David & David in Pardubice

Kardoeus und Wachinger belegen im Czech Open die Plätze 91 und 102

Der Turniersaal im IDEON Kongresszentrum von den Zuschauerrängen
Schach
Dienstag, 24.08.2021 / 21:47 Uhr

David Kardoeus, David Wachinger

Ende Juli verbrachten David Kardoeus und David Wachinger ihren Sommerurlaub in Tschechien, um beim 32sten Czech Open in Pardubice Schach am echten Brett spielen zu können. Dies ist in Zeiten der Pandemie zu einer echten Rarität geworden. Mit Platz 91 und Platz 102 landeten die Werderaner auf soliden Plätzen.

Normalerweise stellt sich jeden Sommer für einen Schachspieler die gleiche Frage: Welches Turnier gewinne ich dieses Mal? Oder zumindest welches spiele ich? Doch nach langer Corona Durststrecke sind wir bei der Beantwortung dieser Fragen ein wenig aus der Übung. Daher entschieden sich die Davids für Nostalgie und Altbewährtes. Nach über fünf Jahren ging es mit guten Freunden im Schlepptau wieder nach Tschechien. Dort fand das 32ste Czech Open mit einem sehr starken Teilnehmerfeld statt. Zum Turniersieg hat es leider nicht ganz gereicht. In dem hart umkämpften Turnier war für uns beide mehr drin; am Ende belegten wir Platz 91 und 102.

David Kardoeus erzielte 4/9 Punkten, spielte aufgrund eines starken Gegnerschnitts alles in allem trotzdem ein starkes Turnier und machte 13 Elo plus. Das Turnier begann blendend mit einem Remis in Runde 1 gegen Idol und Großmeister Baadur Jobava (ELO 2603) aus Georgien. In der Folge bekam David gute Gegner und auch wenn einzelne Ergebnisse nicht optimal ausfielen, so konnte er mit seinem Schach und seinem Kampfgeist zufrieden sein. Einzig und allein die letzte Runde gegen den besten Freund Julian Kramer lief völlig daneben und sorgt für einen Schönheitsfehler in der Auswertung.

David Wachinger erspielte ebenfalls 4 Punkte. Dabei waren seine Gegner allerdings Elo-schwächer und entsprechend machte er ein deutliches Elo-Minus. Zu oft konnte er seine aussichtsreichen Stellungen gegen schwächere Gegner nicht verwerten. Mit Weiß scorte er mit 3,5/5 trotzdem gut. Eine Mischung aus Eröffnungs-Amnesie und verschenkten halben Punkten führte dagegen zu einem desaströsen Ergebnis mit Schwarz: 0,5/4. Insbesondere zwei unnötige Niederlagen im Najdorf taten weh. Dennoch fällt das Fazit positiv aus. Auch starken Gegnern, wie GM Akesson, konnte David W. schachlich lange die Stirn bieten. Die fehlende Spielpraxis machte sich bemerkbar und letztlich fehlten „nur“ Kleinigkeiten. Die Analyse macht also Mut und hat auch viele schachliche Highlights zutage gefördert, von denen wir unten ein paar (vegane) Nuggets teilen möchten.

Mitgereist waren außerdem (der für seinen 6. a3 Najdorf berühmte) IM Julian Kramer vom Hamburger SK, der hochambitionierte FM Andreas Ciolek vom Münchner SC 1836 e.V. und der sehr blitzstarke Jale Mieck vom SK Doppelbauer Kiel. Im Open spielten die drei tolles Schach und blieben trotzdem alle mit ein bisschen Pech hinter ihrem riesigen Potential zurück. Zusammen spielten wir fünf auch erfolgreich beim Teamblitzturnier mit. Im Kampf um den Pokal verzockten wir uns à la Guardiola im entscheidenden Moment mit Aufstellung und Rotation und belegten immerhin noch den starken 3. Platz.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass Werder Legende Vlastimil Babula ein fantastisches Turnier spielte und mit 7/9 ungeschlagen auf Platz 2 landete. Hut ab!

