Ein starkes Turnier in ländlicher Idylle

Chessemy-Open 2023 in Walsrode

Schach
Freitag, 17.03.2023 / 12:40 Uhr

Stephan Buchal

Mit Lara Schulze, Matthias Bach, Jochen Schwarz und Stephan Buchal nahmen gleich vier Werderaner/innen vom 4.-12. März am diesjährigen Chessemy-Open teil. Dabei sollten wir zwei grün-weiße Hauptpersonen nicht vergessen: Jonathan Carlstedt als Turnierdirektor und Dirk Rütemann als Hauptschiedsrichter leiteten ein wunderbares Turnier.

Um es gleich vorwegzuschicken: das Turnier war ein Genuss – und das bezieht sich keineswegs nur auf die Schokoladentorte zu Matthias‘ 60. Geburtstag! Es war vor allem ein schachlicher Genuss: ein stark besetztes Turnier, gut dotiert, bestens organisiert, schöne Spielbedingungen und nur eine Partie pro Tag ... und zusätzlich noch ein interessantes tägliches Chessemy-Seminarprogramm am Abend zur Abrundung des Tages. So kamen Jung und Alt wirklich auf ihre (schachlichen) Kosten.

Der Forellenhof in Walsrode bot den geeigneten Rahmen für dieses schöne Turnier. Er war fast ausschließlich den 126 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Schachturnier vorbehalten, da spielte es dann auch keine Rolle, wenn Foyer und Speisesaal mit Analysebrettern überflutet wurden. Das ganze Hotel gab sich erfolgreich große Mühe, uns einen angenehmen Aufenthalt zu verschaffen – schöne Zimmer, sehr gutes Essen, freundliches Personal und eine sehr entspannte, familiäre Atmosphäre. Und noch eine positive Beobachtung: Alle meine Gegner hatten Lust auf eine gemeinsame Analyse nach der Partie und sind nicht gleich aufs Zimmer gerannt, um die Engine zu checken.

Das A-Open war mit 86 Teilnehmer/innen bunt und stark besetzt. Vom Chessemy-Team spielten IM Nikolas Lubbe, GM Ilja Zaragatski, FM Makan Rafiee und IM Ruben Köllner mit, außerdem die Großmeister Diptayan Ghosh, Vladimir Baklan und Hagen Poetsch - insgesamt immerhin 29 Titelträger und eine große indische Delegation von ELO-hungrigen Talenten.

Und so war es dann auch kein Wunder, dass der indische IM Sayantan am Ende mit 7 aus 9 die Nase vorn hatte vor Nikolas Lubbe, der mit demselben Ergebnis seine dritte GM-Norm erzielte und damit den Titel sichern konnte, herzlichen Glückwunsch!

Und die Grün-Weißen?

Matthias Bach hatte einen phantastischen Start. Nach einem flotten Auftaktsieg spielte er „oben mit“ (buchstäblich auf der Bühne), bekam gleich in der 2. Runde Ilja Zaragatski zugelost … und setzt ihn nach 30 Zügen matt! (siehe Diagramm). Es folgte in der 3. Runde ein äußerst spannendes Remis gegen Ruben Köllner und erst in der 4. Runde konnte IM Steve Berger seinen Höhenflug stoppen. Mit 2,5 aus 4 nahm er in der 5. Runde ein „bye“, also ein kampfloses Remis, um in Runde 6 erneut mit einer trefflichen Vorbereitung voll zu punkten.

Euer Berichterstatter Stephan Buchal hatte nach 6 Runden ebenfalls 4 aus 6 inklusive einem "bye" in Runde 5 (nach einer spannenden Niederlage gegen GM Poetsch). Wir spielten in Runde 7 gemeinsam auf der Bühne und erlebten ein gemeinsames Desaster. Matthias stellte in besserer Stellung im 40.Zug eine Figur ein
oberes Diagramm (40...Sxf3?? 41.Dc8+ nebst 42.Df5+), während mein Aussetzer erst in der zweiten Zeitnotphase passierte
unteres Diagramm (50... Lxd5+?? 51.Tf3+! 1:0 statt 50...Lh3+ mit glattem Ausgleich).

So richtig konnten wir uns von dem Schreck nicht erholen: Ich spielte in der 8. Runde ein fades Remis mit den weißen Steinen, Matthias verlor sogar eine Weißpartie gegen den jungen Tim Sauer (der ein starkes Turnier spielte und auch Lara einen halben Zähler abknöpfen konnte). In der Schlussrunde raffte sich Matthias nochmal zu einem Sieg auf, während ich meinem Score ein weiteres müdes Remis hinzufügte. So hatten wir beide in der Schlusstabelle 5 aus 9 und landete auf den Plätzen 28 und 29, allerdings spielte Matthias das wesentlich stärkere Turnier und gewann immer noch 7 ELO-Pünktchen hinzu, während ich meinen Abwärtstrend der letzten Jahre fortsetzte und 13 Punkte in Walsrode ließ.

Auch Lara Schulze spielte ein eher durchwachsenes Turnier und hatte am Ende 5 Punkte auf ihrem Konto bei einem unerheblichen ELO-Minus von 3. Lara startete mit 2 aus 3 und verlor nur ihre Schwarzpartie gegen den Top-gesetzten GM Diptayan Gosh. Dann nahm sie ihr "bye", um rechtzeitig abends bei der Bremer Sportlergala ihre  Nominierung zur "Sportlerin des Jahres" zu feiern.
Nach diesem großartigen Event folgte am nächsten Tag ein wichtiger Sieg gegen den jungen Neeraj Harish, aber danach zog sie in Runde 6 gegen GM Zaragatski den Kürzeren. Nach weiteren 1,5 Punkten in den Runden 7 und 8 konnte sie in der Schlussrunde noch um den Preis der besten Dame kämpfen, aber bekam mit dem indischen IM Arghyadip Das ein undankbares Los und verlor. Den Damenpreis gewann daraufhin die indische Großmeisterin Nutakki Priyanka mit 6 Punkten.
Für Lara war das Turnier sicherlich ein gutes Training für die anstehende Frauen Europameisterschaft in Montenegro, die am 18. März beginnt. Wir drücken die Daumen!

Auch für unseren Rheinhessischen Werder-Fan und -Mitglied Jochen Schwarz lief das Turnier nicht optimal. Er spielt ein schönes, kämpferisches, offensives Schach, aber diesmal blieb die richtige Belohnung aus. Gleich in der ersten Runde verlor er gegen die bereits erwähnte Nutakki Priyanka, etwas später auch noch gegen deren Landsfrau WIM Mounika Akshaya Bommini - nicht nur die indischen Jungs sind mit großem ELO-Hunger angereist! Schließlich kam Jochen mit 3,5 Punkten auf Platz 66 nur knapp hinter seinem Setzlistenplatz 60. 

Nach der 7. Runde gab es noch ein stark besetztes Blitzturnier mit vielen angereisten Titelträgern. Es wurde ebenfalls eine sichere Beute der indischen Schachfreunde, die pünktgleich mit 7,5 aus 9 die ersten 3 Plätze belegten. Einen ausgezeichneten 7. Platz belegte Collin Colbow!

Das einhellige Fazit der Teilnehmerinnen: Wir hoffen auf ein Wiedersehen 2024 im Forellenhof!

 

 

 

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