Cheftrainer Timm Dietrich ist mit der ersten Saison beim SV Werder zufrieden und sieht sich für die nächste Saison gut gerüstet. Im Interview schauen wir auf die abgelaufene Spielzeit zurück und werfen auch einen Blick in die Zukunft.
Cheftrainer Timm Dietrich ist mit der ersten Saison beim SV Werder zufrieden und sieht sich für die nächste Saison gut gerüstet. Im Interview schauen wir auf die abgelaufene Spielzeit zurück und werfen auch einen Blick in die Zukunft.
WERDER.DE: Timm, deine erste Saison beim SV Werder ist beendet. Wie fällt dein Fazit aus?
Timm Dietrich: Das fällt sehr positiv aus. Es war eine Saison mit Höhen und Tiefen und einem eher kuriosen Saisonverlauf. Wir hatten einen fantastischen Start mit 20:2 Punkten und dann eine Phase, in der wir bis Ende Februar nur noch zwei Punkte geholt haben. Danach haben wir uns stabilisiert und wieder regelmäßig gepunktet. Am Ende haben wir sportlich 34 Punkte geholt. Dies war ein Ergebnis, das wir angepeilt haben, das aber nicht selbstverständlich war.
WERDER.DE: Ihr habt vor der Saison sehr erfahrene Spielerinnen verloren…
Timm Dietrich: Ja, es ist uns aber gelungen, mit entwicklungsfähigen Spielerinnen aus der 3. Liga diese Abgänge aufzufangen. Alle Neuzugänge haben ihren Job hervorragend gemacht und sich super in die Mannschaft eingefunden. Das ist sicherlich ein Grund dafür, dass wir eine sehr gute Saison gespielt haben.
WERDER.DE: Nach einem super Saisonstart wart ihr Tabellenführer. Ist dadurch zwischenzeitlich eine andere Erwartungshaltung entstanden?
Timm Dietrich: Von außen sicherlich. Für uns war aber immer klar, dass es erstmal nur darum geht, Punkte für den Klassenerhalt zu sammeln. Einigen Teams war von Beginn an klar, dass sie um den Klassenerhalt spielen werden. Andere haben mit dieser Situation vielleicht nicht gerechnet. Bei vier Absteigern und einem Relegationsplatz war uns vor der Saison bewusst, dass im Verlauf der Spielzeit sehr viel passieren kann.
WERDER.DE: Durch den Punktabzug steckte das Team im neuen Jahr plötzlich nicht mehr im Aufstiegs-, sondern im Abstiegskampf. Wie sehr hat das die Mannschaft und dich beeinflusst?
Timm Dietrich: Es war natürlich erstmal ‚ein ganz schönes Brett‘, das man verarbeiten musste. Anne-Kathrin Laufmann als Geschäftsführerin und Martin Lange als Handballvorsitzender haben das Thema sehr gut und transparent kommuniziert. Ich glaube, dass es gerade im Heimspiel gegen Gröbenzell noch ein Thema in der Halle und in der Mannschaft war, aber danach haben wir es relativ schnell abgeschlossen. So war zumindest mein Eindruck, den ich aus der Mannschaft mitgenommen habe. Es ist für mich auch nicht der alleinige Grund, der erklärt, was in unserer Schwächephase von Mitte Dezember bis Ende Februar passiert ist.
WERDER.DE: Am Ende wurde mit Platz 8 das beste Ergebnis des SV Werder Bremen in der 2. Bundesliga erreicht. Der Rückstand auf Platz 3 beträgt – rechnet man euer sportliches Ergebnis ohne den Punktabzug – lediglich drei Punkte. Zeigt das auch, wie ausgeglichen die Liga ist und dass häufig nur Kleinigkeiten entscheiden?
Timm Dietrich: Ja, auf jeden Fall. Wir sind die einzige Mannschaft, die gegen den Tabellenletzten aus Gröbenzell beide Spiele verloren hat. Dafür gewinnen wir aber zu Hause gegen Göppingen und Rödertal, das gleicht sich über eine Saison sicherlich aus. In der Rückrunde haben wir auswärts leider nicht immer performt und nur zwei Punkte geholt. Da müssen wir nochmal intern analysieren, an welchen Stellschrauben wir in der nächsten Saison drehen müssen. Es waren aber sehr viele Spiele dabei, die auf Messers Schneide standen, in denen wir am Ende mit einem oder zwei Toren gewonnen oder eben auch verloren haben. Das zeigt, wie eng es in der Liga zuging, und das spiegelt auch die Tabelle sehr gut wider.
WERDER.DE: Gab es für dich ein persönliches Highlight in dieser Spielzeit?
Timm Dietrich: Vom Prinzip her der Heimsieg gegen Göppingen. Wir waren hervorragend in die Saison gestartet. Dass wir dann aber gegen den Aufstiegsfavoriten und am Ende ja auch Aufsteiger so einen Kampf liefern und am Ende gewinnen, war etwas Besonderes. Sowohl, was die Atmosphäre in der Halle betraf, als auch den Ruck, der durch die Mannschaft ging nach dem Motto: ‚Hey, wir sind besser, als wir eigentlich gedacht haben‘. Ein weiteres Highlight war das Heimspiel gegen Buchholz-Rosengarten, als die Halle restlos ausverkauft war und wir bereits 20 Minuten vor Spielbeginn weitere Besucher:innen leider abweisen mussten. Dazu hat dann der Spielverlauf alles geboten, was den Handball auszeichnet. Wir führen zur Pause mit sechs Toren, dann dreht der Gegner nochmal auf, und am Ende gewinnen wir mit einem Treffer. Dafür liebt man diesen Sport einfach.
