Gründe für den sportlichen Niedergang

Dieses Thema im Forum "Allgemeines" wurde erstellt von nordwind, 3. September 2013.

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  1. Meiner Meinung nach ist es verkehrt, einzelne Spieler wie Hunt oder Fritz herauszupicken und für die Misere verantwortlich zu machen. Hunt und Fritz sind Überbleibsel aus einer anderen Ära, übrigens die einzigen Überbleibsel. Damals haben sie in einem völlig anderen Kollektiv vollkommen andere Rollen gespielt, Hunt hatte immer einen Spielmacher neben sich, der den Druck von ihm genommen hat, und Fritz war erstens jünger und schneller und zweitens nicht gezwungen, das Spiel selbst zu eröffnen. Gegen Frankfurt hatte er die meisten Ballkontakte aller Bremer!

    Das Problem ist, dass die Statik der Mannschaft vollkommen zusammengebrochen ist, und zwar in Etappen. Die letzten Abrissarbeiten leistete der Verkauf von Sokratis und die Rückkehr de Bruynes zum FC Chelsea. Beides war wohl nicht zu verhindern - doch als frühere Leistungsträger blieben eben nur noch Fritz und Hunt übrig. Viel Druck für zwei Typen, die nicht gerade besonders breite Schultern haben.

    Meiner Meinung nach hat Werder viel zu lange auf Risiko gespielt und versucht, mit den immer gleichen Mechanismen den Erfolg zu verlängern. Hochriskante Transfers wurden getätigt, um immer wieder die Champions League zu erreichen, und dabei wurde versäumt, für den Tag x vorzusorgen, an dem es einmal schief geht. Es gab genug Anzeichen, auch in den letzten der erfolgreichen Jahre, dass die Luft dünner wird. Aber Werder hat weiter die Jugendarbeit vernachlässigt, hat keine Impulse von außen ins Trainerteam geholt und sich keine neuen Spielermärkte erschlossen. Einfach immer weiter so - bis die Blase geplatzt ist.

    Jetzt sind keinerlei stille Reserven mehr in der Mannschaft, Transferflops kann sich der Klub nicht mehr leisten. Die Jugendarbeit liegt am Boden. Während etwa Streich in Freiburg auf die "Freiburger Schule" zurückgreifen kann und im eigenen Klub junge Spieler findet, die schon genau das spielen können, was auch die Profis einstudieren, ist von einer "Bremer Schule" nichts zu sehen. Da wird einfach mal der eine, mal der andere in einem ständig wechselnden System verheizt und letztlich in die 2. Liga geschickt.

    Der letzte, der in Bremen ganzheitlich gedacht hat, war - Achtung - Aad de Mos. Unter dem wurde wenigstens die Viererkette bis zur Pampers-Mannschaft Pflicht.

    Werder und wir, die Fans, haben doch die ganze Zeit gedacht wie Banker in der Krise: Der Verein ist "to big to fail". Ist er aber nicht. Werder ist ein Nischenklub, er kann nur mit einer besonderen Idee Erfolg haben. Das waren, jahrelang, die speziellen Allofs-Transfers. Micoud, Klose, Özil, Diego, Ismael zum Beispiel, sie galten alle als schwierig oder bereits als gescheitert, Allofs fand sie auf den Reservebänken guter Klubs. Heute gehen solche Spieler für ein paar Millionen mehr in den Osten, Werder hätte sowieso nicht das Geld dafür. Aber während sich andere Klubs in Polen (Dortmund), Frankreich (Freiburg) oder Japan (Nürnberg) umgeschaut haben, hat Werder keinen neuen Spielermarkt erschlossen. Garcia, die Santos? Hm, der argentinische Markt dürfte zu gut gescoutet sein, als dass die beiden jemand übersehen haben könnte, wenn sie wirklich gut wären.

    Mit missfällt auch, wie klein sich Werder inzwischen macht. Thomas Eichin brauchte sicher eine gewisse unsentimentale Härte, um die Trennung von Thomas Schaaf zu vollziehen, das verstehe ich voll und ganz. Aber meiner Meinung nach fehlt ihm das Verständnis für diesen Verein vollkommen; er und Dutt kommen mir manchmal vor, als hätte eine Unternehmensberatung die beiden zu einem Sanierungsfall geschickt. Dass Werder einen besonderen Wert in dieser Liga dargestellt hat, ein einzigartiges Spektakel geboten hat und das noch phasenweise bis in die drei schlechten letzten Jahre hinein - davon kann man sich nix kaufen, aber man sollte es auch nicht verleugnen. Im Prinzip spielt Werder heute doch nur das, was Eichin seit seinem Amtsbeginn herbei geredet hat: Angsterfüllten Klassenerhalts-Fußball ohne jede eigene kreative Idee. Als solle die Mannschaft dem Umfeld auch auf dem Feld unmissverständlich beweisen, dass die fetten Jahre vorbei sind.

