Krieg in Europa

Dieses Thema im Forum "Off Topic" wurde erstellt von Nicole, 2. März 2022.

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  1. Warum sollte unsere Medienlandschaft / Gesellschaft / Politik... hier im Krieg sich rhetorisch auch anders verhalten als in der Pandemie? Da jagte auch eine Superlative, eine Superschlagzeile die nächste.
    "Sachlich + informativ" können ja selbst die öffentlich rechtlichen nicht mehr dauerhaft abliefern,
    wundert mich von daher nicht, das man das, was die Russen da machen, immer weiter überhöht.
    Krieg und Terror, ja. Aber eben auch "nur" Krieg und Terror.
    Da hat die Welt schon schrecklicheres gesehen - nur eben nicht via Smartphone dokumentiert.

    War immer schon so und wird immer so sein: eine "zivilisierte Kriegsführung" gibts halt nicht.
    Zivilisten sind immer die ärmste Säue, wer nicht wegkann muss wahnsinniges Schwein haben, da heile durchzukommen.
     
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  2. Guter und wichtiger Beitrag des Herrn Fischer.
     
  3. Ich frage mich, ob es jetzt so wichtig ist, ob Butscha nun teilweise inszeniert ist oder nicht - und was heißt denn Inszenierung? Weil sie die Leichen nicht abdecken? Weil sie die Presse einladen und dorthin kutschieren, damit die Welt nicht einfach wegschauen kann? Weil sie von der russischen Armee hingerichtete Zivilisten aus irgendwelchen Ecken auf die Straße ziehen? Sollte wirklich jetzt der Fokus sein, ob die Ukraine da jetzt Propaganda mit betreibt, was ja letzten Endes fast deren stärkste Waffe ist, um auch weiterhin Unterstützung zu erhalten? Oder sollte nicht eher der Fokus nach wie vor darauf legen, dass die russische Armee brutal und grausam vorgeht und wir uns vielleicht nicht nur bequem vom Sofa aus das angucken sollten sondern noch größere Sanktionen brauchen, die uns noch mehr kosten? Das was in der Ukraine passiert ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ich bin jetzt nicht noch mehr schockiert, als ich es vorher eh schon war. Das ist grausam, was Russland, Putin, die Armee in der Ukraine anrichten und was von Teilen der russischen Bevölkerung auch befürwortet wird. Wenn jetzt Butscha "hilft", dass noch ein paar mehr aufwachen und die Sanktionen gegen Russland noch verschärft werden, dann kommt aus dem grausamen Verbrechen vielleicht noch irgendwas Konstruktives heraus. Dass die Ukraine will, dass die ganze Welt erfährt, was da passiert und dass dann für die eigenen Zwecke nutzt ist nicht nur verständlich, sondern auch legitim. Das ist doch deren einzige Chance, gegen Russland bestehen zu können. Und wenn uns dabei etwas ungemütlich wird, muss man das aushalten.

    Mich nervt der penetrante ukrainische Botschafter stellenweise auch, manches Mal schießt er auch übers Ziel hinaus, aber im Endeffekt wird sein Volk abgeschlachtet. Und sein Job ist es, seinem Volk so gut wie möglich zu helfen. Da geht es wortwörtlich um Leben und Tod - da darf man dann auch mal etwas penetrant sein.


    Ein wenig Off-topic:
    Und die Macht der Bilder ist ja nicht zu unterschätzen. Ich mein die Headlines funktionieren doch bei jeder Banalität schon fast nur noch mit "Paukenschlag", "Irre", etc. - das ist unsere Medienlandschaft. Ich persönlich mag das nicht, ich würde mich freuen, wenn nicht immer aus jeder Mücke ein Elefant gemacht wird, damit dann generell auch eine Abstufung stattfindet. Ist aber halt nunmal heutzutage so, weil sich mit Paukenschlägen und irren News nunmal mehr Klicks generieren lassen, als wenn man sachlich bleibt. Ich versuche aus Prinzip auf solche Headlines nicht mehr zu klicken. Aber wird sich wohl leider nicht mehr zurückdrehen lassen.
     
