Nein, das war von Fabian Linne nach dem bisherigen Saisonverlauf wirklich nicht zu erwarten gewesen. Erst die Corona-Pause mit all ihren Trainingseinschränkungen, dann eine leichte Verletzung beim ersten Wettkampfrennen Mitte Juni in Bremen – für Fabian Linne lief es in diesem außergewöhnlichen Jahr alles anderes als rund. Von seiner Bestzeit aus dem vergangenen Jahr mit 21,04 Sekunden war der Werderaner meilenweit entfernt, er ging mit einer Saisonbestleistung von 21,31 Sekunden in sein Halbfinale im Braunschweiger Eintracht-Stadion. Dort platzte dann aber der Knoten. Als Dritter in 21,17 Sekunden zog Fabian Linne als Bester der zwei Zeitschnellsten in den Finallauf ein. „Ich bin super happy“, lautete sein Kurzkommentar – danach hieß es sofort die Füße hochlegen, um wieder fit zu sein für das Finale fünf Stunden später.
Während sein Athlet also entspannte, bewerte Andrei Fabrizius das Ergebnis nochmal im Detail. „Fabian hat das Maximale aus seinem Lauf herausgeholt, er hätte sogar persönliche Bestzeit laufen können. In der Kurve war er dann allerdings schon fest und hat es nicht geschafft locker zu bleiben.“ Bei optimalem Verlauf wäre also sogar der zweite Rang in seinem Halbfinale und damit die direkte Finalqualifikation möglich gewesen. Doch Roger Gurski (LG Rhein-Wied) lief vor Fabian Linne in 20,77 Sekunden ein unerwartet gutes Rennen. „Dennoch ist das für Fabian ein Riesenerfolg“, konstatierte Werders Sportwart.
Als erfolgreich dürfen auch Sandra Dinkeldein und Svea Kittner ihre Halbfinal-Starts über die halbe Stadionrunde verbuchen. Sandra Dinkeldein erwischte einen eher schlechten Kurvenlauf mit großen Schritten, vielleicht auch, weil direkt vor ihr eine der Favoritinnen, Rebekka Haase vom Sprintteam Wetzlar (23,15 Sekunden), die Pace machte. Hinten raus lief die Bremerin dann recht stabil und kam in 24,12 Sekunden ins Ziel – neue Saisonbestzeit. „Sandra war in der Lage, unter 24 Sekunden zu laufen. Es herrschte heute ein sehr hohes Niveau, die Zeiten, die man für den Endlauf zeigen musste, sind schon krass“, meinte Andrei Fabrizius.
Svea Kittner war mit ihrer Saisonbestzeit von 24,63 Sekunden zwar selbst nicht zufrieden, ihr Trainer jedoch vollends. Die gerade noch ins Starterfeld gerückte Werderanerin hatte sich vor zwei Wochen in Zeven verletzt und trainierte am Mittwoch erstmals wieder. Zuvor wurde sie jeden Tag in der Bremer Paracelsius-Klinik behandelt, für die Andrei Fabrizius ein großes Lob übrig hatte. Ebenso für seinen Schützling: „Svea kann bei Deutschen Meisterschaften jedes Mal ihre Leistung abrufen.“
Das gelang dem ehemaligen Bremer und jetzt für den TSV Bayer 04 Leverkusen startenden Stabhochspringer Philip Kass nicht. Für ihn war der Wettkampf bereits nach gut 30 Minuten beendet, da er nach seiner überquerten Einstiegshöhe von 5,10 Metern dreimal an 5,30 Metern scheiterte. Gefreut haben dürfte den Ex-Werderaner aber das überragende Ergebnis des Siegers, seines neuen Trainingskollegen Bo Kanda Lita Baehre. Der erst 21-Jährige holte sich seinen dritten DM-Titel mit persönlicher Besthöhe von 5,75 Metern.