Krieg in Europa

Dieses Thema im Forum "Off Topic" wurde erstellt von Nicole, 2. März 2022.

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  1. Natürlich kann man diese Meinung nachvollziehen, es ist eine mögliche sehr schlimme Entwicklung. Mich stört aber die Alternativlosigkeit der Meinungsäußerung. Wenn ich so denken würde, könnte ich mir gleich einen Strick nehmen, denn ein Dritter Weltkrieg würde früher oder später nuklear geführt werden und zur totalen Zerstörung mindestens der Zivilisation führen. Zudem geht er von falschen Annahmen aus. Die Ukraine wird diesen Krieg nicht gewinnen, zumindest nicht in dem Sinne, dass sie die Russen aus dem Land vertreibt, auch mit allen möglichen Waffen aus dem Westen nicht. Dafür ist die Überlegenheit der Russen zu groß. Sehr wahrscheinlich wird Putin aber von seinem ursprünglichen Plan, die ganze Ukraine zu besetzen, abgehen müssen, eben weil die russische Armee nicht dazu in der Lage ist, wenn der Westen Waffen liefert. Meines Erachtens ist das auch den meisten Tonangebern (Biden, Stoltenberg) in der NATO bewusst. Es geht darum, die russische Armee maximal möglich zu schwächen und einen weiteren Angriffskrieg nach einem Friedensschluss mit der Ukraine (der irgendwann kommen wird und beide Seiten -weder Russland noch die Ukraine- werden damit zufrieden sein, aber ewig können auch beide Seiten diesen verlustreichen Krieg nicht weiterführen) seitens Russland unmöglich zu machen. Natürlich wird auch von Seiten der NATO immer wieder kommuniziert, dass die Ukraine den Krieg gewinnen muss, ich denke aber, dass die Positionen Kissingers da realistisch und verbreitet sind. Natürlich kann man das so öffentlich nicht sagen, aber that's Realpolitik.
    Langfristig wird die Ukraine niemals zu besetzen sein, es wird Partisanenkämpfer und Aufständische geben, die auch vom Westen finanziert und mit Waffen unterstützt werden, Afghanistan 2.0 eben, kennt man aus "Rambo". Aber eben langfristig. Kurzfristig muss und wird man wohl hinnehmen, dass Russland Teile der Ukraine besetzt und darauf warten, dass Putin entweder abgesetzt wird oder das Zeitloche segnet. Just my 50 cent.
     
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  2. Sehe ich in vielen Punkten ähnlich.

    Krieg ist immer dynamisch und wie es sich entwickelt kann kaum vorhergesehen werden. Ob die Ukraine es schafft die Russen, zumindest partiell, wieder aus dem Land zurück zu treiben ist kaum vorhersehbar. Aktuell sieht es so aus, dass die Russen aus anfänglichen Fehlern gelernt und zumindest teilweise Gebietsgewinne verzeichnen. Werden sie jetzt aber wieder übermütig und ergehen sich in Allmachtsfantasien, kann das ganz schnell wieder nach hinten losgehen und die Fronten zusammenbrechen. Grundsätzlich gilt ja in jeder kriegerischen Auseinandersetzung, das Verteidigen einfacher ist als Angreifen & Angreifen einfacher als das Gebiet zu halten.

    Die russische Kriegsführung ist darauf ausgelegt mit maximalem materiellen und menschlichem Einsatz (Soldaten gelten dort ja weiterhin eher als Material) zu agieren. Da ist die Armee jetzt schon an der Belastungsgrenze.
     
  3. Bremen

    Bremen Moderator

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    Es ist weit mehr als nur ein Schulterschluss. Denn mit einem militärischen Angriff auf ein NATO-Mitgliedsstaat tritt der sog. NATO-Bündnisfall in Kraft, d.h. dass ein solcher Angriff gleichbedeutend ist mit einem Angriff auf die gesamte NATO ist. D.h. dass und sämtliche NATO-Mitgliedsstaaten verpflichtet sind, ihr völkerrechtlich verankertes Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung zu nutzen und den Angegriffenen auch mithilfe von Waffengewalt beizustehen.
     