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  4. :tnx:

    Danke!

    Als ich das Wort "Inszenierung" hier gelesen habe, musste ich schon zweimal lesen, merke aber auch wie sehr die Kreml-Intonation in Deutschland verfängt. Berichte bei CNN oder BBC sind noch deutlich direkter und emotionaler mit erfahrenen Kriegsberichtserstattern (Fredrik Pleitgen oder Christiane Amanpour) die dort teilweise mit brüchiger Stimme oder Tränen in den Augen stehen und selber sagen, dass sie sowas noch nicht gesehen haben.

    Das Thema ist emotional und aufgeladen. Und jeder darf natürlich für sich selbst entscheiden welcher Intonation verfolgt wird.

    Superlativen wird es weiter geben. Aus den Großräume Mariopol, Kharkiv oder Cherson (nur um mal ein paar Beispiele zu nennen) wird es mMn noch schlimmer werden - ob wir das vom heimischen Sofa aus wollen oder nicht.
     
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  5. Das müsstest du im konkreten Fall den Journalisten fragen, der die Dinge gestern selber erlebt hat und die entsprechenden Worte vor der Kamera sprach. Es war RTLaktuell um 22:15 Uhr. Und ja, es ist -gerade wenn man nicht beteiligt ist- wichtig, dass man eine gewisse Trennschärfe behält. Ich brauche weder Putin-Trolle aus St.Petersburg noch Jubelperser die unsere Armee gen Osten in den Krieg verabschieden. Das hilft keinem. Einen kühlen Kopf bewahren, das können verständlicherweise die Ukrainer nur schwer, wir hingegen schon. Und wenn man dann dafür angefeindet wird, dass man nicht jeden Mist kritiklos glauben möchte der gesendet wird, dann lasse ich mich dafür anfeinden.

    Diesbezüglich macht unser Wirtschaftsminister und auch unsere Außenministerin mMn. einen hervorragenden Job, nur irgendwie interessiert es niemanden was die beiden sagen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass sie die Dinge zu gut erklären und will das eigentlich niemand hören? Die beiden Punkte Kollateralschäden (außerhalb Deutschlands!!) und das Durchhalten von Sanktionen sind zentrale Punkte und die werden bearbeitet. Das kann man sich, wie du sagst, bequem vom Sofa aus angucken.

    Aber bevor ich groß weiter schreibe würde ich in dem Zusammenhang lieber auf den Beitrag von Thomas Fischer verweisen.
     
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  6. Zustimmung, aber Differenzierungen möchten viele nicht und die Eskalationsspirale immer weiter zu drehen, das hilft auch niemanden. Dass es sich bei diesem Krieg um einen völkerrechtswidrigen Angriff auf die Ukraine handelt, bestreitet doch kaum einer, ebensowenig, dass dieses Massaker in Butscha grauenvoll ist. Nur lassen uns die gleichen Bilder aus Syrien und eben (Fischer!) aus dem Jemen völlig kalt bzw sind in der hiesigen Presse nicht einmal berichtenswert. Die Unterstützung der ukrainischen Armee aus dem Westen führte eben auch dazu, dass die russische Armee in der Ukraine nicht vorankommt und die bereits beschlossenen Sanktionen haben ihre Wirkung noch nicht ansatzweise entwickelt, im Übrigen hüben wie drüben, aber diese Wirkung wird kommen. Und natürlich kann ich die Forderungen dieses vollkommen taktlosen Melnyk irgendwo ansatzweise nachvollziehen, in einen Dritten Weltkrieg hineingezogen zu werden allerdings nicht und genau das würde bspw eine Flugverbotszone oder eine "NATO- Friedensmission" bedeuten. Der Artikel 5 scheint global nicht besonders bekannt zu sein. Schlimm auch, was man diesbezüglich teils in der hiesigen Presse lesen muss. Hier zB: https://www.welt.de/debatte/komment...-Eingreifen-der-Nato-darf-kein-Tabu-sein.html
     
