Um sich auf ihre Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen zu konzentrieren, ging es für sie handballerisch zunächst in der Oberliga weiter, wo sie erst in Arsten und dann in Habenhausen das Tor hütete: „Mir war aber eigentlich schon immer klar, dass ich einmal in die USA möchte, um dort für eine Zeit zu leben.“ Und so kam es dann auch, dass Newbern nach ihrer Ausbildung 2016 den Schritt über den Atlantik wagte. Doch auf Handball wollte sie auch in den USA nicht verzichten: „Ich wollte eine Zeit lang zu meiner Großmutter nach Chicago gehen und hatte Kontakt zum dortigen Handballtrainer gesucht. Der fragte aber gleich, ob ich die US-Staatsbürgerschaft hätte und vermittelte mich nach Auburn/Alabama. Denn dort hat der Handballverband der USA ein nationales Programm um die Nationalmannschaft zu fördern.“
So startete der neue Lebensabschnitt also nicht in der Millionenstadt Chicago, sondern im mit gut 53.000 Einwohnern eher beschaulichen Auburn. Newbern kam zunächst bei einer Mitspielerin unter und nahm das Training auf, doch dann begann das Zittern. „Ich musste auf meine Steuernummer warten, denn ohne Steuernummer konnte ich nicht arbeiten. Mir liefen Zeit und Geld davon, hätte es nur zwei Wochen länger gedauert mit der Steuernummer, so hätte ich den Aufenthalt in den USA abbrechen müssen“, blickt sie zurück. Es klappte und so startete die Karriere in der Nationalmannschaft. „Es war spannend zu sehen, wie der Handball in den USA funktioniert. Es gibt insgesamt nur acht Frauenmannschaften in den gesamten Vereinigten Staaten, die regelmäßig trainieren, an einen Ligabetrieb ist gar nicht zu denken, auch nicht bei den Männern, bei denen es rund 40 Mannschaften gibt. Man trifft sich zu Freundschaftsspielen und veranstaltet Turniere und die besten Spielerinnen versucht man halt in Auburn zusammenzuziehen. Für mich war das eine tolle Erfahrung und ich bin glaube ich die einzige Doppelstaatlerin die das Programm in Auburn absolviert hat.“
Mit dem US-Team folgten die ersten Turniere. „2017 haben wir uns für die Panamerikameisterschaft in Buenos Aires qualifiziert, das war das erste große Turnier, dass ich mit dem Team bestritten haben.“ Es folgten für das US-Team Einladungen nach Korea und Frankreich. „Als wir 2017 in Frankreich waren, fragte mich mein Trainer, ob ich mir vorstellen könnte, in Frankreich zu bleiben.“ Bryana Newbern blieb. 2018 sicherte sie sich mit Aulnay Hadball, einem Verein aus der Nähe von Paris die Meisterschaft in der 4. Liga und verabschiedete sich wieder nach Deutschland und hütete in der Saison 2018/2019 das Tor für den TV Oyten in der 3. Liga.
Es zeigte sich aber, dass die Herausforderung in der 3. Liga sich aktuell nicht mit ihrem Studium für angewandte Freizeitwissenschaften verbinden lassen. „Das Pendeln von Bremen nach Oyten und die langen Auswärtsfahrten passen aktuell einfach nicht“, sagt Bryana und so kam es zum Wechsel in die Oberligamannschaft des SV Werder. Das Team ist für Bryana aber kein klassischer Oberligist: „Viele Spielerinnen wollen den Sprung in die erste Mannschaft schaffen, es ist ein junges und sehr talentiertes Team mit einer tollen Perspektive.“
Vor dem Saisonstart erlebte die Neu-Werderanerin allerdings die aufregendsten Wochen ihres Lebens. Zunächst ging es bei der Nordamerikameisterschaft in Mexiko-City um die WM-Qualifikation. „In Mexiko hat leider nicht alles geklappt. Nach einem Unentschieden zum Auftakt gegen Grönland und einem klaren Sieg gegen Kanada verloren wir gegen Kuba mit 21:27 und verpassten das Halbfinale um ein Tor aufgrund der Tordifferenz. Am Ende hat sich Kuba für die Weltmeisterschaft qualifiziert“, schaut Newbern auf das Turnier in Mexiko zurück. Das bislang größte Turnier ihrer Karriere ist erst vor kurzem zu Ende gegangen, die Panamerikaspiele in Lima/Peru. „Das war der Wahnsinn, gut 6.500 Teilnehmer aus ganz Panamerika waren dabei, mit einer riesigen Eröffnungsfeier. Es erinnerte ein wenig an die olympischen Spiele.“
Auch sportlich lief es nicht schlecht für das Team der USA: „Wir haben die bisher beste Platzierung bei den Panamerikanischen Spielen für die USA geholt. Trotzdem schmerzt der 4. Platz ein wenig. Wir waren sehr nah dran an einer Medaille, das Spiel um Bronze verlieren wir mit einem Tor gegen Kuba.“ Trotzdem könnte dieses Ergebnis ein ganz wichtiger Schritt in der Zukunft des Frauenhandballs in den USA sein, denn bislang wurde vor allem der Männerhandball in den USA gefördert und mit Robert Hedin ein erfahrener Trainer für das Team verpflichtet. Hedin spielte in der Bundesliga unter anderem für GWD Minden und den TuS Nettelstedt-Lübbecke, holte olympisches Silber und wurde Europameister. Als Trainer war er unter anderem in Deutschland und Dänemark aktiv und Coach der norwegischen Nationalmannschaft. „So ein Trainer kann natürlich viel bewegen. Ich hoffe, dass auch das Frauenteam davon profitieren wird. 2028 finden die olympischen Spiele in Los Angeles statt, bis dahin möchte der Verband konkurrenzfähige Mannschaften stellen. Ich hoffe natürlich, dass wir uns vorab für ein großes Turnier qualifizieren können“, schaut die 25-Jährige in die Zukunft.
Ob sie 2028 dann noch dabei sein wird, wird sich zeigen: „Natürlich wäre es toll, aber gerade auf der Torhüterposition sind wir stark besetzt und ich muss schauen, was die Zukunft bringt.“ Sie hofft, dass sich weitere Talente, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen, in Europa finden. „Die Spielerinnen müssen auf hohem Niveau spielen und trainieren, damit wir uns weiterentwickeln können. Es wäre toll, wenn sich Kooperationen mit Vereinen ergeben, bei denen sich die Talente beweisen können und gefördert werden.“ Newberns Gegenwart heißt nun erst einmal Werder Bremen. Aktuell läuft die Vorbereitung auf die neue Spielzeit in der Oberliga Nordsee. „Eine Vorbereitung muss ich nach den letzten fünf Wochen, in denen es nur um Handball ging, eigentlich nicht mehr absolvieren“, schmunzelt Newbern.