Was seid ihr von Beruf?

Dieses Thema im Forum "Off Topic" wurde erstellt von ostfriesland_1, 28. Juni 2008.

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  1. opalo

    opalo

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    @Nicole
    Das habe ich auch nie verstanden - und verstehe es bis heute nicht. Denn das Problem besteht ja immer noch, es wird nur mittlerweile viel seltener darüber berichtet. Genauso wenig verstehe ich, dass Flüchtlinge, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben und eine dauerhafte Anstellung bekommen könnten und diese Chance wahrnehmen wollen, immer noch abgeschoben werden können. Freunde von mir haben sich in so einem Fall bis einschließlich Petition beim Landtag engagiert, bis es mit der Aufenthaltserlaubnis endlich geklappt hat - übrigens für jemanden, der in der Pflege arbeitet (war da nicht was, mit ist gesucht und so weiter..?). Da fällt mir wirklich nichts zu ein außer der hier.... :wall:

    Das verstehe ich zu einem gewissen Grad tatsächlich, auch wenn es auf den ersten Blick komisch aussieht. Es dürfte daran liegen, dass das Niveau eines Hauptschul- oder einfachen Realschulabschlusses oft so mies ist, dass das auszubildende Unternehmen damit die Hoffnung hegt, dass die Azubis wenigstens einigermaßen fehlerfrei schreiben können bzw. wenigstens die Grundrechenarten beherrschen. Der Chef einer Tischlerei in meinem Heimatort, die weit überwiegend komplexe Aufträge für Inneneinrichtungen nach Maß übernimmt (z. B. für Luxuswohnungen oder auch Yachten) hat es jedes Jahr schwerer, geeignete Auszubildende zu finden, die auch nur im Ansatz rechnen können. Und bei allem handwerklichen Geschick - und Interesse - gehört das eben auch dazu....
     
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  2. :tnx::tnx::tnx::tnx:
    Wer bleiben will und alles dafür, darf nicht und umgekehrt - so wirkt es jedenfalls oft.


    Ich war während meiner Ausbildung einer von wenigen ohne Abi - und das für einen kaufmännischen Beruf.
    Das merkte man aber auch, die anderen dachten alle viel zu kompliziert :lol: :facepalm:
    Einfache Dreisätze waren für die Jungs und Mädels vom Gymnasium schlicht zu komplex...

    Verstehe ich aber auch nicht, wieso sich das derart verschoben hat.
    Früher waren Haupt + Realschule für Handwerk und Kaufmann und Abi für alles "höhere".
    Hatte super geklappt, heute wirds für Leute mit Hauptschulabschluss verdammt schwer, überhaupt Stellen zu finden, trauen sich viele sicher nicht mal sich zu bewerben, wenn die Unternehmen eben Abi oder Realschule voraussetzen.
     
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  3. Das wird sich ändern und ändert sich auch schon. Gute Handwerker, gerade "Nachwuchs" wird dringend gesucht. Die noch verbliebenen Handwerker verdienen auch wieder richtig, und können den jungen Leute auch wieder gutes Geld bieten. Dazu haben die jungen Leute nach ihrer Meisterprüfung auch die Chance sich selbstständig zu machen und das nicht nur in Deutschland.

    Dazu wird es für manch "Überstudierten" eng, den in Zeiten von Digitalisierung und mangelnder beruflicher Wertschöpfung werden diese es schwer haben auf dem Arbeitsmarkt.
     
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  4. Nicole

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    @opalo Top Aktion Deiner Freunde! Das Paradebeispiel für Versagen der Politik iVm Rettung in letzter Sekunde, damit die Vernunft doch noch gewinnt. Leider gewinnt zu oft das Versagen.

    Zum zweiten Absatz: da kann ich Dir nur bedingt folgen. Klar, es gibt solche und solche Betriebe, daher bedingt. Doch grundsätzlich sehe ich den Hauptschulabschluss fürs normale Handwerk passend. Als Friseur, Gärtner, Schlosser, Maler usw. sehe ich keine Notwendigkeit darin einen Realschulabschluss vorauszusetzen. Und vieles lernt man ja auch erst in der Ausbildung. Und dann ergeben sogar Sachen Sinn, die man zur Schulzeit nicht konnte.
     