  7. Insbesondere was im Jemen passiert ist diesbezüglich eine Schande. Und das lässt manche Reaktionen auf die Ukraine dann auch so Bigott erscheinen. Klar, die einen sind uns näher als die anderen und zwar kulturell wie räumlich. Aber derart ignorant dem einen gegenüber und derart betroffen dem anderen, das ist schon erstaunlich. Zumal die Verhältnisse in der Ukraine noch nicht mal ansatzweise so schlimm sind wie in den anderen Ländern. Das macht die Invasion der Russen nicht weniger illegal oder schlimm. Es wirft nur ein Licht auf die Reaktionen. Und wie schon Fischer in seinem Kommentar schreibt, so habe ich mich auch schon häufiger gefragt, was denn ein dysfunktionales Beschaffungswesen (das jetzt schon überfordert ist) mit 100 extra Milliarden anfangen soll. Einen Plan, eine Strategie und dann mittelfristig angelegte Handlungen daraus abzuleiten, das ist dieser Tage anscheinend nicht gefragt.
     
  8. Teilweise, vermute ich, wird da wegen der erbrachten Verdrängungsleistung bzgl. anderer Kriege wohl etwas überkompensiert.
     
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  9. Zustimmung in Teilen.
    Fragen möchte ich aber in diesem Zusammenhang nach der Eskalationsspirale? Welche meinst du? MMn ist es legitim diese
    Grausamkeiten öffentlich zu machen. Dies bleibt doch nur den Ukrainern, die wie du schreibst in ihrem eigenen Land überfallen, hingerichtet
    und zerbombt werden. Es ist ein medialer Hilferuf. Nach dem Krieg über die Greueltaten reden eröffnet Skeptikern alle Türen.
    Spuren dieser Taten werden jetzt gesichert und nicht erst nach dem Krieg.... durch Erzählungen.
    Wir erinnern uns an die Bilder nach der Befreiung der Konzentrationslager. Ich erinnere mich auch an die Bilder in Syrien, nur dort hat der
    Russe keinen Einmarsch gehalten. Greuelbilder von den Assadschen Truppen/Wagner gab es auch.
    In einen Dritten Weltkrieg hineingezogen werden möchte wohl keiner. Es gibt aber einen Punkt da muss man einen Putin auch verstehen
    lernen und man sollte mittlerweile erkannt haben, dass ein Zurückweichen oder auch eine zu weiche Diplomatie von ihm eher als Schwäche
    angesehen und ausgenutzt wird. Jeder Tag länger verlängert das Leiden der Menschen dort.
    Meine persönliche Meinung zum Thema "Inszenierung" ist, dass eben in diesem Fall für mich keine Relativierung in Frage kommt.
    Es sind unschuldige Menschen hingerichtet worden, ob nun "5 m weiter um die Ecke" oder auch die Anzahl, ist mir völlig wurscht.
    Ebenso ist mir wurscht, ob es unerfahrene Kämpfer sind. Es sind halt Kriegsverbrechen an der Zivilbevölkerung und diese werden von einem Aggressor mittels eines Angriffskrieges durchgeführt. Welche Mittel bleiben da den überfallenen Ukrainern.
    Es wird hier ja sogar relativiert in Form, dass man von ukrainischer Seite nicht alles getan habe, um z. B. einem Asow-Batallion in die Schranken zu weisen oder was auch immer. Dies geht dem Aggressor zunächst gar nichts an und sollte dann auch nicht annähernd dazu gereichen, Putin
    zuzugestehen ihm u. U. einen Vorwand geliefert zu haben, um sein Lügengebilde gegen die Ukraine zu rechtfertigen.
     
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  10. Möglich, ich persönlich denke es ist mehr die Nähe zu uns. Den venezolanischen Fabrikarbeiter wird das Leid in der Ukraine nicht mehr oder weniger interessieren, als jenes im Nahen Osten oder Nord- und Zentral-Afrika. "Wir" sind ja auch nicht besonders empathisch wenn es um Tote im 7-Stelligen Bereich geht, so lange es halt weit genug weg ist.
     
