Über ‚Heidi‘, Handball und Heimat

Merle Heidergott zählt auch in dieser Saison zu den Leistungsträgerinnen beim SV Werder (Foto: Hansepixx)
2. Handball-Bundesliga
Montag, 09.10.2017 / 09:53 Uhr

Martin Lange/WERDER MAGAZIN Nr. 333

Werders Handballerin Merle Heidergott schaffte in der vergangenen Saison bei der Wahl zur besten Spielerin der 2. Bundesliga den Sprung auf Platz drei. Es war der Lohn für die tolle Entwicklung in den zurückliegenden zwei Jahren.Der Handball wurde Merle Heidergott im wahrsten Sinne des Wortes in die Wiege gelegt. Oder zumindest in den Kinderwagen... „Meine Mutter hat mich schon im Kinderwagen mit in die Halle genommen“, weiß die 22-Jährige. Mena Heidergott trainierte damals mehrere Teams bei Concordia Ihrhove. Tochter Merle ist also eine echte Ostfriesin. Und dass sie noch immer „Wir“ sagt, wenn es um ihren Stammverein geht, ist nur ein Beleg für die starke Verbundenheit zu ihrer Heimat. 

Kein Wunder, dass die kleine Merle schon im Alter von vier Jahren mit dem Handball begann und Mutter Mena ihre erste Trainerin war. Doch der Handball blieb nicht die einzige Sportart. Fußball, Leichtathletik, Tischtennis, Badminton – die Sportbegeisterung der Werderanerin war schon damals riesengroß. Während die Rückschlagspiele dabei nur kurze Episoden des Ausprobierens waren, hielt es Merle Heidergott beim Fußball und bei der Leichtathletik eine längere Zeit. „Irgendwann waren dann nur noch Handball und Fußball übrig, und ich musste mich entscheiden“, erinnert sie sich. Den Zuschlag bekam der Handball, „weil ich das körperbetonte Spiel liebe und Handball einfach noch intensiver ist als Fußball“.

Ein Grund für die Entscheidung war sicher auch, dass Merle Heidergott von Beginn an bewies, welch außergewöhnliches Talent sie für den Handball mitbringt. Deutlich stach sie schon früh aus ihren jeweiligen Mannschaften heraus und sprühte dabei bereits als Kind vor Ehrgeiz. Auch wenn das manchmal nach hinten losging... Es war in der E- oder D-Jugend („Genau weiß ich das gar nicht mehr“), als sie mit ihrer Mannschaft an einem Feldhandball-Turnier teilnahm. Merle Heidergott war Mit- und Gegenspielerinnen so überlegen, dass sie beim Anstoß des Gegners stets schon den Ball abfing und dann Richtung Tor marschierte, um den Ball zu versenken. Dabei war sie so in ihrem Element, dass sie auch nach der Pause des Spiels direkt weitermachte. „Ich hatte allerdings nicht daran gedacht, dass es einen Seitenwechsel gegeben hatte“, schmunzelt sie. Also knüpfte die kleine Torjägerin nahtlos da an, wo sie am Ende der ersten Halbzeit aufgehört hatte und marschierte wieder aufs selbe Tor. „Ich werde nie vergessen, wie unsere Torhüterin noch meinen Namen gerufen hat, aber da war es schon zu spät ...“. Der Ball landete wie immer sicher im Netz. Dass es das falsche war, wurde Merle Heidergott erst danach bewusst. Weitere Treffer auf der richtigen Seite folgten. „Am Ende haben wir 27:1 gewonnen“, lacht die junge Handballerin.

Wäre ein Scout eines Bundesligisten Zeuge dieses ungewöhnlichen Spiels geworden, dann hätte er Merle Heidergott vielleicht schon damals als Kind verpflichtet, um der Konkurrenz zuvorzukommen. Doch es dauerte noch einige Jahre. Mit 15 spielte sie in der Auswahl Niedersachsens und nahm mit dem Team am Länderpokal teil. „Danach bekam ich Anfragen von drei Bundesligisten. Und ich musste mich entscheiden, ob ich Handball als Leistungssport betreiben oder weiter bei Concordia Ihrhove spielen wollte.“

Zu den Clubs, die Merle Heidergott umwarben, gehörte auch der VfL Oldenburg. Dort damals in verantwortlicher Position: Patrice Giron, nach zwei Jahren als Trainer bei Werder heute Koordinator Leistungssport der Grün-Weißen. „Er hat meine Eltern und mich überzeugt, den Sprung zum VfL zu wagen“, verrät Heidergott. Zur Überzeugung aber ebenfalls notwendig: die weiterhin gegebene Nähe zur Heimat und zur Familie. „Trotzdem hatte ich im ersten Jahr in Oldenburg fast jeden Tag Heimweh“, erinnert sie sich. „Und ich musste mich außerdem erst an das Trainingspensum gewöhnen.“ Doch die Eltern standen ihr zur Seite und halfen ihr über diese schwierige Zeit hinweg. Merle Heidergott ging beim VfL Oldenburg ihren Weg und erfüllte sich tatsächlich den Traum von Einsätzen in der Bundesliga. „Ich habe dann aber gemerkt, dass ich nicht dauerhaft so viele Spielanteile bekomme, dass ich mich noch weiterentwickeln kann“, erzählt die Rückraumspielerin. Einsätze in der zweiten Mannschaft in der 3. Liga waren für eine Weiterentwicklung auch zu wenig. Da passte es gut, dass der SV Werder 2015 den Sprung in die 2. Bundesliga schaffte und eine echte Alternative bot. Merle Heidergott entschied sich für einen Wechsel und hat diesen nie bereut, denn unter Trainer Patrice Giron entwickelte sie sich kontinuierlich weiter. Dass sie bei der Kür der besten Spielerin der 2. Bundesliga, von den Trainer(inne)n und Spielführerinnen der Clubs gewählt, auf Platz 3 landete, war folgerichtig. „Eine Riesenanerkennung“, sagt Merle Heidergott. „Besonders gefreut hat mich, dass nicht einfach die ersten Drei der Torschützenliste gewählt wurden, sondern dass auch auf andere Qualitäten Wert gelegt wurde.“

