Deutsche Nationalmannschaft Aktuell

Sehr gut auf den Punkt gebracht. Wer hin und wieder internationale Spiele verfolgt, wird immer mal wieder beobachten können, dass Spieler mit katholischem oder orthodoxen Glauben vor Anpfiff einer Partie z.B. sich kreuzigen oder kurz beten. Mit diesen Gesten sind diese Spieler auch nicht zwangläufig antisemitische oder islamophobe Christen, die dazu bereit sind, einem Ruf wie dem von Papst Urban II. zu folgen, der 1095 n. Chr. mit den Worten "Deus lo vult" ("Gott will es") zur Rückeroberung der heiligen Stätten in Jerusalem aufrief.

 

Das trifft auch auf die Geste von AR zu, denn hier ist zu lesen:

Und der selben Quelle ist zu entnehmen:

 

Nope. Der Hase liegt nicht in der Geste begraben sondern in der Fehlinterpretation der selbigen. Denn es liegt nicht in der Verantwortung eines Fußballprofis mit Vorbildfunktion, wenn sein Bekenntnis zum Monotheismus - u.a. von einem Schreiberling eines Boulevardblatts, bei dem bekanntermaßen die Schlagzeilen großen Vorsprung vor fundierter Recherche haben - aus Unwissenheit oder Vorsatz fehlinterpretiert werden; und Leser ebenfalls aus Unwissenheit oder Vorsatz bereitwillig über dieses hingehaltene Stöckchen springen.

Somit liegt es auch nicht in der Verantwortung eines Fußballprofis mit Vorbildfunktion, wenn du sein Bild - inklusive dem Seitenhieb

auf einer Fehlinterpretation basierend hier im Forum postet.

 

...Ist es keine nationale Katastrophe. Denn in wie weit ist adidas überhaupt noch "deutsch" ? Das Unternehmen hat zwar seinen Ursprung und Sitz in Deutschland, aber sonst?

Von den 10 größten Aktionären haben 5 ihren Sitz im Ausland, die ca. 13.2% des Aktienpakets halten, die 5 größten deutschen Aktionäre (inkl. adidas selbst) jedoch nur ca. 6,7%. Der deutsche Markt machte bei den adidas-Umsätzen in den Jahren 2022 und 2023 < 7% aus, während im Vergleichszeitraum der Umsatz in den USA, der Heimat vom Konkurrent Nike, im Schnitt bei ca. 25% lag (alles hier nachzulesen). Und lt. Eigenauskunft bezog adidas im Jahr 2022 97% Schuhe, 91% ihrer Kleidung und 72% Accessoires und Ausrüstungen aus Asien (hier nachzulesen).

Wenn Trigema von Nike als Ausrüster des DFB abgelöst worden wäre, dann könnte man aus der schwarz-rot-goldenen Brille betrachtet die allgemeine Empörung darüber ggf. noch nachvollziehen, denn Trigema produziert ausschließlich in Deutschland. Bei adidas und auch Puma ist "deutscher Hersteller" jedoch dagegen (fast) nur noch ein Art Feigenblatt.

 

Übrigens: adidas hat sich in den letzten Jahren als Ausrüster in der Bundesliga sehr stark zurückgezogen, so dass in der 1. Liga derzeit nur noch Bayern München und Union die drei Streifen tragen. Das war eine legitime unternehmerische Entscheidung, um sich mehr auf die globalen Topteams im Sport zu fokussieren. Das heißt aber auch, dass wenn ein Sportartikelhersteller der Liga der populärsten Sportart im Heimatmarkt weites gehend die kalte Schulter zeigt, besteht auch kein Anlass für Krokodilstränen, wenn sich der Verband dieser Sportart für ein wesentlich besser dotiertes Angebot eins ausländischen Anbieters entscheidet.

 

Ich habe nichts unterstellt, dass es sich um ein Bekenntnis zum Monotheismus handelt. Bis zum Aufflammen der hiesigen Diskussion über Antonio Rüdiger war mir die Geste zwar bewusst, aber deren Ursprung bis dato nicht bekannt, so dass ich mich nicht von meinem subjektiven Empfinden leiten ließ, sondern mich erst einmal darüber informierte, bevor ihr hier meine Kommentare dazu abgebe. Und dabei bin ich u.a. auf den im besagten Post #5024 verlinkten Artikel gestoßen, in dem u.a. - und nicht nur dort - zu lesen war, dass es sich hierbei ursprünglich um ein religiöses Bekenntnis zum Monotheismus sei, welches gemäß der - um dein Wording aufzugreifen - öffentlichen Institution Niedersächsischer Verfassungsschutz von islamistischen Gruppierungen vereinnahmt wurde. Auf dieser Recherche aufbauend habe ich mir meine Meinung dazu gebildet.

Und die - ebenfalls öffentliche Institution - Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf scheint es bei dem besagten Fall vom Juli 2022 ähnlich gesehen zu haben wie der Niedersächsische Verfassungsschutz in der Causa AR. Denn gemäß Medienberichten nahm die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf seinerzeit keine Ermittlungen auf, weil sie feststellte, dass das Zeigen des erhobenen Zeigefingers keinen Straftatbestand erfülle.

Dass Menschen mit einer solchen Symbolik ihre Probleme haben, ist nachvollziehbar. Als überzeugter Atheist sehe ich Religionen auch deshalb kritisch, weil seit dem Religionen bzw. religiöse Autoritäten existieren, diese viel zu oft als Legitimation dafür verwendet wurden und werden, um Kriege zu führen, Menschen (anderen Glaubens) übel nachzureden (hat während meiner Kindheit meine evangelische Familie in einem erzkatholischen Dorf selbst erfahren müssen), zu unterdrücken, zu verfolgen, misshandeln, ermorden usw. Aber ebenso engagierten und engagieren sich religiöse Gruppierungen sehr stark für das Allgemeinwohl und versuchen dabei auch Lücken zu stopfen, die staatliche Organisationen und /oder andere gesellschaftliche Schichten nicht leisten können oder wollen. Auch deshalb ist es grundlegend verkehrt, religiöse Menschen pauschal als religiöse Radikale zu verdächtigen oder gar zu stigmatisieren, bloß weil diese Menschen religiöse Gesten z.B. mit einer Selbstkreuzigung, dem Tragen einer Kippa oder wie AR mit dem gem. Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf und Niedersächsische Verfassungsschutz keinen Straftatbestand erfüllenden Tauhid-Finger zeigen. Das ist mMn perfide Menschenverachtung.

Gute Nacht