  11. Da ist eine Menge dran, mindert aber die Grausamkeiten nicht. Es ist wie im richtigen Leben, der bestialisch ermordete, entfernt lebende Nachbar
    ist einem in Teilen näher, als der in Pfaffenhofen durchgeführte Mord.
    Vielleicht lässt auch den ein oder anderen Menschen der Gedanke an den Dritten Weltkrieg (der uns ja näher scheint) diese Haltung einnehmen.
     
  12. Das wird wohl mit ein entscheidender Punkt sein. Ich habe gerade auch das Gefühl, dass die Wahrscheinlichkeit dass das eintritt, von Tag zu Tag größer wird.

    Je mehr Massaker der russischen Armee aufgedeckt werden, desto weniger wird die UNO (und auch der Sicherheitsrat, auch wenn Russland hier Vetomacht ist) wegschauen können und desto größer wird die Wahrscheinlichkeit, dass eingegriffen wird.

    Wie viele Zivilisten in der Ukraine bisher gestorben sind und noch sterben werden ist nicht absehbar. Ich schätze, dass das jetzt (also nach knapp zwei Monaten) schon in die Zehntausende gehen wird.
     
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  13. Ich weiß nicht, wo ich dich angefeindet hätte ;) - es geht ja auch nicht darum, jeden Mist zu glauben, aber es gibt viele Nuancen zwischen Putin-Trollen und Jubelperser. Die russische Propaganda - auch nur in Ansätzen - aufzugreifen, erscheint mir grundfalsch. Zumal, was willst du da bei den Grausamkeiten, die passieren, noch inszenieren? Wenn es auf der Grausamkeitsskala schon ganz oben angelangt ist, dann machts doch auch keinen Unterschied, wie die Ukrainer das Geschehen den westlichen Journalisten präsentieren. Grausam bleibt grausam. Falsch ist falsch. Schuld ist Putin und die Russen, die ihm folgen und diese Gräueltaten begehen.

    Ich möchte auch gerne vermeiden, dass wir da NATO-Armee schicken, deswegen würde ich Putin und Russland gerne durch noch stärkere Sanktionen treffen, so dass auch der innenpolitische Druck höher wird und immer weniger russische Leute sich hinstellen und sagen "Was die da in der Ukraine machen, ist nicht unsere Sache. Wird schon richtig sein, was unsere Armee da macht." (O-Ton russisch Interviewte Zivilbevölkerung - glaube das war im Mittagsmagazin gestern oder so).

    Ja, unser Wirtschaftsminister macht wirklich einen guten Job im Erklären. Hab ihn diese Woche bei Lanz gesehen und hab meiner Frau am nächsten Morgen gesagt, auch wenn ich ihn nicht gewählt habe, so hat mich das beeindruckt, wie er da auf die Sachen eingegangen ist. Und auch die kritischen Sachen aufgegriffen und darauf eingegangen ist und nicht - wie viele andere Politiker - einfach drüber hinweggegangen ist oder sie ignoriert. Ich stimme ihm auch in Vielem zu. In einigen Sachen auch nicht, aber ich kann seine inneres Dilemma nachvollziehen. Das habe ich auch. Ich will auch nicht, dass es uns wirtschaftlich schlechter geht. Aber ich will auch den Ukrainern bestmöglich helfen. Und dafür dann auch in Kauf nehmen, dass wir darunter auch "leiden" (wobei sich das Wort in dem Zusammenhang mit dem, was die Ukrainer erleben, total falsch anfühlt). Nochmal: es geht mir nicht darum unsere Soldaten in den Krieg zu schicken. Aber alles andere, wie wir Ukraine helfen können und wie wir Russland stoppen können, würde ich machen.

