Die Losfee bescherte uns mit der SG Leipzig die am stärksten angetretene Gastmannschaft, wenngleich die Werderaner laut den Elozahlen leicht favorisiert waren. Der von Christian entworfene und vom Team akzeptierte Schlachtplan sah vor, dass die erfahrenen Spieler Sven J. und Christian mit Schwarz an den Brettern 1 und 4 zunächst die Kasse halten sollten, während Sven C. und Collin mit Weiß an 2 und 3 angreifen würden.
Das erste Viertel dieses Plans klappte reibungslos. Statt der riskanten Königsindischen Verteidigung spielte ich ein solides Damengambit, und mein Gegner ergriff sofort die Gelegenheit, die Stellung bereits in der Eröffnung zu vereinfachen. Nach nur neun Zügen waren die Damen, ein Springerpaar sowie die d- und c-Bauern verschwunden, und die symmetrische Bauernstruktur bot beiden Seiten wenig Ansatz. Als kurz darauf auch noch die weißfeldrigen Läufer und ein Turmpaar abgetauscht wurden, hatten beide Spieler genug von der faden Stellung: remis nach gut einer Stunde.
An den übrigen drei Brettern wurde gekämpft. Scharfe Sizilianer standen in unseren Weißpartien zur Debatte, wobei Sven in der Najdorfvariante lang rochierte, während sein Gegner den König zunächst im Zentrum ließ und Gegenspiel am Damenflügel suchte. Collin stellte die Rochade zurück und stürmte im Scheveninger mit den Bauern auf g5, h5 und f4 vor, was den Schwarzen veranlasste, seinerseits zum Damenflügel zu rochieren. Ruhiger ging es zunächst bei Christian zu, wo aus einer Englischen Eröffnung eine Maroczy-Struktur entstand.
Im frühen Mittelspiel kam Christian zum Befreiungszug b7-b5, erhielt kurz darauf auch noch das Läuferpaar und auch wenn die Stellung zu diesem Zeitpunkt wohl noch ausgeglichen war, machte der Weiße ein paar ungenaue Züge und geriet bald in Nachteil. Nicht so gut lief es für Collin, dessen Gegner im Zentrum mit e6-e5 konterte und das Feld e5 für einen Springer erhielt, für den Collin den wichtigen schwarzfeldrigen Läufer geben musste. Vor der Frage, diesen Läufer abzugeben oder nicht, stand auch Sven, als sein Lg5 mit h7-h6 befragt wurde. Hier wäre es gut gewesen, auf f6 zu tauschen und im Zentrum mit e5 durchzubrechen, doch Sven zog den Läufer nach h4 zurück, wonach Schwarz auf c3 die Qualität opfern und den Bauern e4 erobern konnte, wonach auch unsere zweite Weißpartie Anlaß zur Sorge bot.
In der vierten Spielstunde brach bei den Grün-Weißen alles zusammen. Christian startete einen Durchbruch, der sehr stark aussah, aber wohl »nur« gut war. Bei richtiger Fortsetzung hätte er einen Bauern gewonnen, aber das Läuferpaar und den Stellungsdruck aufgeben müssen, wonach sein gedeckter Freibauer auf a4 dem Weißen Rettungschancen geboten hätte. Das war Christian zu wenig und er spielte etwas anderes, was ihn durch einen simplen Läuferspieß die Qualität kostete – was Christian zwar gesehen, aber wieder vergessen hatte. Bei richtiger Fortsetzung hätte er dafür noch Kompensation gehabt, aber Fehler haben die lästige Angewohnheit, nicht alleine aufzutreten. Christian nahm die falsche Figur zurück und ließ den gegnerischen Turm auf die Grundreihe eindringen, wodurch sein König aufgescheucht wurde. Aber nicht für lange, denn bald fand er auf h6 seine letzte Ruhe.
Sven hatte nach der Abwicklung die Damen getauscht, fand aber keinen Weg, seine Türme wirkungsvoll ins Spiel zu bringen. Als ein schwarzer Springer auf e4 auftauchte und mit d6-d5 befestigt wurde, gab Sven für diesen die Qualität zurück, stand mit schlechtem Springer gegen guten Läufer und kaputter Bauernstruktur aber praktisch auf verlorenem Posten. In der Zeitnotphase machte ihm sein Gegner angesichts der Leipziger Führung und der überaus vorteilhaften Stellung an Brett 3 ein Angebot, das Sven nicht ablehnen konnte.
Collin stand angesichts des gegnerischen Läuferpaars und schwarzfeldriger Schwächen stark unter Druck. Als er die Schwerfiguren und den gegnerischen Springer abtauschen konnte, keimte wieder Hoffnung auf, doch das Endspiel war deutlich schlechter als Collin und die Zuschauer zunächst dachten. Sein ebenfalls noch sehr junger Gegner verschaffte sich einen Freibauern auf der h-Linie und drang mit diesem und seinem König langsam, doch unaufhaltsam in Collins Stellung ein. Ein Läuferopfer erzwang die Umwandlung des h-Bauern, und Collin musste die Segel streichen.
Endstand 1:3, ein verdienter Sieg für die SG Leipzig. Im Parallelkampf setzte sich der SV Lingen nach Berliner Wertung gegen Bavaria Regensburg durch. Am Sonntag gewannen die Leipziger auch gegen Lingen und werden zur Belohnung im Pokalfinale auf sehr starke Gegnerschaft treffen.