WERDER.DE: Auf der Position des Cheftrainers gab es mehrere personelle Wechsel. Wieso waren die notwendig?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Wir mussten bei dieser – wie bereits erwähnt – neugeschaffenen Funktion zunächst einmal feststellen, dass die Anforderungen beidseitig andere sind, als bei einem ehrenamtlichen Trainer. Hier haben wir bei der exponierten Bedeutung dieses Postens und damit verbundenen Faktoren wie vertraglicher Stabilität einen Lernprozess durchgemacht. Zugleich möchte ich festhalten, dass wir jeweils Situationen hatten, bei denen wir einvernehmlich der Meinung waren, reagieren zu müssen – unabhängig von der Frage der Haupt- ober Nebenamtlichkeit.“
WERDER.DE: Die Mannschaft geht mit vielen Neuzugängen in die Saison. Was wünschen Sie dem Team für die Jubiläumssaison?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Das Gesicht der Mannschaft ist in der Tat ein neues. Viele verdiente Spielerinnen haben sich mit dem Klassenerhalt verabschiedet und können stolz auf ihre Zeit bei Werder zurückblicken. Ihnen möchte ich für ihren Einsatz danken. Wir haben jetzt eine gute Mischung aus jungen, hungrigen und einigen erfahrenen Spielerinnen. Dem Team wünsche ich deshalb als allererstes, dass sie sich persönlich und sportlich finden und zu einer Einheit zusammenwachsen. Alles Weitere wird sich finden.“
WERDER.DE: Die Abteilung setzt im Leistungsbereich auf viele junge Eigengewächse. Wie bewerten Sie diese Ausrichtung?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Das ist ein grundsätzlich bewährtes Konzept, das als Teil des Werder-Weges zum Beispiel im Fußball zwischen WERDER Leistungszentrum und Bundesligamannschaft oder im Frauenfußball erfolgreich angewandt wird. Ich kann diese Ausrichtung nur begrüßen. Der Mädchenhandball wird in dieser Abteilung vorbildlich gefördert und ist ein Aushängeschild für die Region. Die A-Jugend hat sich für die Juniorinnen-Bundesliga qualifiziert. Das ist ein sportlicher Meilenstein. So können wir Talente entwickeln, die den Sprung in unsere Zweitligamannschaft schaffen.“
WERDER.DE: Die Heimspiele sind für Sie weit mehr als Pflichtbesuche. Was begeistert Sie?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Neben meiner Verantwortung als Geschäftsführer für diesen Bereich habe ich einfach einen unglaublichen Respekt vor der persönlichen Leistung der Spielerinnen und Trainer, die das nebenamtlich machen. Mich beeindruckt der Einsatz und das Herzblut, sich die Wochenenden neben Beruf oder Studium mit langen Busfahrten zu Auswärtsspielen in Süddeutschland um die Ohren zu schlagen. Dieses Engagement gilt es zu honorieren. Natürlich herrscht in der Halle immer wieder eine mitreißende Atmosphäre – wenngleich mir bei manchen auswärtigen Trommlern manchmal schon die Ohren klingeln (lacht).“
WERDER.DE: Warum unterstützt Werder als Gesamtverein überhaupt Sportarten wie Handball, Tischtennis oder Frauenfußball im Leistungsbereich?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Zum einen ist es Teil unserer Werder-Philosophie, dass der Verein mehr als Fußball-Bundesliga zu bieten hat und die traditionell im Klub verankerten Sportarten wie Handball unterstützt. Zum anderen wurden die Leistungsteams 2003 bewusst in der Kapitalgesellschaft angesiedelt, um eine angemessene Quersubventionierung zu ermöglichen und Schach, Tischtennis sowie Damenhandball auf einem semi-professionellen bis professionellen Level betreiben zu können.“
WERDER.DE: Blicken wir zum Abschluss in die Zukunft. Wo sehen Sie die Mannschaft in den nächsten Jahren? Welche Rolle kommt der Handballabteilung mit ihrem Aushängeschild Bundesliga-Frauen zu?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Die Handballabteilung hat sich professionalisiert und wird sich in den nächsten Jahren zunehmend breiter aufstellen müssen, um die hohen Anforderungen, die durch die 2. Bundesliga, Jugend-Bundesliga und Oberliga gestellt werden, erfüllen zu können. Wichtig wird es sein, mittelfristig einen soliden und rundum gesunden Unterbau zu gestalten, der einen Weg in das Zweitligateam ebnet. Gleichzeitig wollen wir uns so weit stabilisieren, dass wir zu den Vereinen gehören, die sich nicht jedes Jahr Sorgen machen müssen, ob sie auch im nächsten Jahr in der Liga spielen.“
WERDER.DE: Sind der Mannschaft Grenzen in ihrer Weiterentwicklung gesetzt?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Es ist wichtig, die richtige Balance finden. Objektiv betrachtet haben wir mit Damenhandball, Frauenfußball, Schach und Tischtennis vier Mannschaften, die zu einem überwiegend großen Teil von den Einnahmen der Bundesliga-Fußballer finanziert werden. Diese Bereiche müssen wirtschaftlich tragbar bleiben. Von einer einmaligen Finanzspritze – beispielsweise für einen erzwungenen Erstligaaufstieg – zu fantasieren, wäre wenig zielführend. Wir versuchen die Weiterentwicklung so seriös und nachhaltig zu etablieren, dass ein Fortbestehen auch in Zeiten fehlenden Erfolgs in der Fußball-Bundesliga gesichert ist und wir keine unpopulären Entscheidungen treffen müssen.“