Werder beim European Club Cup

Schach
Sonntag, 15.10.2023 / 14:45 Uhr

Collin Colbow / Fotos: Niki Riga

Vom 01. bis 08. Oktober, fand in Durres (Albanien) der European Club Cup 2023 statt. Wir hatten uns als fünftplatzierter der letzten Bundesliga Saison qualifiziert und Bundesliga-Manager Spartak Grigorian stellte eine starke junge Mannschaft zusammen.

Von 84 Teams, waren wir an 22. gesetzt.
Das Teilnehmerfeld war mit Starspielern wie Carlsen, Anand, Vachier-Lagrave, Mamedyarov, Rapport und vielen mehr sehr stark besetzt und wir hofften natürlich gegen die Top-Mannschaften spielen zu dürfen.
Unsere Aufstellung:
1. GM Roeland Pruijssers 2540 NED
2. IM Nikolas Wachinger 2426 GER
3. IM Spartak Grigorian 2444 GER
4. FM Collin Colbow 2404 GER
5. IM Jari Reuker 2403 GER
6. FM Sven Charmeteau 2288 FRA

Vor Turnierbeginn wurden im Hotelzimmer bereits die ersten Partien gespielt. In zwei Best-of-four-Matches (Nikolas gegen Spartak und Collin gegen Jari) blitzten wir unsere Aufstellung aus. Nikolas sicherte sich mit einem 3-0 Sieg Brett 2. Auch ich konnte mein Match mit 2,5-0,5 gewinnen und durfte damit an Brett 4 spielen. Aufgrund einer verlorenen Wette gegen Spartak, musste ich allerdings versuchen Roeland zu überzeugen, dass ich am ersten Brett spielen sollte. Das lehnte er gekonnt ab und da die Situation jeden zum Lachen brachte, erkannte er schnell, dass das nicht ganz ernst gemeint war.
Kurz vor der Eröffnungsfeier hatten wir dann also alle einst offenen Fragen zu unserer Aufstellung geklärt und wir konnten uns dem eigentlichen Geschäft widmen, denn am nächsten Tag stand schon die 1. Runde an. Da die Runden immer um 15 Uhr waren, hatten wir morgens und mittags Zeit zur Vorbereitung. Wir nutzen die Zeit aber auch um an den Strand, ins Meer, an oder in den Pool zu gehen und Fußball zu spielen.

Dafür kam es ganz gelegen, dass unser Hotel direkt an der Promenade lag. Etwas nervig war allerdings, dass wir nicht in dem Hotel untergebracht waren, in dem auch das Turnier gespielt wurde, weshalb wir schon 40 Minuten vor Partiebeginn aufbrechen mussten.

Bild: Note 1 für Jari im Kopfsprung

Unsere Auftaktrunde spielten wir gegen den an 64. gesetzten Ennis Chess Club aus Irland. Wir waren an jedem Brett Favorit, daher war das Ziel natürlich ein möglichst klarer Erstrunden-Sieg. Jari gewann seine Partie sehr schnell und überzeugend. An Brett 1, 2 und 6 endeten die Partien Remis. Roeland und Nikolas mussten lange Zeit Endspiele mit Qualität weniger halten, während Svens Gegner ein Turmendspiel mit zwei Bauern weniger stark verteidigte. Mein Gegner stellte die Partie in einer ausgeglichenen Stellung einzügig ein und auch Spartak gewann sehr souverän.

Wir konnten also unseren ersten Sieg mit 4,5-1,5 feiern! Abends trafen wir uns am Pool und analysierten gemeinsam unsere Partien.

Zu diesem Zeitpunkt wurde uns klar, dass wir gute Chancen hatten gegen eines der Top-Teams gelost zu werden.
Wir verpassten die Mannschaft von Magnus Carlsen nur knapp. Aber auch gegen das an zwei gesetzte tschechische Team Novy Bor, bekam jeder von uns einen 2600+ Gegner.

Roeland verlor leider recht schnell gegen die deutsche Nr. 1 Vincent Keymer. Spartak und ich kämpften lange. Nachdem wir beide gut aus der Eröffnung kamen, setzten sich die Großmeister dann doch durch.
Starke Ergebnisse erzielten Jari und Sven, die beide den Gewinnversuchen ihrer Gegner Stand hielten und ein Remis erzielten.
Den Vogel schoss Nikolas ab! Mit einem furchtlosen Bauernopfer setzte er Nils Grandelius (die Nr. 49 der Welt!) massiv unter Druck… seht selber:

