Werder Drei in Uelzen: Die nächste Niederlage

Oberliga Nord West

Einziger Lichtblick: David Kardoeus
Schach
Donnerstag, 21.03.2024 / 13:56 Uhr

Stephan Buchal

Es kam nicht unerwartet, war aber wohl vermeidbar: Mit einem ersatzgeschwächten Team kassierte Werder Drei schon die dritte Niederlage in diesem Kalenderjahr und muss nach dem 3:5 beim Tabellenzweiten, dem Post SV Uelzen, in den letzten beiden Runden unbedingt punkten, um den drohenden Abstieg in der Oberliga aus eigener Kraft zu vermeiden.

Vor dem Wettkampf in Uelzen waren wir sehr von Ausfällen gebeutelt. Zwei Stammspieler in der Zweiten festgespielt, zwei weitere verhindert, drei Jugendliche mit Abitur und Bremer Jugendeinzelmeisterschaft beschäftigt - fast sah es so aus, als müssten wir zu siebt bei der starken Uelzener Mannschaft antreten. Aber dann schaffte es Max Weidenhöfer, sich den Sonntag bei der Bremer Jugendmeisterschaft freizuschaufeln und wir konnten uns vollzählig auf den Weg nach Uelzen machen. Sogar die Bahn war pünktlich!

Dort angekommen wurden wir sehr gastfreundlich begrüßt und bestens bewirtet. Aber ansonsten verteilten die Gastgeber keine Geschenke - eher war es an uns, den einen oder anderen halben Zähler zu verschenken!

Insbesondere an den Brettern 2-4 waren wir sehr großzügig. Nils-Lennart Heldt bekam es mit Sascha Wiegmann zu tun, der gerade bei unserem starken Jubiläumsturnier als Außenseiter nicht schlecht gepunktet hatte. Nils war mit den schwarzen Steinen durchaus vernünftig in die Partie gekommen, konnte die weiße Initiative neutralisieren und hatte Ausgleich erzielt - als ihm ein grobes Versehen eine Figur und wenig später die Parte kostete. An Brett 3 spielte Olaf Steffens diesmal  eine sehr solide Partie und kam gegen Torben Knüdel durchaus in Vorteil. In der Diagrammstellung konnte er mit dem "normalen" 22.e4-e5 die deutlich bessere Stellung bekommen - aber nach 22.f4-f5 konnte Knüdel mit De6-e5 die Stellung schwarzfeldrig blockieren, erhielt nach und nach das angenehmere Spiel und noch vor der Zeitkontrolle den vollen Punkt.

Auch euer Berichterstatter kassierte an Brett 4 eine Null. Justus Bargsten zeigte sich in der Eröffnung bestens vorbereitet und setzte mich von Beginn an unter Druck. Ich verbrauchte massenhaft Bedenkzeit, konnte mich aber im Mittelspiel mit einem Figurenopfer gegen 3 Bauern befreien und schaffte es in ein völlig ausgeglichenes, aber immer noch kompliziertes Endspiel (siehe Diagramm). Schwarz hat hier mehrere Wege zum halben Punkt - am Naheliegendsten erscheint ...a7-a5 nebst ..Ta7 oder auch der Gegenangriff ...Tb7-b4xd4. In meiner krassen Zeitnot spielte ich allerdings ...h6 und ..g5, platzierte meinen Turm passiv auf c7 (klar, das soll man nie machen!) und stellte obendrein noch den Bauern c6 ein. Justus erledigte das souverän.

Die "hinteren Bretter" machten es deutlich besser, aber nicht gut genug, um unsere Schwächen "vorne" auszubügeln. Von seiner Partie gegen Jakob von Estorff berichtet Reiner Franke: "Englisch-Eröffnung (als Weißer) mit Ausgleich, aber ich hatte diese Konstellation schon mal auf dem Monitor und mein Gegner nicht. Das war wohl der Grund, warum er eingangs des Mittelspiels einen fragwürdigen Damenzug machte. Die Einleitung einer Bestrafung hatte ich richtig gesehen und hatte dann drei Möglichkeiten.
(a) Bauerngewinn, nach dem aber nur ein sehr dünner Vorteil blieb, also verworfen (richtig so).
(b) Verzicht auf einen materiellen Vorteil, aber wegen mangelnder Koordination seiner Figuren am Brett sehr schwer für Schwarz zu spielen; auch Engine-mäßig am besten, aber wegen meiner materiellen Scheuklappen leider kaum erwogen. Sondern:
(c) Qualitätsgewinn gegen einen Bauern und einem zentral verankerten schwarzen Läufer. Mit einer genaueren Fortsetzung hätte ich noch einigen Vorteil behaupten können. Die ihr zugrundeliegende Idee hatte ich aber nicht realisiert und falls man sich damit abfindet, war das Remis 10 Züge später in Ordnung."