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  4. So ziemlich das selbe habe ich kürzlich schon geschrieben, als es um Adolfo Wissarionowitsch Putin ging. Wenn man, wie du es formuliert hast, in dieser Art der Alternativlosigkeit formuliert, dann müsste man im Grunde sofort anfangen zu preppen oder kann sich auch gleich einen Strick nehmen.
     
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  5. Allerdings, und das ist vielen unbekannt, nicht in dem Maße, wie es die EU-Verträge den Mitgliedern vorschreiben.

    EU Artikel 42 Abs. 7
    „Im Falle eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schulden die anderen Mitgliedstaaten ihm alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung.“

    vs.

    NATO Artikel 5 Abs. 1
    "sie vereinbaren daher, daß (...) die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten."
    Artikel 5 könnte zum Beispiel auch politische Unterstützung bedeuten, denn das erachtet Partei X für erforderlich. Artikel 42 der EU Verträge hingegen geht viel weiter. Das ist der Grund für Schröders "uneingeschränkt, ich betone das, uneingeschränkte Solidarität". Art 5 schreibt das nämlich gar nicht vor.
     
  6. Bremen

    Bremen Moderator

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    Wobei sich die Frage stellt, was passieren würde, wenn Putin abgesetzt wird oder stirbt. Einsicht und Rückzug Russlands aus der Ukraine? Schwer vorstellbar.
     
  7. Wird auf die aktuelle Lage ankommen. Putin wird nicht allein alles lenken, aber gleichzeitig hätte Russland eine Chance den Folgeschaden für das eigene Land zu verkleinern.
    Aktuell kann Russland den Krieg an die eigene Bevölkerung als Sieg verkaufen.
    Die Sanktionen wirken sich noch nicht stark genug aus. Viele Russen glauben sobald der Krieg beendet wird ist alles beim Alten.

    Langfristig wird Russland aber verlieren.
    Russland wollte Stärke zeigen, hat aber das Gegenteil erreicht.
    Wenig erreicht, teuer bezahlt und die Rechnungen kommen noch.
    Die Ukraine wird wieder aufgebaut und Russland wird in der Welt recht isoliert sein.

    Mal sehen wer den Wirtschaftskrieg gewinnt. Diesen Winter wohl Russland und danach wird die schwache Wirtschaft von Russland abbauen.

    Die Lage in Deutschland kann noch nicht ernst sein. Kein Tempolimit, keine sparen von Gas in der Wirtschaft bis die Tanks voll sind....:ugly:
     
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  8. Dennis81

    Dennis81 WVSC Sieger 287

    Absolut! Man spürt trotz Spritpreisen jenseits der 2 Euro (ok, aktuell ja wieder etwas drunter) kaum eine Veränderung auf den Straßen. Alles voll wie eh und je.
     
  9. Offenen Auges der Katastrophe entgegen. Ein MdB wird diesen Winter wohl kaum frieren, die billigen Zelte um zu Hause drinnen zu kampieren werden aber dieses Jahr schnell ausverkauft sein. Der Leidensdruck wird extrem steigen und dann werden wir ja sehen wie viel persönliche Entbehrungen wir Deutsche bereit sind hin zu nehmen um die Ukraine zu retten. Dass ist eben auch eine eklige Taktik auf die Russland setzt. Trifft zuerst natürlich sozial schwache Menschen am stärksten, aber wenn auch Joachim auf ein mal keinen Single Malt mehr saufen kann weil er 1.200 Heizkosten pro Monat zahlen soll?!
     
  10. Bremen

    Bremen Moderator

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    Das ist der Casus Knacktus, auf den ich letztlich hinauswollte: würde Russland bei Absetzung / Tod von Putin eine solche Chance wahrnehmen? Zweifel sind angebracht, denn auch wenn Putin wie ein Zar regiert, so findet seine Politik eine große Zustimmung, so dass zu vermuten ist, dass ein etwaiger Nachfolger kein "2. Chruschtschow" sein würde, der mit der Politik seines Vorgängers in vielen Teilen bräche.
     