    Wir haben das jetzt verstanden. Werder ist auf die Grundmauern niedergebrannt. Man darf jetzt gerne mal anfangen, etwas aufzubauen. Aber mit Mut bitte - denn mutlos, wie sie in den ersten Spielen der Saison aufgetreten ist, wird die Mannschaft sowieso untergehen. Dann doch lieber im Werder-Stil mit Pauken und Trompeten!
     
  2. Der Artikel ist sehr gut geschrieben und beschreibt eindrucksvoll Aspekte, die so noch nicht dagestanden haben.
    Dennoch glaube ich, ein Punkt stimmt nicht ganz. Werder ist noch nicht bis auf die Grundmauern niedergebrannt, Werder brennt, lichterloh, dennoch hoffen die Bewohner auf ein gutes Ende, dass die Feuerwehr die Grundmauern rettet und neues Dach ein Neuanfang sein kann. Ich glaube und befürchte, dies ist der größte Irrtum, wie vor drei, vier Jahren, als alle meinten, Mund abputzen, es geht wieder weiter und aufwärts.
    Meine ganz feste Meinung ist, Werder wird noch sehr viele Federn lassen, Dutt wird bis zum Ende der Saison nicht mehr Trainer in Bremen sein und Eichin nicht mehr Manager.
    Auf der Trainerbank wird ein ganz anderer Typ gebraucht, den ich nicht benennen kann, jedenfalls muss er offen sein, radikal, laut, kumpelhaft, rüpelhaft, reden können, ein klares Taktikkonzept haben, einer, an dem die Spieler aufsehen, klar und deutlich und väterlich im positiven Sinne. Dutt gehört nicht nach Bremen, passt hier nicht her, wirkt schon jetzt ratlos. Wie sollen ihn die Spieler als Vorbild sehen?
    Genauso wird ein Manager benötigt, so einer wie Lemke früher, vielleicht kann das Bode einmal machen, wobei er mir nicht clever genug erscheint. Aber da kann ich mich auch täuschen. Der Trainer muss von außen kommen, der Manager sollte Werderaner sein, oder aber etwas vorweisen können, alternative Finanzierungskonzepte, Spieler kennen usw. Mir ist der Umbruch nicht radikal genug, nicht im Sinne er klaren Taktik. Was soll Eichin hier? Der kennt sich doch nicht aus in der Bundesliga, er ist doch Lehrling. Und soll Werder neu aufbauen?
    Werder wird jedenfalls am Ende der Saison absteigen, davon bin ich fest überzeugt. So, wie es läuft, ist kein Ende absehbar, kein Licht. Sollte nicht ein großes Wunder geschehen, wird kaum ein Spiel mehr gewonnen werden. Dann sind die Grundmauern abgebrannt. Weil eben alle glauben, es geht von selbst wieder nach oben, weil Werder eben Werder ist. Das wird nicht so sein.
     
  3. Du hast Recht - TERD sind an getreten den Trümmerhaufen zu beseitigeb
    ihre Bilanz ist grauenhaft sie werden nur Scherben hinter lassen der Weg führt direkt in sie 2 Liga traurig aber war -
     
  4. Oh man, dass ist im prinzip genau die aktuelle Lage, der Weg dahin und mögliche Zukunftsszenarien auf den Punkt gebracht!
    Ist mir natürlich alles bewusst, aber das jetzt nochmal so zusammengefasst zu lesen.... ich hab mich echt nochmal erschrocken, dabei dachte ich mich kann in dieser hinsicht nix mehr schocken..... :(
     
  5. Um nochmals auf den Titel dieses Threads einzugehen, was eben die Gründe für den sportlichen Niedergang sind. Seit drei bis vier Jahren ärgert mich diese elende Bremer Arroganz so maßlos, "wir und unser toller Welttrainer, wir Werder-Familie", da lassen wir keinen dazwischen, wir sind die Guten, die Besseren, die heile Welt. Was ist das für ein Mist? Sieht man doch. Zumindest nichts anderes, als was klassenkampfmäßig bekämpft werden sollte, dieses allegorische "Mia san mia" (habe ich das richtig geschrieben?). Diese bayerische Oberkotzart hat Werder um Längen übertroffen, nur mit dem Unterschied, dass es der Untergang war.
    Hätten sie (Aufsichtsrat, Vorstand) mal früher selbstkritisch ihr Handeln beäugt, sie hätten gegengesteuert, wobei ich mir noch nicht mal sicher war, dass sie es nicht versucht haben ,aber gescheitert sind, weil die Fans sich dazwischen geworfen haben. Erinnert ihr euch an den scheinbaren tragischen Versuch Lemkes, den Sokratis - Transfer zu stoppen? Sokratis kam doch, was ja auch gut war, aber vielleicht sahen wir eine Eisbergspitze vom Versuch, so etwas wie einkehrende Vernunft, dem unbändigen Handeln von Allofs Einhalt zu gebieten, der nur längere Arme in die Öffentlichkeit hatte. Vielleicht stimmt ja auch die Wahrnehmung von uns Fans nicht, das Lemke der Totengräber Werders ist, vielleicht ist er noch der Einzige, der versucht, gegenzusteuern. Wer weiss das schon. Ich glaube jedenfalls Eichin, Filbry und den anderen dort nichts. Sie sind nicht Werder. Sie sind Angestellte, ohne grün-weisses Herzblut.
     