Auch Detlev Diederichsen hatte durchaus reelle Chancen. Es war ihm geungen, seinen Gegner in der Eröffnung zu überraschen und er bekam bald das angenehmere Spiel, Weiß musste um Ausgeich kämpfen. Aber nach dem schlappen 33.f2-f3 bot sich unvermittelt eine große Chance. Mit 33... Ta8  konnt Schwarz seinen Mehrbauern am Damenflügel erfolgreich in Bewegung bringen, denn das energische weiße Gegenspiel mit 34.c5 a4 35.Ld5 Tb8 36.c6 scheitert am Eingreifen des schwarzen Königs: ... Kd6 37.Lb3+ Kc5 38.Tc4+ Kb5. Allerdings war das Ganze nicht leicht zu berechnen, in Zeitnot schon gar nicht. Stattdessen folgte 33... Td8 34.Txd8 Kxd8 35.Kf2 f6 Remis.

Die vielversprechende, hoch komplizierte Partie von André Büscher gegen Sergej Bogomolov versuchten wir bis kurz vor Bremen im Zug zu analysieren. André stand deutlich besser, aber der entscheidende Knockout kam nicht aufs Brett. Auch die Engine ist von der weißen Stellung an mehreren Stellen sehr angetan, aber den klaren Gewinnweg gab es nicht. So endete auch diese Partie - aus einer Position der Stärke heraus - "nur" mit einer Punkteteilung ...

Bleibt noch Max Weidenhöfer an Brett 8. Wie berichtet war es ihm gelungen, seine Sonntagspartie bei der BJEM auf eine montägliche Doppelrunde zu verschieben, um uns in Uelzen zu helfen - großartig! Und auch er spielt eine richtig gute, saubere Partie. In einer hochaktuellen Caro-Kann-Variante zeigte er sich auf der Höhe und kam als Schwarzer mit leichtem Vorteil aus der Eröffnung (bis zum 16. Zug alles schon dagewesen!). er gewann einen Bauern und baute sich im Endspiel systematisch eine Gewinnstellung auf ... die er in Zeitnot dann aber doch in ein remises Turmendspiel versanden ließ. Schade, schade ...

Kurzum: wir haben an fast allen Brettern gute Chancen liegen gelassen - Konditionsprobeme, Müdigkeit? Oder waren die Uelzener doch einfach besser?

Aus unserer Sicht das Beste - oder der Beste - kam zum Schluss. Am Spitzenbrett gewann David Kardoeus eine für ihn typische Kampfpartie gegen den starken FM Bernd Laubsch. Von Beginn an spielte er eine komplizierte, zweischneidige Nebenvariante. Laubsch reagierte darauf zunächst nicht optimal und geriet in eine schlechtere Stellung. Aber die Stellung war soo kompliziert, dass beide Seiten zwangsläufig nicht immer die besten Züge finden konnten. Es entwickelte sich eine spannende Partie, David geriet in große Zeitnot und in klare Verluststellung. Aber es blieb hochgradig spannend und der entscheidende Fehler wenige Züge vor der Zeitkontrolle unterlief Bernd Laubsch. Danach war die Stellung für David technisch gewonnen, aber immer noch anspruchsvoll. Beide kämpften wie die Löwen - aber David ließ sich den Sieg nicht mehr nehmen und sorgte so für unseren einzigen vollen Punkt in Uelzen.

Mit 6:8 Punkten sind wir jetzt in eine gefährliche Situation geraten. Sollten drei Mannschaften absteigen, so kommt es am 14. April schon zum vorentscheidenden Lokalderby gegen den Delmenhorster SK. Der Verlierer hat schlechte Karten ... Wir können uns aus eigener Kraft den Klassenerhalt sichern, aber sollten es möglichst nicht auf die schwere Schlussrunde in Hellern ankommen lassen!

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