  5. opalo

    opalo

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    Das Niveau hat sich meiner Meinung nach insgesamt verschoben - und zwar nach unten. Heute schaffen Leute ein Abitur, die es vor 20 Jahren vermutlich nicht geschafft hätten. Ich bekomme nach wie vor jedes Jahr von meinem Gymnasium einen Jahresrückblick. Dort sind unter anderem die besten Abiturienten genannt. Bei mir im Jahrgang gab es kein 1,0, und nur wenige hatten ein Abi mit besser als 2,0. Jetzt gibt es jedes Jahr mehrere 1,0er Abis und dazu noch viel mehr AbsolventInnen mit einem Schnitt besser als 2,0. Dass die alle so viel klüger sind als mein Jahrgang es damals war, wage ich zu bezweifeln.... ;) Ähnliches berichtet eine Studienfreundin von mir, die an der Uni, an der wir waren, seit unserem Abschluss unterrichtet. Sinngemäß ist ihre Aussage, dass sie, wenn sie das Niveau ansetzen würde, das von uns seinerzeit erwartet wurde, einen erheblichen Anteil an Studierenden hätte, die abgehängt wären.
     
  6. WeizenOlli

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    Als ich vor einigen Jahren von der Hauptschule zur Realschule gewechselt bin, hatte ich mich auf einen deutlichen Leistungsunterschied eingestellt. Fehlanzeige. 20% pro Klasse haben Realschulniveau. Die restlichen 80% wären leistungsmäßig an meiner Hauptschule nicht positiv aufgefallen.
    Und die 20% Realschüler, die dann für die klassischen Ausbildungsberufe geeignet wären, machen dann lieber Abi, statt bombastischer Ausbildungsangebote, beispielsweise in der Finanzverwaltung.
     
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  7. opalo

    opalo

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    Mathe brauchst Du z. B. als Maler auch, wenn Du einen Raum vermisst, um zu ermitteln, wie viel Material gebraucht wird. Und von dem Dekorateur-Azubi hier bei mir letztes Jahr, dem es nicht gelang, anzuzeichnen, wo für die Gardinenstange gebohrt werden soll, spreche ich mal besser nicht... :D Ich weiß nicht, welches Lehrjahr es war, aber es war amüsant... Mir war es wurscht, dass sehr lange gearbeitet wurde, weil ich einen Festpreis bezahlt habe, aber etwas Mitleid mit dem Ausbilder hatte ich schon.... ;) Von daher, wie gesagt, kann ich den generellen Ansatz bei der Azubi-Suche verstehen. Andererseits könnte ein Betrieb, wenn er Schwierigkeiten hat, jemanden zu finden, es mit Praktikum zuerst und Ausbildungsplatz danach bei erfolgreichem Praktikum versuchen, anstatt jemanden direkt abzulehnen, weil er den falschen Schulabschluss hat.
     
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  8. Lübecker

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    Unsere damalige Lehrerin hat auf einem Klassentreffen, was auch auch schon etwas länger (>20J) zurückliegt, selbiges festgestellt. Sie war seinerzeit in den Abiprüfungen verhaftet und konnte sich wohl deshalb ein gutes Bild machen. Von daher passt deine Einschätzung eines sinkenden Niveaus in die Reihe. Meine Frau war in der Grundlagenentwicklung beschäftigt, auch dort klagte man in entsprechender Weise.
    Wie soll man die Entwicklung werten? Keine Ahnung....
     
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  9. Das können selbst "alte Hasen" oftmals nicht...
    Als wir hier eingezogen sind, haben wir hier die Fa. Hammer da gehabt zum Aufmaß und Kostenvorschlag für Teppichboden in allen Räumen und Küchenboden.
    Als wir dann die m² Angabe gelesen haben, mussten wir erstmal lachen. Und als wir die Zeichnung unserer Wohnung sahen :facepalm::facepalm::facepalm: :lol::lol::lol:

    Wir hatten demnach 1,5 Zimmer und 24m² mehr und eines davon nur in unserem Stockwerk außen zwischen Küche und Esszimmer angebaut :wall:

    Selbst als noch mal nachgeprüft wurde, wurde uns das so als richtig "bestätigt".

    Daraufhin waren wir dann eben woanders und zufrieden.
     
  10. Nicole

    Nicole

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    Die Idee mit dem Praktikum @opalo ist sowieso sinnvoll. Als Betriebsinhaber würde ich es ausschließlich so machen.

