Zwei Werderaner am Tegernsee

Schach
Sonntag, 17.04.2022 / 10:19 Uhr

Stephan Buchal & Sascha Pollmann

Beim 10. Internationalen Schach-Senioren-Cup am Tegernsee (50+) waren in diesem Jahr auch zwei Werderaner am Start. Stephan Buchal landete mit 6 Punkten aus 9 Partien auf Platz 10, Sascha Pollmann (noch 49!) wurde knapp dahinter mit 5,5 Punkten auf Rang 25 notiert.

Sascha und Stephan waren schon häufiger Ende Oktober beim traditionellen Open in Bad Wiessee zu Gast – diesmal lockte der Tegernsee im Frühjahr mit dem Senioren-Turnier. Auch keine schlechte Wahl, das Wetter war nahezu perfekt: eine Woche Sonnenschein mit frühlingshaften Temperaturen und zum Ende des Turniers kam noch einmal der Winter mit Frost und Schnee zurück und bescherte eine zauberhafte Bergkulisse.

Und wieder einmal gelang es dem Organisationsteam um Gregor Johann, Ralph Alt und Sandra Schmidt ein richtig schönes Turnier durchzuführen. Die Corona-bedingte maximale Teilnehmerzahl von 120 war schnell erreicht, viele freuten sich auf das erste „richtige Turnier am Brett“ seit Monaten oder sogar Jahren. Das Spiellokal, das Seeforum in Rottach-Egern, bot einen wunderbaren Blick auf den Tegernsee und gute Spielbedingungen. Die Atmosphäre unter den Teilnehmern war freundschaftlich und dank des gelungenen Hygienekonzepts (2G, Abstand, Masken – aber nicht „am Brett“) gab es keine Infektionen. Kurzum: ein gelungener Restart am Schachbrett!

Die touristischen Aktivitäten litten leider noch ein wenig unter Eis und Schnee oberhalb von 900m. Die Wallbergbahn war „in Revision“ zwischen Winter- und Sommersaison, der Fußmarsch auf den 1700m hohen Hausberg vereist und bei Stephan endete so manche Radtour im Schneematsch …

Aber nun zum Wesentlichen, Schach wurde auch gespielt!

Stephan war an Nr. 3 gesetzt und gehörte deshalb in dem sehr ausgeglichenen Feld zum erweiterten Favoritenkreis. Leider gab es schon in der ersten Runde einen Dämpfer:

Hier hatte er „von langer Hand“ 31..Sg1 nebst ..f2 und ..Sf3+ geplant und führte die Idee auch zügig aus (statt mit 31..Sxg3 sofort zu gewinnen!!). Nach 31..Sg1?? 32.Sd1 Ld4 33.Sf2 verlor er seinen schönen Bauern f3 und konnte die Partie gerade noch so remis halten.

Es folgten zwei durchaus unklare Gewinnpartien bis er in Runde 4 gegen einen der Favoriten, Hans-Joachim Vatter, nach 23 Zügen und viel verbrauchter Bedenkzeit folgende Stellung erreichte:
Hier sah er das nette Motiv 24.Sh4!? cxd4? 25.Sg6+ hxg6 26.hxg6 mit der tödlichen Drohung Th1#. Er zermarterte sich den Kopf, ob Schwarz nach Sh4 irgendwas unternehmen kann, um rechtzeitig die Diagonale a2-g8 zu verstopfen. Er fand Motive wie ..b7-b5 nebst ..c5-c4 (geht überhaupt nicht!) oder ..Tf8-c8 nebst ..c4 (geht das vielleicht?). Aber nach langen und ergebnislosen Rechnereien spielte er entmutigt 24.Lc3?! … und bot remis an.

Die Engine zu Hause zeigte sehr schnell, dass Weiß nach 24.Sh4 fast auf Gewinn und nach 24.Lc3 immer noch deutlich besser steht.

Den Vogel schoss er aber in der 5. Runde ab, als er gegen die starke WIM Annett Wagner-Michel mit Schwarz wiederum eine Gewinnstellung erarbeitete und gerade den Ta8 via a2 auf f2 geopfert hatte:
Vorher hatte er korrekt berechnet, dass die Stellung nach 31..Dh4+ 32.Kf1 (oder 32.Ke2) Dxh2 glatt gewonnen ist. Doch plötzlich hatte er die Vision, dass es mit 31.. g3+ noch viel einfacher ginge, weil nach 32.Ke2 oder 32.Kf1 zusätzlich noch die Umwandlung des h-Bauern droht. Gesagt getan: 31..g3+ 32.Kg1! (völlig übersehen, das war nach Dh4+ natürlich nicht möglich). 32.. gxh2 33.Kh1 Die Stellung bot immer noch Kompensation für die Qualität, aber „völlig von der Rolle“ verlor er die Partie sang- und klanglos.