Nun kommen wir endlich zu den schachlichen Highlights (alle Lösungen sind am Ende des Artikels zu finden):

In der Diagramm-Stellung hat David W. die schwarzen Steine und kann mit geschicktem Spiel die Initiative aufrechterhalten. Die Partiefortsetzung war leider ungenau und die Partie endete in einem gerechten Remis. Die Drohung Dxb6 gilt es zu beachten!
Diagramm 1: Schwarz am Zug

In der zweiten Runde bekam es David K. mit einem Alt-Großmeister zu tun und konnte sich mit Schwarz auf hübsche Art und Weise eine Gewinnstellung erspielen. Dem 24-jährigen unterliefen mit schwindender Zeit jedoch Ungenauigkeiten und so ließ er zunächst Gegenspiel zu und schenkte schlussendlich sogar den ganzen Punkt weg – so bitter, dass sich der Weißspieler sogar bei ihm entschuldigte. Hilft aber nichts, Mund abwischen und weitermachen!
Diagramm 2: Weiß am Zug

Gegen Simon Degenhard ging bereits in der Eröffnung alles schief. Für einen Halbzug hatte David W. aber die Chance das Remis zu halten. Um diese Aufgabe nicht zu anspruchsvoll zu machen, ist die Diagrammstellung ausnahmsweise nicht Partiestellung. David bog vorher falsch ab. Die Diagrammstellung hatte er zwei Züge zuvor ausführlich berechnet. Doch die richtige Fortsetzung fand er im Variantendschungel nicht.
Diagramm 3: Schwarz am Zug

Ein drittes und letztes Mal sollte David K. in diesem Turnier gegen einen Großmeister antreten dürfen. Die Vorbereitung hatte sich bereits nach dem ersten Zug erledigt, aber der Werderaner spielte sein Repertoire aus dem Kopf und bekam eine gute Stellung aufs Brett. Im Mittelspiel wurde es dann so richtig heiß und diese Partie hätte guten Gewissens eine seiner besten Partien werden können, wenn es nach herrlichen Kombinationen am Ende einen Sieg gegeben hätte.
Diagramm 4: Weiß am Zug erhält Vorteil
Leider ließ David K. in Gewinnstellung und bei ungleicher Materialverteilung die zwingenden Züge aus, erlaubte konkretes Gegenspiel und verlor abermals auf unnötigem Wege. Somit hatte er selbst jegliche Chancen auf eine IM-Norm begraben, die bis hierhin möglich gewesen waren.

Gegen WIM Natasa Richterova erspielte sich David W. die folgende Gewinnstellung. Er hatte die Diagrammstellung bereits im Voraus berechnet und übersehen, dass nach Td5 Dc8 die Stellung für Schwarz zumindest noch halbwegs zusammenhält. Auch wegen schlechter Zeiteinteilung fehlte ihm an dieser Stelle die Ruhe, um sich die Stellung mit einem frischen Blick noch einmal anzugucken.
Diagramm 5: Weiß am Zug

In Runde sieben lief die Eröffnung einmal mehr nicht optimal und David K. musste mit viel Geduld und noch mehr gutem Willen gegen die weiße Aktivität vorgehen. Im Endspiel gelang dann eine Taktik und mit einer schönen Kombination konnte die Partie gewonnen werden.
Diagramm 6: Schwarz am Zug

 

Auch wenn wir in den entscheidenden Momenten nicht immer die richtige Wahl getroffen haben, so haben wir alle viel Spaß gehabt und uns gefreut, endlich wieder Schach am Brett spielen zu können. Das Wetter in Pardubice war überwiegend sehr sonnig und warm.
Das Turnier wurde nicht - wie bei unseren vergangenen Teilnahmen - in der Eishockey-Arena der Stadt ausgetragen, sondern fand in einem Kongresszentrum statt und hat ein wenig an Charme verloren. Nichtsdestotrotz war das Turnier toll ausgerichtet und stark besetzt. Gewonnen wurde das Turnier (punktgleich mit drei weiteren Spielern) von IM Vojtech Zwardon, der damit auch Spieler wie GM Baadur Jobava und GM Liviu-Dieter Nisipeanu auf die Ränge verwies.