WERDER.DE: Hast du dir mit der Mannschaft schon Ziele für die nächste Saison gesteckt?
Timm Dietrich: Nein, das werden wir zu Beginn der neuen Saison machen. Es wird aber in die Richtung gehen, wie in den letzten beiden Jahren. Wir wollen unsere Leistung bestätigen, und da sehe ich uns für die nächste Saison sehr gut aufgestellt.
WERDER.DE: Drei Teams kommen aus der 1. Bundesliga dazu. Wird es dadurch umso schwerer, sich in der Spitzengruppe festzusetzen?
Timm Dietrich: Ich bin gespannt, wie sich die Absteiger schlagen. Wir haben es in diesem Jahr beim VfL Waiblingen gesehen, wie schwer sie es hatten. Und Rödertal musste beispielsweise in der Vergangenheit auch den bitteren Gang von der 1. Bundesliga bis in die 3. Liga antreten. Es ist für die Absteiger keine leichte Aufgabe, denn zumeist ist der Abstieg mit einem größeren Umbruch im Kader verbunden. Daher glaube ich nicht, dass die Absteiger unbedingt die Liga dominieren werden.
WERDER.DE: Wie weit ist die Kaderplanung für die neue Spielzeit vorangeschritten?
Timm Dietrich: Die ist eigentlich abgeschlossen. Wir haben die Abgänge aufgefangen und den Kader sinnvoll ergänzt. Mit Emma Ruwe haben wir eine junge Spielmacherin aus der 1. Bundesliga verpflichtet, die sicherlich in die Fußstapfen von Denise Engelke treten kann. Im Tor wird mit Yasmin Friesen eine junge Torhüterin zu uns kommen, die zu den besten Torhüterinnen in der 3. Liga zählte. Hier dürfen wir gespannt sein, wie sie den Sprung in die 2. Liga meistern wird.
WERDER:DE: Die Kreisläuferposition haben wir mit Benita Zemke ergänzt.
Timm Dietrich: Genau, das wird dem Kader in der Breite sehr guttun, denn in der Rückrunde musste Alina Defayay, aufgrund des Ausfalls von Meike Becker, fast jedes Spiel über die volle Distanz bestreiten. Mit Mara Birk haben wir außerdem eine junge Spielerin, die Vanessa Plümer auf Rechtsaußen ersetzen wird. Wir könnten kurzfristig immer noch reagieren, wenn sich etwas ergeben sollte, aber ich sehe uns für die neue Saison sehr gut gerüstet mit dem Kader, den wir aktuell zusammen haben.
WERDER.DE: Werder hat als nur einer von zwei Zweitligisten und insgesamt nur acht Vereinen das Jugendzertifikat der HBF erhalten. Ist dies gleichbedeutend mit einer erfolgreichen Zukunft des Vereins?
Timm Dietrich: Das würde ich so direkt nicht sagen. Das Jugendzertifikat bedeutet, dass man Bereiche im Blick hat, die die Voraussetzungen für eine gute Jugendarbeit bilden. Aus diesen Voraussetzungen müssen wir nun etwas machen. Mit der Einstellung von Maximilian Gutzeit als hauptamtlicher Jugendkoordinator haben wir einen weiteren wichtigen Schritt gemacht. Und auch die erneute Qualifikation für die A-Jugend-Bundesliga ist ein Teil des Ganzen. In der abgelaufenen Saison haben wir immer wieder Spielerinnen an die 2. Bundesliga herangeführt, es wird aber voraussichtlich keine Jugendspielerin fest in den Bundesligakader der nächsten Saison aufrücken. Es muss allerdings das ganz klare Ziel in den nächsten Jahren sein, wieder Spielerinnen aus der Jugend in die 2. Bundesliga zu führen. Das Jugendzertifikat bescheinigt uns, dass wir die Voraussetzungen dafür geschaffen haben. Jetzt müssen wir schauen, wie wir die Jugendspielerinnen weiter voranbringen können. Im Umfeld scheint der Verein vieles richtigzumachen.
WERDER.DE: Gibt es dennoch Bereiche, die du gerne verbessern würdest?
Timm Dietrich: Wir machen an vielen Stellen schon Dinge richtig, daher gibt es auch nicht einen Themenbereich, den ich gerne verändern würde. Es sind vielmehr die kleinen Details, an denen jetzt gearbeitet werden muss. Zur neuen Saison werden wir die Trainingsumfänge etwas erhöhen und Vormittagseinheiten in die Halle verlegen. Im Zuge dessen müssen aber auch die Voraussetzungen im Athletiktraining und besonders die Betreuung im Bereich der Physiotherapie weiter ausgebaut werden. Ansonsten müssen wir auch im Umfeld schauen, was wir organisieren können, damit sich eine Spielerin für Werder Bremen entscheidet.