, ist direkt in die Vorbereitung reingelaufen. Collin und Daniel haben am Vortag genau die Variante angeschaut, die aufs Brett kam. Der Gegner hat zwei Bauern geopfert, bekam aber zu wenig Kompensation. Daniel hat dann in der späteren Phase einen Gegenangriff gestartet, was zu einem Mattangriff wurde. Man kann sich die Partie mit seinen Kommentaren weiter unten anschauen.

Sehr spannend war die Partie von Christian mit Schwarz gegen den IM Dario Doncevic. (Oberes Diagramm)

In dieser Stellung geht plötzlich direkt 24…Txe5! 25.Txe5 Dd6 26.De4 Sf6 mit dem Gabelmotiv auf g4. Alle Abwicklungen führen zur besseren Stellung für Schwarz. Es kam solide 24…De6, auch mit sehr guten Aussichten. Nur, es blieb sehr kompliziert und die Partie endete mit einem sehr sehenswerten Dauerschach: (Unteres Diagramm)

36.Th8+ Kf7 37.Th7+=

Gerlefs Mehrbauer hat am Ende doch nicht zum Gewinn gereicht. 5,5-2,5, ein sehr souveräner Sieg, der zu keinem Zeitpunkt gefährdet war.
 

In der letzten Runde gegen unseren Reisepartner SF Lieme hätte uns auch ein Unentschieden gereicht. Wir waren nominell stärker und wollten selbstverständlich gewinnen. Nur darf man keinen Gegner unterschätzen, besonders in der entscheidenden Runde. Es kann alles passieren und die Nerven spielen auch eine große Rolle. Es war überhaupt nicht einfach und es gab einige überraschende Wendungen in den Einzelpartien.

Collin stand mit Weiß an Brett 1 nach der Eröffnung besser. Er hat am Anfang mit den Springern gut manövriert und hatte die Stellung gut unter Kontrolle. Später hat er die Öffnung der c-Linie zugelassen und der Gegner konnte die Initiative übernehmen. Danach folgte ein sehr starker Angriff von Schwarz.

Die Stellung in Gerlefs Partie war in der Eröffnung ziemlich unklar. Er hat mit Schwarz sehr gut agiert und hatte zum 20. Zug einen gesunden Mehrbauern. Es blieb allerdings unübersichtlich. Das Ende war kurios.

Die Stellung sieht für Weiß optisch verloren aus. Das dachte Gerlefs Gegner auch und hat hier einfach aufgegeben. Die Analyse zeigt allerdings, dass nach 31.Lxd3 cxd3 32.Td2 nebst Kf2 Weiß die Stellung ausgleichen kann. Da Gerlefs Gegner in dieser Saison sehr viel Glück hatten, ist das ein kleiner Ausgleich gewesen.

Ich hatte mit Weiß eine leicht bessere Stellung und konnte im Endspiel recht viel Druck machen. Nachdem mein Turm auf die 7. Reihe eingedrungen war und ich die Diagonale für meinen Läufer öffnen konnte, hatte ich während der Partie das Gefühl gehabt, kurz vor dem Sieg zu stehen. Dem war aber nicht so, die Engine zeigt zahlreiche Verteidigungsmöglichkeiten für den Gegner.

Wie soll Weiß hier fortsetzen, um die Initiative zu verstärken? Der Engine-Vorschlag ist sehr stark und lehrreich. Versucht einfach ihn zu finden. Die Antwort steht unten in der Partie, ich habe sie kommentiert. Meine Fortsetzung war zu direkt und der Gegner konnte die sehr gefährlichen Drohungen parieren. Am Ende gab es ein Remis in einer komplett ausgeglichenen Stellung.

Sven hat mit Weiß in einer interessanten Russisch-Variante mit 5.c4 einen leichten Vorteil herausgeholt. Im Mittelspiel hat er durch eine kleine Taktik die Dame und danach die Partie gewonnen.

Martins Stellung war ziemlich verdächtig, der Gegner hatte sehr viel Kompensation für die geopferte Qualität. Zum Glück konnte Martin nach und nach die Lage verbessern und hat einen vollen Punkt geholt.

Zyon hat mit Schwarz nicht besonders gut gestanden, konnte aber die Stellung verbessern und stabilisieren. Remis, genauso in den Partien von Christian und Hannes, beide mit Schwarz. Christian wurde in der Eröffnung überrascht und hat dann schnell Remis angeboten. Hannes hatte ein leicht besseres Endspiel, was nicht zum Sieg gereicht hat, obwohl er es bis zum Ende versucht hat. Das Endergebnis: 5-3 und eine sehr gute Platzierung in der Tabelle.

Nach der letzten Runde haben wir in Lemgo beim leckeren Italiener zusammen gesessen, um unseren Erfolg ein bisschen zu feiern. Die Zeit zwischendurch haben Collin und ich anders genutzt und Billard gespielt. Nach meinem ersten Sieg konnte Collin dreimal triumphieren. Eine Revanche ist angesagt!

Fazit: Werder 2 hat eine sehr erfolgreiche Saison hinter sich. Unsere besten Scorer waren Sven Joachim und Martin Breutigam.

Es war insgesamt eine starke, geschlossene Mannschaftsleistung, mit guter Laune und viel Kampfgeist.

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