Insgesamt verloren wir 2-4, was gegen Novy Bor kein schlechtes Ergebnis war.
in toller Nebeneffekt davon an Brett 3 zu spielen war, dass wir direkt daneben bei Carlsen & Co live zuschauen konnten, der ab und zu auch mal einen Blick auf unsere Bretter wagte :-)

In der dritten Runde spielten wir dann – wie der Zufall es wollte - gegen den norwegischen Asker Schakklubb, Carlsens Heimatverein. Wir gingen als Favorit in das Match, obwohl bei unseren Gegnern die ersten beiden Bretter von Großmeistern besetzt waren. Jari und Sven liefen beide in eine Vorbereitung und kamen nicht gut aus der Eröffnung und konnten das Ruder danach nicht mehr herumreißen. Besser lief es an den Brettern 1-4, an denen wir vier Siege einfuhren. Besonders Nikolas glänzte mit dem nächsten Sieg über einen Großmeister.

In der Zwischenzeit wurde aus den Analyse-Abenden immer mehr ein Zock-Abend. Tandem und Hand & Brain hatten dann doch ihren Reiz.

Die vierte Runde spielten wir gegen den schwedischen Wasa SK. Es hatte zwar jeder unserer Gegner einen Titel, dennoch waren wir an jedem Brett Favorit und dem wurden wir auch mehr als gerecht!
Tatsächlich lief in dieser Runde einfach alles optimal und wir gewannen jede Partie! Jari knetete seinen Gegner im Endspiel in Carlsen Manier bis zur Aufgabe.

Das größte Wunder vollbrachte Sven, der seine Partie gewann, obwohl er nach 20 Zügen nur noch eine Minute auf der Uhr hatte, während es bei seinem Gegner eine Stunde war.
Mit meiner Partie gegen einen Großmeister, war ich auch zufrieden, da sie technisch ziemlich sauber war:

Zur fünften Runde konnte ich krankheitsbedingt leider nicht antreten. Es ging wohl ein Virus herum, das vorher auch schon Spartak erwischte, der rechtzeitig wieder fit wurde. Gegen das an 10. gesetzte Team Vugar Gashimov mussten wir also zu fünft an die Bretter.
Roelands Gegner widerlegte leider sein zugegeben etwas kurioses Aljechin. Jari und Sven verloren beide Endspiele die objektiv haltbar aber praktisch sehr schwer waren. Nur Nikolas und Spartak gelang es jeweils einen halben Punkt einzufahren. Nikolas spielte eine sehr souveräne Partie und Spartak verpasste nur knapp den Großmeister mit Schwarz zu schlagen.
Eine insgesamt sehr unglückliche Runde verloren wir mit 1-5.

Das vorletzte Match spielten wir gegen den spanischen Paterna Chess Club. Ich war wieder fit und wir konnten zu sechst antreten.
Dieser Wettkampf war definitiv der knappste. Am Ende schafften wir es, mit 3,5-2,5 zu gewinnen, auch wenn zugegeben etwas Glück dabei war. Sven und ich erzielten die entscheidenden vollen Punkte.

Die Abschlussrunde bescherte uns also nochmal einen starken Gegner. Wir traten gegen den an 14. gesetzten serbischen SK Zmaj an.
Nikolas hatte die Chance mit einem Remis eine 7-rundige GM Norm zu erzielen. Mit Schwarz gegen einen Großmeister war dies jedoch leichter gesagt als getan und leider verpasste er die Norm am Ende knapp.
Aber auch an den anderen Brettern lief die letzte Runde nicht gut. Nur Roeland und ich hielten unsere Partien Remis.

Insgesamt haben wir ein im Schweizer System übliches Turnier gespielt: Gegen stärkere Teams verloren und gegen schwächere Teams gewonnen.
Dafür waren einige Highlights dabei! Vor allem unser 6-0 Sieg war Grund zum Feiern! Und das taten wir am letzten Abend auch. In einer Beach Bar versammelten sich einige Schachspieler, unter anderem Memedyarov, den jeder an seinem Stammtisch im Modus 2+0 herausfordern durfte.
Nikolas und ich versuchten unser Glück, standen beide klar besser aber verzettelten uns dann etwas, was ein Spieler wie Mamedyarov natürlich ohne zu zucken ausnutzt. Roeland und Spartak suchten in der Zwischenzeit den Kontakt zu dem seinen Turniersieg feiernden Magnus Carlsen:

Eine tolle Erfahrung für uns alle!

Direkt vom Blitzen mit Mamedyarov ging es dann für uns zum Bus, der uns zum Flughafen nach Tirana brachte, von wo aus wir in den Flieger nach Hamburg zurück stiegen.

Die Ergebnisse und weitere Partien findet ihr unter:

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