  11. Lübecker

    Lübecker

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    53° 52´01´´N 10°40´08´´E
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    Das ist gut erklärt, aber auch nichts Neues. Es ist leicht, darüber zu sprechen, und "leicht", Absichtserklärungen zu unterschreiben, aber letztendlich entscheidend wird sein, wie es gelebt wird. Wir haben doch erlebt, wie schwer sich Deutschland getan hat mit der Lieferung von schweren Waffen, bis hin zum rumeiern von Frau Lambrecht, und wenn man weiterdenkt, wird es u.U. zu einem ausgewachsenen Krieg, und das z.B. mit Deutschland. Es gibt Vorstellungen, die ginge ich ruhiger an.
     
  12. Bremen

    Bremen Moderator

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    Ich verstehe deine Intension, doch eine Unterschrift unter dem NATO-Bündnisfall ist weitaus mehr als "nur" eine Absichtserklärung. Er bedeutet auch daraus resultierende Rechte und Pflichten, Und vor allem bedeutet es zwar keine 100%ige, aber doch zumindest einen gewissen Grad an Sicherheit.

    Es ist reine Hypothese, aber wenn z.B. die drei baltischen Staaten nicht Mitglied in der NATO wären, würden diese dann heute noch in (einem momentanen fragilen) Frieden existieren? Ich denke hierbei - speziell weil Kaliningrad derzeit wieder ein Thema in den Medien ist - an Litauen.
    Dieses kleine Land hatte 1990 ebenso wie Lettland und Estland die Unabhängigkeit proklamiert, worauf im Januar 1991 sowjetische Truppen die Hauptstadt Vilnius (damals Wilna) besetzten. Die Bilder von Schüssen auf Zivilisten sowie von sowjetischen Panzern, die Demonstranten überrollten, gingen um die Welt. Nach internationalem Druck rief Gorbatschow, der wenige Monate zuvor noch für seine Friedenspolitik den Friedensnobelpreis erhielt, die Truppen zurück und befeuerte damit letztlich den Zusammenbruch der UdSSR. Dieses Großmachtstreben machte Putin sich politisch zu Eigen und ist eines der Gründe, warum er in Russland hohes Ansehen genießt. Daher erscheint es in Anbetracht dieser Ereignisse von 1991 als durchaus möglich, dass Putin wegen der NATO-Mitgliedschaft der drei baltischen Staaten dort bisher vor einer Vorgehensweise wie in Tschetschenien, Georgien und jetzt in der Ukraine zurückschreckte.
     
  13. Flutlicht82

    Flutlicht82 Guest

    Der Wirtschaftskrieg läuft schon weltweit intensiver mindestens seit 2018, und hat nicht speziell etwas mit Russland zu tun.

    In der EU haben die wirtschaftliche isolierten Staaten zuletzt am wenigsten eingebüßt. Die isolierte Schweiz kommt mit der Inflation bestens klar, und das von der EU isolierte Norwegen trifft die Rezession auch nicht so hart.
    Nicht umsonst neigten andere Staaten zuletzt eher dazu aus der EU auszutreten.

    Das NATO Bündnis ist allerdings stetig gewachsen, und darüber sollten sich die Russen nach westlicher Sicht überhaupt keine Gedanken machen, während sich 30 NATO Staaten angeblich in die Hosen machen, weil ein wirtschaftlich noch schwächeres Land wie Nordkorea mit nur 25 Mio. Einwohnern ein wenig mit Langstreckenraketen experimentiert :denk:
     
  14. Wie kommst du auf die Idee, diese Länder seien isoliert? Sie sind voll in den EU Binnenmarkt integriert. Norwegen hat schlicht beschlossen, die Regeln zu adaptieren ohne Mitglied zu sein und damit Stimmrecht zu haben. Kann man so machen. Die sind ja nicht so blöd wie die Briten und kapseln sich ab. Zuletzt neigt übrigens kein Land mehr dazu, sich zu verabschieden, nicht mal mehr Le Pen trommelt dafür, oder Orban.
     