    Hauptschüler beherrschen im Normalfall die Grundrechenarten, was ja schon mal gut ist. Und damit kann man erstmal arbeiten. Extreme gibt es auch hier, da sind Hopfen und Malz verloren.

    Ich kenne jemanden, der hatte einen saumäßig schlechten Hauptschulabschluss. Er machte sein BGJ, was ihm gegenüber der Hauptschule Spaß machte. Danach folgten Ausbildung zum Elektro-Irgendetwas, dann Kesselwärter, anschließend Kraftwerker. Ein Gehalt, das ich gerne haben würde…
     
  11. Man darf nicht außer acht lassen das sich auch die Berufe und die Anforderungen in den Berufen geändert haben. Die Anforderungen sind heute höher und viel komplexer. Das Niveau eines Hauprschulabschlusses ist aber gefühlt eher gesunken.
     
  12. opalo

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    :lol::lol::lol::facepalm:
     
  13. Bremen

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    Den Eindruck habe ich auch. Was ich allerdings noch viel erschreckender finde, dass in den Schulen auf die Basics Rechtschreibung und Kopfrechnen immer weniger Wert gelegen wird.

    Besonders fällt mir das bei jährlichen Inventuren auf, wenn ich mit Kolleg*innen im Alter von ca. 20-30 Jahren ein Zählteam bilde. Die schaffen es nur mit Mühe, von einer Palette einen meistens einstelligen Kartoninhalt, mit ca. 15 Karton pro Lage sowie der Anzahl der Lagen im Kopf zu multiplizieren. Anfangs dachte dich, dass dies nur mein subjektives Empfinden gewesen sei, bis ich bei einer Inventur mit einem Kollegen in meiner Altersgruppe ein Zählteam bildete, der sich erleichtert darüber äußerte, dass wir ein Team sind "...denn bis das junge Gemüse die Zahlen in ihre I-Phones eingetippt hat, haben wir beide die Anzahl schon im Kopf ausgerechnet"
     
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  14. Bremen

    Bremen Moderator

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    Richtig. Aber das, was ich vorhin über die vernachlässigten Basics in der Schulbildung geschrieben habe, findet leider auch in der Berufsausbildung eine Fortsetzung. Ein Freund von mir ist Inhaber einer Werkstatt für historische Fahrzeuge, d.h. dort wird in erster Linie noch repariert und nicht primär Teile getauscht. Aber etwas zu reparieren, lernen die teiletauschenden KFZ-Mechatroniker heutzutage kaum noch, so dass mein Freund mir schon vor Jahren erzählte, dass wenn er Bewerber zum Probearbeiten bei sich hat, die meisten von ihnen nicht einmal mehr in der Lage sind, bei einer Lichtmaschine die Kohlen auszuwechseln.
     
  15. opalo

    opalo

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    Das spiegelt aber die lange gewachsene generelle Haltung wider, bei Herstellern und Verbrauchern. Reparatur ist bei vielen Teilen nicht oder nicht wirtschaftlich möglich, und ein Neukauf ist ggf. einfacher als zu recherchieren, wer das Teil qualifiziert reparieren kann... Für meine Spülmschine habe ich über ein Forum vor ein paar Jahren noch einen Tüftler gefunden, weil ich sie reparieren lassen wollte und vom Kundendienst telefonisch die Info kam, bei dem Alter lohne es sich doch nicht mehr. Defekt war nur eine kleine Lötstelle... Aber solche Leute gibt's kaum noch. So ein bisschen habe ich allerdings das Gefühl, das kehrt sich wieder um, weil Nachhaltigkeit vielen Leuten wichtiger wird. Aber bis das dann wieder einen Weg in einen Ausbildungsplan findet...
     
  16. Bremen

    Bremen Moderator

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    :tnx: Richtig, wir sind immer mehr zu einer Wegwerfgesellschaft verkommen.

    Für Hersteller bzw. Händler sind solche defekte "Peanuts", weil sie nix daran verdienen. Sie wollen Neuware verkaufen.