 

LÖSUNGEN
Diagramm 1:
Die Lösung ist 16…d5, um 17.Dxb6 mit Dc8! zu beantworten. Nach diesem wunderschönen ruhigen Zug muss der Springer auf c4 nun doch ziehen. Nach Se5 kommt Dxc2; nach Se3 kommt Lc5. Schwarz bekommt hervorragendes Spiel. David hatte diese Variante sogar in Betracht gezogen, aber nach Dc8 nicht mehr konkret genug gerechnet. Stattdessen überschätzte er die Partiefortsetzung 16…b5?! und übersah, dass nach 17.Db6 Dxb6 18.Sxb6 Tb8 das Feld auf e3 frei für den Läufer geworden ist. Nach 19. Le3 waren die schwarzen Gewinnchancen verloren. David konnte zumindest noch halten.

Diagramm 2:
David K. spielte in bitterer Zeitnot und mit 3 Sekunden auf der Uhr 27...De2??, was nach 28.Txe2 dxe2 und 29.Te1! die Partie zu weißen Gunsten entscheidet. Weiß hat einen glatten Läufer mehr denn nach 29...Lxe1 folgt 30.Lb2+ nebst Matt!

Diagramm 3:
David W. war zu fixiert auf das Bauernendspiel, das nach Txb3 Dxb3 Kf8 Db6 Ke7 Dxd6 Kxd6 entsteht und nach g4 richtigerweise verloren ist. Stattdessen hätte David aber in der Diagrammstellung 28…Dh6!! finden können. Nach 29.Txb2 Dc1+ 30.Kf2 Dxb2+ ist entscheidend, dass Schwarz im nächsten Zug einfach Dd4 spielen kann. Dann hält er sicher Remis.
Nicht ganz so überzeugend, aber auch stark wäre 28…e4! gewesen. Nach 29.fxe4 Txb3 30.Dxb3 Df4 reicht die Aktivität von Schwarz aus, um mit genauem Spiel zu überleben.

Diagramm 4:
21.Sxe5!! opfert den Springer auf b1 und ergreift die Initiative. Schwarz ist zu schlecht entwickelt, was David K. hier richtig erkannte und den direkt Mattangriff suchte. Auf 21...Lxe5 folgt 22.Dxe5 Dxe5 23.Txe5 und schon jetzt ist der h-Bauer zu stark. Zudem droht Weiß mit Lg5 Materialgewinn.
In der Partie kam 21...Dxb1 22.0-0! Weiß rochiert ganz cool und droht Abzüge mit dem Läufer auf c1, Tf1-e1 ist ebenfalls ein viel zu kräftiger Zug: Schwarz muss einen Gegenangriff starten mit 22...Txh423.Sxd7! Weiß gibt die Dame. 23...Txh2 24.Sxf6+ Kf8?! (24...Kd8 wäre aus meiner Sicht genauer und natürlicher gewesen) 25.Kxh2 nun droht Lh6# und Schwarz hat nur 25...Dg6 und nach 26.Lb2 Le6 stand David K. deutlich angenehmer und hatte mit vielen aktiven Figuren beste Gewinnchancen. 

Diagramm 5:
Ein schöner Damenzug: 19.De3! Lf6 20.Lb5 Dc8 21.Tc1 und Weiß gewinnt. In der Partiefortsetzung nach 19.Td5 Dc8 20.Tc1 behielt David W. die Initiative und bekam später in der Partie noch gute Gewinnchancen, konnte aber nicht mehr als ein Remis erreichen.

Diagramm 6:
49...e3! 50.Txf4 (50.fxe3 verbietet sich wegen 50...Sxe3 mit Turmgewinn, zudem droht Schwarz auch Txf2.) 50...e2+! 51.Ke1 Se5! droht unverhinderbares Matt mit dem Springer auf f3 und auf d3. In der Analyse zog Andreas Ciolek den weißen Turm scherzhaft von f4 nach e3 um das Matt zu parieren, in der Partie gab Davids Gegner aber auf.

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