Klar, dass die Anfragen anderer Clubs durch Heidergotts starke Leistungen nicht weniger wurden. Auch der VfL wollte sie im Sommer zurück nach Oldenburg locken. „Ich habe mir das angehört und mich dann ganz bewusst weiter für Werder entschieden“, so die 22-Jährige. „Hier fühle ich mich richtig wohl, und nur dann kann ich auch meine Leistung bringen. Außerdem spiele ich hier nicht mit irgendjemandem zusammen, sondern mit vielen Freundinnen.“ Und auch die sportlichen Ambitionen des Teams und des Vereins passen zu Merle Heidergotts Zielen: „Wir wollen in dieser Saison nicht wieder gegen den Abstieg kämpfen“, gibt sie vor. „Ich wünsche mir, dass die Endphase der Saison dieses Mal etwas ruhiger wird und wir im Mittelfeld der Tabelle landen. Und dann werden wir sehen, wie wir uns in den kommenden Jahren weiterentwickeln können.“

Die Aussichten dafür sind nicht schlecht. Zuletzt haben weitere Talente den Weg zu Werder gefunden. Merle Heidergott findet das gut, auch wenn sie mit ihren 22 Jahren beim Fußballspiel ‚Jung gegen Alt‘ zuletzt doch glatt im ‚Team Alt‘ gelandet war. „Da habe ich mich ganz schön erschrocken“, schmunzelt sie. „Aber es ist toll mit den jungen Spielerinnen. Sie bringen frischen Wind und sind für die älteren Ansporn, nicht nachzulassen und auch weiter dazuzulernen.“

Stichwort ‚Lernen‘: Seit einigen Monaten ist Merle Heidergott Auszubildende zur Groß- und Außenhandelskauffrau bei der Team Merch GmbH in Stuhr. Und diese Aufgabe macht ihr „sehr viel Spaß“. Ein kleines Team, sportaffine Kollegen. „Alles Mannschaftssportler, da hat man auch außerhalb der Arbeit immer ein Thema“, verrät sie. Besonders der Kontakt zu den Kunden gefalle ihr und mache die Aufgabe abwechslungsreich. Dass sie sich erfolgreich um diesen Ausbildungsplatz bewarb, verwundert nicht, wirbt das Unternehmen doch mit dem Slogan: ‚Merchandising mit Sprungkraft‘ ...

Wer sehen möchte, wie Merle Heidergott diese Sprungkraft Woche für Woche bei ihrem geliebten Handballsport unter Beweis stellt, dem sei der Besuch eines Heimspiels der Zweitliga-Mannschaft in der Klaus-Dieter-Fischer-Halle ans Herz gelegt. Die nächste Möglichkeit dazu bietet das Duell mit dem Meisterschaftsfavoriten SV Union Halle-Neustadt am Samstag, 21. Oktober 2017, um 19.30 Uhr.

Merle Heidergott, von den Mitspielerinnen nur ‚Heidi‘ genannt, wird dann auf dem Spielfeld stehen, auch wenn der ungeübte Zuschauer meinen könnte, sie säße auf der Tribüne. Auch dort findet man einige (Fan-)Trikots mit dem Schriftzug ‚Heidergott‘. Denn die Unterstützung und die Begeisterung ihrer Familie sind nach wie vor riesengroß: Nicht nur ihre Eltern reisen jedes Mal aus der ostfriesischen Heimat an, auch drei ihrer insgesamt vier Geschwister – samt ‚Anhang‘ – sind immer mit dabei. „Nur meine Schwester, die in Köln wohnt, kann nicht so oft bei den Spielen sein“, bedauert die Werder-Spielerin.

Wer die Heidergotts kennt, der ahnt, dass es zu dieser Familienzusammenführung auch bei noch größerer Entfernung und damit beschwerlicherer Anreise kommen würde. „Aber ich bin schon sehr glücklich, dass ich Handball auf hohem Niveau so nahe bei meiner Familie spielen kann“, gesteht Merle Heidergott. Ein Vereinswechsel sei zwar nicht ausgeschlossen, aber „es müsste sehr überzeugende Argumente dafür geben“. Und: „Ich denke nicht daran, was vielleicht noch kommen kann. Ich möchte verletzungsfrei bleiben und mit der Mannschaft eine erfolgreiche Saison spielen.“

 

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