    Thomas Fischer Beitrag strotzt meiner Meinung nach nur so von "Whataboutism" - ist zumindest für mich in unserer Diskussion jetzt am Thema vorbei. Natürlich muss man sich generell Gedanken machen, wie man mit anderen Kriegen umgeht und warum uns vieles davon nicht so berührt, wie jetzt in der Ukraine. Aber ist doch auch bei COVID so: wenn ein Angehöriger oder jemand in deinem Umfeld daran stirbt ist das für dich ganz anders, als wenn du in den Nachrichten hörst, heute sind wieder 200 Leute daran gestorben. Ist glaube ich auch ein Schutzmechanismus, weil wenn du all das Leid dir so zu Herzen nimmst, wie sollst du da deines Lebens froh werden? Man muss ja nichtmal auf Kriege gucken: was ist mit den Kindern die verhungern? Menschen die hingerichtet werden, weil sie was anderes glauben? Menschen, die wegen ihrer Hautfarbe verfolgt werden? Aber hier gehts jetzt nunmal um die Ukraine und den brutalen Angriffskrieg der Russen, da spielt es dann für mich und die Diskussion dieses Thema für mich keine Rolle, wie man mit George W.'s Krieg umgegangen ist (oder die anderen Beispiele, die T.F. bringt). Sondern für mich gehts dann darum in diesem Fall darum, wie man der Ukraine am Besten helfen kann und wie man Russland/Putin stoppen kann. Und wenn ich gerne Öl- und Gasembargo gegen Putin hätte, um den Druck auf Putin zu erhöhen - der Wirtschaftsminister dann erklärt, dass das uns wahrscheinlich zuviel kosten würde, leere Regale zur Folge hätte, Arbeitslosigkeit, eine Rezension und der Staat sogar evtl. für Schadensersatzforderungen haften würde, wenn das von uns ausgeht (und der Stopp nicht von Putin kommt), dann sind das alles Argumente, die ich nachvollziehen kann. Dann sehe ich ein 4-Sekunden-Video in den Nachrichten, wie die kleine 7jährige Tochter vor dem zerbombten Haus nach ihrem Papa schreit und dann zerreisst's mich. Und ja, dann nehme ich eine Rezension in Kauf - mit allen persönlichen Folgen - weil die Gräueltaten der Russen gegenüber den Ukrainern nicht aufhören und ich nicht irgendwann in 10 Jahren mal sagen möchte: "hätten wir mal..." - und wenn wir anstelle der Ukraine wären, würde ich mir auch wünschen, dass alle anständigen Staaten uns helfen. Und wenn sie schon nicht kämpfen wollen, dann zumindest mit den härtesten, möglichen Sanktionen.
     
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  14. Flutlicht82

    Flutlicht82 Guest

    Verhungern ist ein guter Punkt: Das wurde schon in Politikrunden diskutiert, dass durch härtere Sanktionen und Entwertung des Rubels auch die dritte Welt stärker verhungern wird, wenn Russland die Lieferkette für die Getreidelieferung nicht mehr fortführen kann.

    Ich persönlich sehe auch, dass Russland z.B. mehr Napalm gegen die Ukraine einsetzen könnte, wenn wir keine Verwendung mehr für russisches Benzin haben sollten.
    Speziell die Ukraine hat offiziell über 110.000 Coronatote. Bei Corona haben wir auf Prävention & Abstand gesetzt, um weniger Menschen zu opfern.
    Im Fall Ukraine gehen wir - Stand jetzt - mit Waffenlieferungen & Sanktionen vermutlich den anderen Weg.
     
  15. Ne du nicht, das war mehr ein genereller Gedanke, hätte ich deutlicher machen sollen. Mir geht es darum, dass die Debatte in D sich rapide einem Punkt nähert (oder diesen schon erreicht habt, an dem es nur noch den berühmten Spruch von GWB gibt, nämlich das man eine Seite wählen und diese dann verbissen verteidigen muss, wer nicht dafür ist, ist dagegen).

