Vanessa, wie wurde bei dir die Leidenschaft für den Handball geweckt?
Meine Eltern waren beide sportlich aktiv, meine Mama hat Handball gespielt und mein Vater Fußball. Jedoch war es eine Schulfreundin, die mich in der ersten Klasse mit zum Handballtraining genommen hat, und dann bin ich dabeigeblieben.
Wann wurde dir bewusst, dass du vielleicht etwas mehr Talent hast als andere?
Ich bin mit zwölf Jahren nach Neubrandenburg aufs Sportinternat gekommen. Jemand hat damals gesagt, „das schafft sie eh nicht, die kommt wieder zurück", als sich das dann nicht bewahrheitet hat, habe ich schon gemerkt, dass wohl genug Talent und Ehrgeiz vorhanden ist. Wobei ich auch sagen muss, dass die erste Zeit sehr hart war das erste Mal weg von zu Hause zu sein, ich hatte viel Heimweh.
Hattest du da bereits das Ziel, es in die Bundesliga zu schaffen?
Mir war zumindest klar, dass ich nicht auf die Sportschule zu gehen brauche, wenn ich nicht das Ziel habe, das Optimum zu erreichen. Als ich dann nach Frankfurt/Oder gegangen bin, wurden die Ziele natürlich konkreter. Wie wichtig sind dabei der Rückhalt und das Verständnis der Familie? Das ist sehr wichtig. Diesen Rückhalt spüre ich immer noch. Es ist leider so, dass ich an vielen Feierlichkeiten meiner Familie nicht teilnehmen konnte. Es ist schwer zu sagen, wie viele Geburtstage ich schon verpasst habe, aber trotzdem versuche ich, so oft es geht bei meiner Familie zu sein.
Und das Alles für ein Hobby. Denn reich und ein wirklicher Profi wird man im Frauenhandball nicht.
Ja, man macht es aus Leidenschaft. Seit der Frauen-Europameisterschaft im Fußball wird viel über ‚Equal Pay‘ gesprochen. Wichtiger wäre es aber, Strukturen zu schaffen, dass alle, die Leistungssport betreiben, davon auch leben können und man sich zu einhundert Prozent auf den Sport konzentrieren kann, wenn man das denn möchte. Ich persönlich finde es gut, wenn man sich nebenbei ein berufliches Standbein aufbaut, aber es ist halt so, dass der Sport immer im Vordergrund steht. Ich mache ein Lehramtsstudium und weiß selbst, wie schwer es ist, beides unter einen Hut zu bekommen.
Du warst drei Jahre bei der HSG Bad Wildungen in der 1. Bundesliga, hattest aber wenige Spielanteile. Kommt da auch mal die Frage auf, ‚Warum mache ich das eigentlich alles?
Ja, die Frage stellt man sich manchmal schon. Ich bin mit einer Schulterverletzung nach Bad Wildungen gekommen und hatte dadurch einen schwierigen Start. Ich habe natürlich viel gelernt und mich spielerisch und athletisch gut entwickelt. Mir fehlten aber die Spielanteile und da kam dann nach drei Jahren schon die Frage, ob es das wirklich wert ist oder ich mich besser auf mein Studium konzentrieren soll. Durch ein Doppelspielrecht mit der SG 09 Kirchhof, konnte ich wieder neue Energie schöpfen und verwarf meine Zweifel.
Was hat dich dann von Werder überzeugt, um doch weiterhin Leistungshandball zu spielen?
Ich habe mich viel mit Alina Otto ausgetauscht, mit der ich bereits in Bad Wildungen zusammengespielt habe. Die Nähe zu meiner Familie, zu der ich jetzt nur noch die Hälfte der Fahrzeit habe, spielte auch eine Rolle und im Gespräch mit Robert Nijdam wurde mir dann schnell klar, dass ich nach Bremen möchte. Bei Werder gibt es sehr gute Strukturen und viel Potenzial. Außerdem hat der Name „Werder Bremen“ schon eine gewisse Strahlkraft, gerade für mich als Fußball-Fan. Man merkt schon, dass die ganze Stadt hinter dem Verein steht, wenn wir das jetzt noch auf den Handball übertragen können, wäre das natürlich schön (lacht). Ich habe mich mit meinem Freund mittlerweile sehr gut in Bremen eingelebt und es war der richtige Schritt.
Wie wurdest du in die Mannschaft aufgenommen?
Wir haben eine homogene Truppe und einen offenen Umgang miteinander, das gefällt mir sehr gut. Ich konnte mich gut integrieren und meine Leistung abrufen, nun müssen nur noch die ersten Punkte her.
Mit Elaine Rode spielt eine weitere Spielerin auf Rechtsaußen, welche auch schon Erfahrung in der 1. Liga sammeln konnte. Sieht man sich eher als Team oder Konkurrentinnen?
Immer als Team. Natürlich ist eine gewisse Konkurrenz vorhanden, denn wir beide wollen natürlich spielen, aber wir helfen uns gegenseitig. Leni hat mir zum Start einige Tipps gegeben. Das harmonisiert schon ganz gut zwischen uns.
Wenn du zurückblickst, würdest du es alles wieder genauso machen?
Wahrscheinlich nicht, ich glaube ich würde nicht direkt den Schritt von der dritten Liga in die erste Liga machen. Ich würde den Zwischenschritt über die zweite Liga gehen. Die zweite Liga kann ein sehr gutes Sprungbrett für junge Spielerinnen sein, auch dort sammelt man seine Erfahrungen und entwickelt sich spielerisch weiter, der Druck ist aber ein anderer als in der ersten Liga.