    Auch wenn vielen Menschen Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, befürchte ich, dass das noch lange nicht reicht, um eine Kehrtwende herbeizuführen. So habe ich z.B. gerade bei Spiegel-Online gelesen, dass 2021 in Deutschland wegen Corona und Engpässen bei Zulieferern "nur" 2,62 Mio. Neuwagen zugelassen wurden. Wo ist da die Nachhaltigkeit, wenn man bedenkt, dass die Produktion eines Neuwagen mehr CO² ausstößt als jeder Kat-lose Oldtimer in seinen bisherigen 40, 50 oder wie vielen Jahren Laufzeit auch immer bisher ausgepustet hat? Oder warum bestellen so viele Konsumenten ihre Ware über amazon, dass dort im 3. Quartal 2021 eine Umsatz von ca. 110 Milliarden $ generiert wurde, obwohl bekannt ist, dass das Unternehmen systematisch Neuware vernichtet?

    Sorry, ich schweife vom Thema ab.
     
  17. Weil nicht sein darf, was nicht sein kann.
    Alte Autos sind "alte Dreckschleudern", Neuwagen dagegen "Gold im CO2-Ausstoß". Propaganda.

    Amazon: ich gestehe, ich bestelle auch öfters mal da. Einfach weil es bequemer ist, die Auswahl ist einfach da.
    Gerade in Coronazeiten, aber auch sonst.
    Beispiel Unterwäsche - braucht man was größeres als Größe 8, bekommst du das im Laden nicht.
    Jedenfalls nicht überall - also: online bestellen.
     
  18. Jahaa, denk mal zurück an die Abwrackprämie und was da an Autos vernichtet worden ist die locker noch 10+ Jahre hätten fahren können (meins nicht, das war Schrott und die Prämie kam wie bestellt).

    Thema Niveau und Schulen: Das ist ein Geben und Nehmen würde ich meinen. Die Schüler werden ja nicht dümmer. Also wieso sinkt scheinbar das Niveau?
     
  19. LotteS

    LotteS

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    Die Schulen muessen bestimmte Abschluss- und Notenquoten schaffen, um entsprechende Foerderungen vom Schultraeger zu bekommen. Da wird dann angewiesen, das Abi mit 90% zu korrigieren, damit viele durch kommen, und irgendwelche Praemien ausgezahlt werden koennen. Ist unfassbar frustrierend... Ich bin noch Vorsitzende des kleinen FÖV meines Abschlussgymnasiums und Treffe einmal im Jahr einige meiner alten Lehrer - meine 2.3 vor 10 Jahren waere heute, laut den auch dort beteiligten Lehrkraeften, die zT in der Schulleitung sitzen, locker im Bereich 1.5 gewesen. Die Schulen stehen unter immensem Druck, die Standorte nicht zu verlieren, und Schueler zu bekommen... Aber evtl sind die Lehrer hier im Forum @mezzo19742 oder @WeizenOlli besser im Thema :)
     
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  20. Hmm. Würde, nach meiner Erfahrung mit Praktikanten / Azubis bzw. im Verwandten/ Bekanntenkreis mit kleineren Kindern zum Teil das Gegenteil behaupten.
    Wenn Kinder mit 3 schon fließend das Handy bedienen können, aber dafür noch keinen ganzen Satz gesprochen bekommen oder auch nur wissen, wie man einen Stift zu halten hat damit man malen kann...
    Gut, "dümmer" vielleicht nicht, aber die "Grundfähigkeiten" entwickeln sich eben teilweise heutzutage extrem in anderen Reihenfolgen als noch vor 30 Jahren. In der Grundschule muss dann erstmal dafür gesorgt werden, das alle auf einem Stand sind und schon vergeht wertvolle Zeit, die hinten raus nicht aufgeholt werden kann.
    Dafür fällt, trotz "99%" abgedeckter Unterrichtszeit, zu viel aus... wird heute nicht anders sein, als zu meiner Zeit.
     
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  21. Ja, genau sowas unterstelle ich auch, habe es nur mangels Wissen nicht geschrieben (obwohl ich die Lehrer in meinem Freundeskreis mal diesbezüglich ausquetschen könnte). Ich sehe den selben Effekt bei Hochschul-Absolventen. Wenn man sieht was da an 1.0ern rausgespült wird, da denkst du, du hast Generationen an Einsteins vor dir. Wenn sie dann aber mal da sind, können sie sich kaum alleine die Schnürsenkel zubinden und wohnen noch bei Mama und Papa.