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  15. Flutlicht82

    Flutlicht82 Guest

    Aber trotzdem gibt es da z.B. noch die Einfuhrzölle, die den Unterschied machen.
    Die Isolierung war auch darauf bezogen, dass laut @mojoforsvw Russland von der Welt recht isoliert sein wird. Und das wird meines Erachtens genauso viel/wenig der Fall sein.

    Sobald wir uns jedoch eine Zeit lang wieder im wirtschaftlichen Aufschwung befinden und kaum Waffenkrieg in Europa herrscht, so werden auch wieder mehr Staaten EU austrittswillig werden, weil das Lohnniveau in der EU zu unausgewogen ist, und die Bevölkerung die Zuwanderung scheut.
     
  16. Die USA und China stehen abseits grinsend mit verschränkten Armen und sehen dabei zu, wie sich Europa im Konflikt mit Russland in seine Einzelteile zerlegt und statt Friedensverhandlungen in Brüssel anzubieten Öl ins Feuer gießt. Derweil zahlt Deutschland für Gas, das es nicht bekommt, während Russland sein massiv im Wert gestiegenes Gas zum erhöhten Preis nach Indien vertickt, doppelten Reibach macht und seine Kriegskassen wieder füllt. Da sind europaweit echt Experten am Werk. Man müsste fast lachen, wenn es nicht um Menschenleben ginge.
     
  17. Bremen

    Bremen Moderator

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    Richtig, Russland verfügt durch das teuer gewordene Öl und Gas über einen gewaltigen Handels-Überschuss. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass dieser Handels-Überschuss auch darin begründet ist, dass Russlands Importe durch die Sanktionen wesentlich zurückgegangen sind. Mit zum Teil drastischen Folgen v.a. für die heimische Industrie, der es v.a. an Komponenten und Ersatzteilen mangelt. So ist Russlands Industrie z.B. stark von Halbleitern bzw. auch die eigenen Chip-Hersteller von Lieferungen aus dem Ausland abhängig. Oder wie gestern in der "Welt" zu lesen war, fehlt es der zivilen Luftfahrt in Russland, deren Flotte zu ca. 70% aus Airbus- und Boeing-Flugzeugen besteht, an Ersatzteilen, so dass intakte Maschinen ausgeschlachtet werden müssen, um den inländischen Flugverkehr zumindest einigermaßen aufrechtzuhalten. Dadurch stagniert die russische Wirtschaft erheblich, so dass sogar die russische Zentralbank davon ausgeht, dass trotz der satten Gewinne im Energiesektor das Bruttoinlandsprodukt Russlands in diesem Jahr um ca. 10% sinken wird.
     
    Zuletzt bearbeitet: 5. Juli 2022
  18. Dennis81

    Dennis81 WVSC Sieger 287

    Warum tun sie dies?
    Meinst du die USA, die auch gerade mit der höchsten Inflationsrate seit 40 Jahren struggeln?
    In welche Einzelteile zerlegt sich Europa denn gerade?

    Verstehe ich nicht.
     
    Zuletzt bearbeitet: 5. Juli 2022
  19. Das ist natürlich Unsinn. Russland ist ja nicht mal jetzt von der Welt isoliert. China, Indien, Afrika, Südamerika. Wenn überhaupt, wird Russland von Europa isoliert sein. Ist aber ja auch ein europäischer Konflikt.
     
  20. Dennis81

    Dennis81 WVSC Sieger 287

    Vermutlich ist dies tatsächlich gerade als Mitteleuropäer schwer zu begreifen, dass die Welt sich sonst weiterdreht (schließe mich da etwas mit ein). Jemand in Indonesien wird das vermutlich mit einem Achselzucken quittieren und einfach weiter machen.
     
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