    Dem sollte man nicht verfallen, völlig klar. Man darf umgekehrt aber auch nicht den Fehler begehen und ihr Nahrung liefern. Würde man beispielsweise in Deutschland lebende Russen in Kollektivhaft nehmen, dann würde das in Russland die Propaganda nähren, nach der man doch einen gerechten Krieg führt weil das Ausland ohnehin gegen Russland sei. Deswegen fand ich zb auch gut, dass dieses Autokorso nicht verboten wurde. Es mag uns wütend machen, aber wenn die denn ihre Meinung ausdrücken wollen, dann sollen sie es tun weil es bei uns eben geht und man in Russland für ähnliches verhaftet wird (so wie es vielen RussInnen passiert ist, die gegen den Krieg auch nur den Verdacht des Protests gestartet haben).

    In früheren Konflikten, auf dem Balkan zb, wurden Zivilisten zusammengetragen und an einem Ort "deponiert" um dort der Welt ein Massaker zu zeigen, damit entsprechende Reaktionen auszulösen (zb ein Eingreifen auf einer Seite). Für die Toten macht es keinen Unterschied, aber es zeigte sich: Das waren Menschen, die in irgendeiner Form ins Feuer geraten sind, aber nicht in einem Graben hingerichtet und verscharrt wurden. Und das ist ein gewaltiger Unterschied bei dem in einem Fall euphemistisch von Kollateralschäden gesprochen wird und im anderen Fall von einem Kriegsverbrechen (vergl. Srebrenica beispielsweise). Das ist, wenn man es sehr sehr freundlich ausdrückt, framing. Eher treffend wäre aber Manipulation. Und auch wenn man der Meinung sein mag, dass der Zweck die Mittel heiligt: Ich lasse mich ungern manipulieren.

    Ich glaube in dem Punkt brauchen wir nicht groß diskutieren. Das wird eh nicht passieren, dafür sorgt das berühmte Gleichgewicht des Schreckens und genau das wirft ja auch Fragen auf (TF, dazu später).

    Ich weiß was du mit letzterem meinst. Zu ersterem: Das tun "wir" (manche mehr, manche weniger) jetzt schon und seit gestern spürt man es bei Lebensmitteln. Das ist für uns aber ein Luxusproblem, hier wird niemand verhungern. Wir werden nur alle etwas ärmer oder, wohl korrekter formuliert, etwas weniger wohlhabend (im Vergleich zum Rest der Welt).

    Damit spielt er ja auch und schließt den Beitrag damit auch. Er bohrt aber die richtigen Löcher. Beispielsweise die Sache mit der Aufrüstung der konventionellen Armee, für einen konventionellen Krieg den es gar nicht geben kann. Oder doch? Dann braucht es eine neue Doktrin, wie es überhaupt eine Strategie braucht. Statt dessen werfen wir mit Geld. Oder die alternativlose Anteilnahme: Das ist bigott, denn natürlich sind wir in den meisten anderen Fällen dieser Art eher achselzuckend dabei und neutral. 2015 dann waren wir als Gesellschaft ein positives Beispiel, weitestgehend. Das aber auch nur, weil das "Problem" zu uns gekommen ist. Wobei, es ist unschön, flüchtende Menschen so zu bezeichnen, also eher, gezwungendermaßen, weil der Konflikt zu uns gekommen ist. Ansonsten hätten wir mit den Syrern und anderen so viel Mitleid wie mit den Jemeniten.

    Da bin ich bei dir, habe ich in einem anderen Beitrag ja auch schon geschrieben. Aber das ist nicht das große Rad, an dem unsere Regierung jetzt dreht, indem sie es darstellt als wenn der Weiße Ritter Deutschland in solchen Konflikten ja niemals neutral sein und immer nur auf der Seite des Rechts in den Kampf ziehen kann. Bullshit. Das wiederum ist vermutlich eher der Schutzreflex einer Bundesregierung, die die verfehlte Außenpolitik ihrer Kanzlerpartei (Schröder, Steinmeier, Gabriel) verteidigen muss.