  6. als werder fan blutet mir das herz mit zu erleben, wie man sehenden auges in den abgrund taumelt. klassenerhalt ist die prämisse. weit ist es gekommen.

    lösungen gäbe es wohl viele, ich will hier nicht den wunderwuzzi machen, es ist einfach nur traurig und erbärmlich.

    im jugendbereich bei werder bin ich ahnungslos wie eine jungfrau, aber warum nicht mal von da ein paar burschen hochziehen? kanns noch schlimmer werden?
     
  7. Also meines Erachtens liegt der Grund für den sportlichen Niedergang daran, dass wir viel zu lange an unserem alten Spielsystem (4-4-2 Raute) festgehalten haben. Spätestens mit dem Verkauf von Özil hätte man das System umstellen müssen, da uns in der Folgesaison schon der typische 10er fehlte. Darüber hinaus hat man es auch nicht begriffen, in den letzten Jahren die Defensive zu stabilisieren, es wurde immer noch der - zwar schön anzusehende, aber sehr risikoreiche - Hurra-Stil gespielt, was dazu führte, dass man astronomisch viele Gegentore kassierte, die Offensive allerdings durch das Fehlen eines 10er´s nicht mehr in der Lage war, genug Tore für Grün-Weiß zu erzielen.
    Man kann nach den ersten Spielen in dieser Saison allerdings schon erkennen, dass Dutt an der Defensivschwäche arbeitet und mehr Wert darauf legt, hinten sicherer zu stehen.
    Wann konnten wir denn zuletzt behaupten, am 6. Spieltag bereits 3 mal "zu Null" gespielt zu haben?
    Sicherlich kann ich verstehen und auch sehr gut nachvollziehen, dass einigen hier das Offensiv-Spektakel der vergangenen Jahre fehlt, allerdings sehe ich auch keinen Grund, nach den ersten Saisonspielen bereits wieder alles schwarz zu malen. Wir sollten alle diese Saison als Konsolidierungsjahr sehen und unsere Jungs tatkräftig unterstützen. Sicherlich wird es immer mal einen Rückschlag à la Gladbach oder Frankfurt geben, ich persönlich denke allerdings, dass Werder in dieser Saison mit dem Abstieg nichts zu tun haben wird.
    In der nächsten Saison, wenn sich das neue Spielsystem etabliert hat, werden unsere Verantwortlichen auch sicher noch Verstärkungen für das Team holen und den einen oder anderen Spieler, der nicht in das System passt, abgeben. Im Großen und Ganzen sehe ich der Zukunft optimistisch entgegen und bin mir sicher, dass wir in 3 - 4 Jahren auch wieder dauerhaft international vertreten sein werden.
     
  8. Guter Artikel in der SZ. Zwar etwas kurz aber dort steht viel wahres drin.
    In Bremen waren die Herren auch sehr selbstgefällig und auch sehr von sich überzeugt. Nie haben sich Schaaf und Allofs selbst in Frage gestellt. Von Selbstkritik keine Spur. Falsche Personalpolitik, miese Jugendarbeit und zudem hat man die Entwicklung des Fußballs verschlafen. Besonders traurig ist es, dass man einen Spieler wie Marin nie richtig eingesetzt hat. Auf der richtigen Position ist er eine Waffe. Er ist kein Stürmer und auch kein Spielmacher. Er ist ein Linksaußen. Nur Schaaf hat das nie kapiert.

    Auch die Fans hätten des öfteren mal auf die Missstände im Stadion mal hinweisen müssen. Es war ein Fehler, dass man Schaaf immer noch abgefeiert hat.

    Jetzt müssen Dutt und Eichin die Suppe auslöffeln. Das wird dauern.Auf mindestens drei harte Jahre wird man sich einstellen müssen.
     
  9. Ich finde, dass "Niedergang" der falsche Ausdruck ist, es ist eher ein kontinuierlicher Abwärtstrend, so häßlich ist es ja nun nicht ;)

    Viel Zustimmung zum Geschriebenen. Da war man schon sehr, sehr stur, sehe ich genauso. Es war Schalke vor etwa drei Jahren, die uns zu Hause 2:0 geschlagen haben. Diese Taktik des schnellen Umschaltens hat man dann so oft gesehen und alle wussten ab da, wie man gegen uns spielen musste. Nicht nur gegen uns...

    Ich hoffe nun aber auf eine Stabilisierung, lass die mal machen. Ich jedenfalls habe ein eher gutes Gefühl und bin zuversichtlich.