Wer das eine oder andere friedliche Remis zwischen Vereinskollegen erwartet hatte, lag völlig daneben. In beiden Partien wurden heftig gekämpft – mit dem besseren Ende für die beiden Großmeister aus Indien und Ozeanien. Zahar Efimenko übersah in einer schwerblütigen, ausgeglichenen Stellung im 26. Zug einen netten taktischen Trick von Aditya, büßte die Qualität ein und musste bald aufgeben. Bobby Cheng spielte gegen Nikolas (wie immer) sehr aktiv und pflanzte einen unangenehmen Springer auf e3 mitten ins weiße Lager. An sich nicht so schlimm, aber der energische Gegenstoß von Nikolas wurde ausgekontert, Bobby gewann 2 Bauern und brachte die Partie sicher nach Hause.
Überhaupt war die 5. Runde von großem Kampf geprägt. Obwohl das gesamte Feld sehr ausgeglichen besetzt ist, gab es heute 9 entschiedene Partien und nur 3 Remis. Die Bildergalerie zeigt die SiegerInnen in der Reihenfolge ihrer Erwähnung.
Die Geschichte der Remispartien ist schnell erzählt: Die beiden polnischen Großmeister und Zimmerkollegen wollten sich nichts Böses tun, spielten 10 Züge katalanische Theorie und stellten eine bekannte Zugwiederholung aufs Brett, die sie bis zum Friedensschluss nach dem 20. Zug von Schwarz fünfmal wiederholten. Sie waren damit noch rechtzeitig vor Beginn der Liveübertragung fertig. Kräftesparen für die frühe Runde am Donnerstag (und das abendliche Blitzturnier?).
Christian Glöckler baute eine vorteilhafte Stellung gegen Jakob Pajeken auf, aber als dieser nach 21 Zügen ein taktisches Remisangebot platzierte, war er mit diesem Ergebnis offenbar auch ganz zufrieden ... Mit einem schnellen Remis waren Pauline Guichard und Roeland Pruijssers keineswegs zufrieden, aber die Partie geriet nie ernsthaft aus dem Gleichgewicht, so dass nach 33 Zügen ein völlig ausgeglichenes Turmendspiel nicht mehr der Mühe wert war!
Neben den beiden Spitzenbrettern gab es 7 weitere Sieger: Die Partie zwischen Vojtech Plat und Mitra Hejazipour war lange Zeit äußerst umkämpft, aber wie schon gegen Aditya in Runde 3 so wurde die französische Meisterin auch heute Opfer ihrer Zeitnot.
Jana Schneider gelang eine hübsche Angriffspartie gegen Gerlef Meins. nach zwei Ungenauigkeiten von Gerlef stellte Jana schon mit 18.Sd5! die Zeichen auf Sieg und vollstreckte kurz darauf mit einem netten Damenopfer.
Jari Reuker hatte gegen Daniel Kopylov bis ins späte Mittelspiel einen leichten "katalanischen" Positionsvorteil, versäumte aber, sich rechtzeitig ins Remis zu fügen und wurde dafür im Endspiel hart bestraft.
Martin Breutigam lavierte im damenlosen Mittelspiel gekonnt mit seinem Läuferpaar und baute seinen Positionsvorteil systematisch aus, daran konnte auch Adrians Opfer von 2 Leichtfiguren gegen Turm und Bauer nichts ändern. Martin behielt aktive Leichtfiguren und konnte - nach einem Fehler von Adrian - mit einem Durchbruch am Damenflügel einen sicheren Sieg einfahren.
Rainer Knaak unterlief schon im 12. Zug nach halbstündigem Nachdenken ein schwerer strategischer Fehler, wonach Alexander Krastev eine bessere und vor allem leichter zu spielende Stellung erhielt. Rainers Bemühungenn Gegenspiel zu erlangen blieben erfolglos, Alexander konnte mit seinem ersten Sieg die 50%-Marke erklimmen. Das Gleiche gelang seinem Freund Collin Colbow, der in einem ungewöhnlichen Najdorf-Sizilianer durch ein Qualitäts-"Opfer" zwei Bauern am Damenflügel gewann - mit dem Ergebnis, dass sich dort 3 verbundene Mehrbauern nach vorne walzten und zwei hilflose Türme vom Sascha Wiegmann mattsetzten.
Die Gewinnpartie von Michael Kopylov hatte heute großen Unterhaltungswert, nur nicht für die arme Viktoria Radeva. Michael brachte in der Eröffnung ein bekanntes und korrektes (Schein-) Figurenopfer, aber versäumte es, sich rechtzeitig die Figur zurückzuholen. Viktoria stand auf Gewinn, allerdings hatte sie bald nur noch sehr wenig Zeit und Michael konnte ihr andauernd Probleme stellen. Die Partie kippte - und auch Michael Kopylov konnte heute seinen ersten Sieg verbuchen.