    Um die Klammer zu schließen die wir oben geöffnet haben: Genau das soll mit (inszenierten) Bildern erreicht werden. Das Problem dabei ist nur: Es sind eben nicht nur deine oder meine Persönlichen Konsequenzen. Es wäre nicht einfach nur eine Rezession. Wenn wir komplette Kraftwerke abschalten müssen gehen ganze Industriezweige in die Knie, übertrieben geht dann das halbe Land vor die Hunde und denk daran, welche Harros schon für Nichtigkeiten schreiend auf die Straße gegangen sind um "Diktatur" zu brüllen. Um also einen destabilisierten Staat im Herzen Europas zu verhindern (denn das hilft auch der Ukraine nicht) würde Deutschland sich anderweitig versorgen müssen. Das würde auch im Grundsatz gehen. Aber: Annalena Baerbock erklärte, was dann die Konsequenzen sind: Andere Staaten auf der Erde gehen leer aus, wenn Deutschland sich "mal eben" anderweitig am Weltmarkt bedient. Aufgrund unserer Wirtschaftkraft können wir das. Und dann bricht die Energieversorgung in ärmeren Staaten zusammen, brechen Bürgerkriege aus, sterben Menschen, stürzen Regionen ins Chaos. Woran dann wir schuld wären. Wir können nicht einfach so von heute auf morgen das korrigieren, was über ein Jahrzehnt verbockt worden ist. So sehr es einem bei den Bildern das Herz zerreißt, aber diesen Konflikt hätte man vorher irgendwie verhindern müssen. Jetzt ist es dafür zu spät, jetzt hilft nur ein Aufstand von Innen gegen Putin und es in der Zwischenzeit für Russland (auf dem Schlachtfeld) so teuer wie möglich machen. Denn die andere Option, Kapitulation, ist für die Ukraine keine. Somit werden weiter viele Menschen sterben.
     
    Zuletzt bearbeitet: 5. April 2022
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  16. Meine Eltern nehmen morgen drei junge Ukrainer auf. Ein Pärchen, sie schwanger, und den Bruder der Frau.
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    :D
     
  17. Flutlicht82

    Flutlicht82 Guest

    Aus europäischer Sicht können Ukrainer nach mehrheitlicher Meinung auf jeden Fall wenig verkehrt machen. Du kannst kriegerisch als Held dein Land verteidigen ohne ein Verbrechen zu begehen, oder alternativ flüchten ohne dabei feige zu sein, und dabei ausschließlich den Status des Opfers einzunehmen.
     
  18. Nicole

    Nicole

    Ort:
    Block 50
    Kartenverkäufe:
    +23
    Damit sind sie den Syrern einiges voraus. So werden Unterschiede gemacht, obwohl wir Menschen doch eigentlich alle gleich sind.

    Das Krasse: es ist wieder ein Boot im Mittelmeer untergegangen und viele Menschen sind gestorben. Was liest man? Hohn und Spott - „die hätten ja nicht fliehen müssen / wer in so ein Boot steigt, trägt selbst die Schuld“.

    Ob Menschen aus der Ukraine oder Menschen aus Syrien, dem Irak/Iran, Afghanistan, Eritrea, dem Jemen oder sonst wo = Menschen fliehen nicht aus Spaß an der Freude. Kein normaler Mensch bringt sich gerne in Gefahr oder gar in tödliche Gefahr.

     
  19. Da hast du im Grunde völlig recht, aber in punkto Flüchtlingen überfordert sich Deutschland seit Jahren derart hart (schulisch zB ist es nur mit einem ganz erheblichen Niveauverlust zu stemmen, wenn in einer auf 25 Kinder konzipierte Klasse ca. 15-20 Kinder nichtdeutscher Muttersprache sitzen, was selbst in Kleinstädten keine Ausnahme mehr ist), dass auch gerne mal die Frage gestellt werden darf, was andere Staaten der Welt eigentlich wirklich tun, um Flüchtlinge aufzunehmen. Sorry for whataboutism.
     
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  20. wenn bis zu 80% nicht Deutscher Muttersprache sind, hat das aber mit Flüchtlingen nichts zu tun. Außer, es wären ca 300mio Flüchtlinge zu uns gekommen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 6. April 2022