Welch enormes Potential in Werders jungem Topspieler Kirill Shevchenko steckt, hat er gleich zum Auftakt der GRENKE Endrunde gezeigt.
Welch enormes Potential in Werders jungem Topspieler Kirill Shevchenko steckt, hat er gleich zum Auftakt der GRENKE Endrunde gezeigt.
Der 19-jährige ukrainische Großmeister ließ Schach wieder einmal ganz einfach aussehen, als er dem britischen Nationalspieler Gawain Jones vom Münchener SC 1836 gegenübersaß. Die Weichen zu Werders einzigem Sieg an diesem Tag waren frühzeitig gestellt: Falls Jones geplant haben sollte, seinen Gegner mit Grünfeldindisch zu überraschen – normalerweise pflegt Münchens Topspieler eine Vorliebe für Königsindisch –, ging es gründlich schief. In Wirklichkeit war es Shevchenko, der ihn mit einem ungewöhnlichen Konzept überraschte (9.Da3, 10.h4, siehe Partiedatenbank). Jones ließ sich angesichts solcher Züge zu einer Überreaktion hinreißen (10...b5?), opferte auch in der Folge munter drauf los, bekam aber letztlich zu wenig Kompensation für das investierte Material. Kirill rechnete präzise, rochierte cool – und bald war der vermeintliche Zauber vorbei.
Apropos Rochade, wer Werders Cracks an diesen Tagen nicht nur live auf die Finger schauen möchte, sondern auch live mitreden möchte, sollte mal eine ziemlich lange Rochade wagen, und zwar vom Spielbereich in den Nordlogen, gen Osten spazieren, vorbei am inspirierenden Bücherstand ... dort haben Vera und ich nämlich gestern in gemütlicher Runde bei Kaffee und Kuchen kommentiert. (Und heute schon wieder!)
Aus Werder-Perspektive war am Donnerstag durchaus mehr möglich. Zbynek Hracek und auch Laurent Fressinet standen zwischenzeitlich klar überlegen. Zbynek hatte sich vom bobbyesken Manöver (12...Kh8 nebst ...Tg8 und ...g5) seines Gegner nicht beirren lassen und einfach am anderen Flügel weiter angegriffen, verpasste danach aber die genaueste Fortsetzung, ehe er in Zeitnot bei inzwischen unklarer Lage ein Remis akzeptierte. Etwa zum gleichen Zeitpunkt verdarb Laurent seinen Vorteil:
Besser als 33.Ke2? wäre 33.Ld5 gewesen, um den schwarzen a-Bauern abzuholen. „Ja, das sollte sicherlich gewonnen sein“, sagte Laurent nach dem am Ende unvermeidlichen Remis.
Auch bei Jari sah es ausgangs des Mittelspiels ausgeglichen aus. Doch als er im 28. Zug seinen Turm abtauschte, übersah er leider einen Zwischenzug (28...f4+), der ihn letztlich in eine unbequeme Lage brachte. Punkt für Münchens Andreas Ciolek.
Die Partien von Luke McShane, Romain Edouard, Spartak Grigorian und Nikolas Wachinger endeten jeweils remis, zumeist aus der Position der Stärke. Lediglich bei Lukes Stellung (gegen Großmeister Alksandar Indjic) waren in der Kommentar-Ecke zeitweilig Sorgen formuliert worden – Lukes Bauernstellung sah doch wirklich ziemlich desolat aus und der Damenflügel war noch unterentwickelt. Doch der britische Großmeister hatte die Lage letztlich viel tiefgründiger, ja genialisch beurteilt:
Dank eines Qualitätsopfers (15...Txf3) bekam Luke seinen Springer auf das ewige Schlüsselfeld f4 – und tatsächlich sollte dieser Springer von hier aus den schwarzen Laden zusammenhalten. Stark.