Es folgte in Runde 6 ein „kampfloses Remis“ zur Erholung und ein wackeliger Endspurt mit 2,5 aus 3, der gerade noch zum 10. Platz in den Preisrängen reichte …

Stephans Fazit: „Gute Partieanlage, viele Gewinnstellungen erarbeitet und in fast jeder Partie mindestens ein feister Fehler – so kann man kein Turnier gewinnen, sondern verliert 10 ELO-Punkte. Aber es war schön, mal wieder ein richtiges Schachturnier in einer tollen Landschaft zu spielen“.

Sascha gewann 3 Partien bei nur einer Verlustpartie. Er spielte aber zu oft gegen teilweise schwächere Gegner 5 mal nur Remis und hatte hier auch teilweise viel Glück diese Partien nicht verloren zu haben. Somit standen am Ende auch -9 DWZ Punkte zu buche.

Trotzdem gelang es Ihm sehr schöne Siege in 2 Partien zu erringen. In der zweiten Runde gegen Maik Kopische kam es in der Englischen/Holländischen Eröffnung zu folgender Stellung.
Nach dem Figurenopfer 15… fxg3! mit der Folge 16.hxg4 gxf2+ 17.Kh2 e6! nahm Kopiscke auch noch die zweite Figur mit 18.gxh5? und wurde nach 18…Dh4+ 19.Lh3 Le5+ schnell mattgesetzt.
Auch die bessere Fortsetzung 18.Kh3 (einziger Zug) führt nach 18…Sf4+ zu einem starken Angriff von Schwarz.

In der Partie gegen Martin Harsch kam folgende Stellung in der scharfen Sizilianischen Drachenvariante auf das Brett.

Sascha‘s Plan war, die weiße Stellung mittels dem standardmäßigen Minoritätsangriff (…Tab8,…a5, …b4) anzugreifen. Die Analyse zeigte, dass Weiß auf dem Königsflügel aber mehr als ausreichendes Spielt mit 24.h5!? mit den Ideen 25.hxg6 und 26.De4-h4 besitzt. Mit 25.Sd4? spielte Harsch Sascha aber in die Karten. Es folgte ein sogenanntes „Leerfeldopfer“ mit 24…Se3. Nach der Folge 25.fxe3 Dxg3+ 26.Kh1 Dh3+ 27.Kg1 Dxe3+ mit der Idee …Lxd4 gab mein Gegner mit 2 Minusbauern auf. Interessant ist hier, dass der Rechner nur einen großen Vorteil für Schwarz ausweist, aber die schwarze Stellung noch nicht als gewonnen ansieht.
Noch stärker wäre in der Diagrammstellung der Zug 25… Lxd4! mit der Idee 26…Se3 gewesen.

In der letzten Runde erreichte Sascha eine Gewinnstellung gegen Prof. Dr. Norbert Pfitzer. Saschas Gegner verteidigte sich sehr kaltblütig und ließ sich durch Saschas Angriffsbemühungen nicht großartig beeindrucken.

Die Diagrammstellung zeigt die Partie nach dem 33. Zug von Weiß (33.Dc3 (!)). Der Angriff wurde mit dem korrektem 33...e3! 34.fxe3 fxg3 35.hxg3 Dg5 fortgesetzt (auch das prophylaktischen …Le4!? wäre sehr stark gewesen). Es folgte ein weitere kaltblütiger Verteidigungszug 36.e4!, der den Sinn von 33.Dc3 zeigt (der Bauer auf g3 wird überdeckt).

Nach der Folge 36…Lxe4 spielte Prof. Dr. Pfizer den vorbereiteten Konter mit 37.Se6 (Gabel) Dh6! 38.Sxf8 Dh1+ 39.Kf2 und Sascha fand sich in folgender komplizierten Stellung wieder.

Man beachte dass Schwarz einen ganzen Turm weniger hat und dass fast alle schwarzen Figuren angegriffen sind. In der Diagrammstellung gibt es einen feinen Gewinnzug. Sascha fand diesen aber nicht so sehr er sich auch anstrengte (trotz ausreichender Zeit). Er spielte den Verlustzug 39…Sd3+?? und konnte wieder mit sehr viel Glück das Remis erreichen, da auch der Gegner die Ihm gebotenen Gewinnchancen nicht nutzte.

Die Stellung eignet sich als eine sehr schöne Kombinations- und vor allen Dingen Rechenaufgabe.

?? ... erst Nachdenken ...

... und hier die Lösung der Aufgabe:

39…Dh2+!! (39…Dg2+!! geht auch) 40.Ke3 Sg4+!! 41.Lxg4 Dxg3+ 42.Kxe4 Dxg4+ (der Sinn des Zuges 40…Sg4+) 43.Ke5 Txd1 44.Txd1 Dg7+ 45.Kd6 Dxc3 -+

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