Corona mit Fokus auf Folgen für den Fussball

Dieses Thema im Forum "Vereinsfußball" wurde erstellt von Karl Bödefeldt, 8. März 2020.

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  1. Morgen wird der 15. Mai als Re-Start festgelegt..:D Geisterspiele, Egaaaaal..Hauptsache wieder Fussball :klatsch:
     
  2. Wie viel falsches kann in einem so kurzen Beitrag stehen?
     
  3. Erster kompletter Bundesligaclub in Quarantäne!
     
  4. Welcher denn?
     
  5. In einer Diktatur auf jeden Fall, ja.
     
  6. Nichts Falsches in dem Sinne, nur Unwissenheit.
     
  7. Werdiknight

    Werdiknight Guest

    Wenn es der erste ist, sollte damit Erzgebirge Aue gemeint sein. Die sind seit gestern in Quarantäne - allerdings nur bis Donnerstag, warum auch immer.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 5. Mai 2020
  8. Hatte bei Bundesliga gerade nur die 1. Liga im Kopf, daher die Frage.
     
  9. Schätze bis zum nächsten Test. Aber über Chancengleichheit braucht man da nicht mehr reden.
     
  10. Werdiknight

    Werdiknight Guest

    Ok. Was anderes habe ich auch nicht mitbekommen.
     
  11. mcburn

    mcburn Guest

    das wetter kanns ja kaum sein :D

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  12. Christian Günther

    Christian Günther Moderator

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    Da derzeit die Frage nach der Fortsetzung der Bundesligasaison in aller Munde ist, möchte ich auch kurz (naja, kurz ist relativ [​IMG]) darstellen, weshalb ich dies in der aktuellen Situation für eine falsche Reaktion halte und welche Maßnahmen ich für die zukünftige Gestaltung der Bundesliga für sinnvoll halten würde.
    Vorab möchte ich jedoch klarstellen: Ich kann den Wunsch der Profiklubs und der Führungsriege der DFL um Präsidiumssprecher Christian Seifert prinzipiell absolut nachvollziehen, die Bundesliga möglichst zeitnah fortzusetzen. Die Vereine machen sich berechtigte Sorgen darum, wie die massiven finanziellen Einbußen getragen werden können. Und so sehr ich auch die DFL und ihr rein wirtschaftliches Gerede vom „Produkt Fußball“ immer wieder und vor allem in letzter Zeit massiv kritisiere, darf man nicht vergessen: Die DFL ist im Prinzip nichts anderes als Interessensvertretung der Klubs der 1. und 2. Bundesliga und handelt daher auch in deren Auftrag und Sinne. Es ist also bequem, meinen eigenen Klub aus der Kritik rauszuhalten und allein auf Seifert und Kollegen „einzudreschen“, aber inkonsequent.
    Wenn man über einen möglichen Saisonabbruch nachdenkt, muss man sich zudem auch immer bewusst machen, dass bei finanziellen Engpässen oder (im absoluten Worst Case) sogar drohenden Insolvenzen von Bundesligavereinen nicht nur Millionen Fanherzen leiden und die Arbeitsplätze von gut bezahlten Profifußballern wegfallen könnten. Schließlich hängen hunderte weitere Arbeitsplätze in der gesamten Republik direkt (bspw. Ticketcenter-Mitarbeiter*innen, Catering-Angestellte, Teambusfahrer*innen) oder indirekt (bspw. an Kiosken, Hotels, Bahnhöfen und Imbissbuden in Bundesligastädten) an den Klubs.
    Außerdem eine weitere wichtige Vorbemerkung: Natürlich vermisse ich selbst den Fußball enorm. Es gibt nur wenig Schöneres, als samstagmorgens mit guten Freund*innen bei ein paar Bier ins Stadion zu fahren, die Mannschaft 90 Minuten in einem stimmungsvollen Stadion bedingungslos nach vorne zu peitschen und danach im Idealfall mit einem Sieg im Rücken gemeinsam glücklich nach Hause zu fahren.
    Das alles ist aber angesichts der weltweiten Corona-Pandemie derzeit schlichtweg nicht möglich, ganz egal, was wir davon halten. Eine Fortsetzung der Bundesligasaison wäre einzig mit Geisterspielen vor leeren Rängen möglich. Aus zahlreichen Gründen halte ich dies für keine gute Idee:

    1. Gesundheitliche Aspekte

    Die DFL hat für die Fortsetzung der Saison ein umfangreiches Schutzkonzept entwickelt. Während ich als medizinischer Laie einfach meine persönliche Meinung wiedergebe, hat die DFL bei der Erarbeitung des Konzeptes sicherlich interdisziplinär Expert*innen zur Rate gezogen. Trotzdem muss gesagt werden: Ein reines Konzept bringt nichts, wenn es nicht von allen Beteiligten konsequent eingehalten wird oder werden kann.
    Und an der konsequenten Einhaltung bestehen erhebliche Zweifel. Wer diese nicht bereits zuvor hatte, dürfte sie spätestens nach Sichtung des gestrigen skandalumwobenen Facebook-Livestreams von Salomon Kalou (Hertha BSC) haben. In dem Video sieht man zahlreiche Verstöße gegen das DFL-Konzept: Die Spieler begrüßen sich gegenseitig mit Handschlägen oder Faustgrüßen, die Spieler sitzen dicht an dicht nebeneinander, die geforderte Minimierung der Aufenthaltszeit der Spieler in der Umkleidekabine scheint niemanden zu interessieren, die Verwendung von Türgriffen wird in keiner Form vermindert, und Hertha-Physiotherapeut David de Mel nimmt beim Corona-Test bei Jordan Torunarigha den Abstrich ohne die vorgeschriebene Schutzkleidung. Dass es insgesamt eine absolute Unart von Kalou war, ohne Einverständnis oder Wissen der Mitspieler*innen und des Funktionsstabs einen Livestream aus Umkleide und Behandlungsräumen zu senden, steht außer Frage. Daher hat die Kritik an anderen Personen auf dem Video einen faden Beigeschmack. Trotzdem finde ich es bezeichnend, dass sowohl Hertha als auch die DFL lediglich Kalou kritisieren bzw. bestrafen, aber keine Worte für die offensichtlichen Verstöße gegen das Schutzkonzept durch Mitspieler, Funktionsstab und Klub findet bzw. diese sogar entschuldigt wie gestern Hertha mit der Behauptung, dass Kalous „Mitspieler zum Handschlag genötigt“ wurden. Ernsthaft?
    Ich bin überzeugt davon, dass viele Spieler und Vereine das Konzept konsequenter umsetzen als Kalou und Hertha im Video, aber ich halte es auch für viel zu optimistisch, einfach anzunehmen, dass ausgerechnet die einzige unrühmliche Ausnahme von Undercover-Enthüllungsjournalist Kalou aufgedeckt wurde. Dazu passt auch die Aussage von Jörg Schmadtke, Manager des VfL Wolfsburg, der laut WDR kürzlich sagte, dass er wisse, dass andere Vereine bereits wieder Zweikämpfe geübt haben, als das noch strikt untersagt war.
    Ich behaupte sogar, dass die Ernsthaftigkeit der Infektionsgefahr noch immer nicht überall in der Bundesliga angekommen ist. So nehmen viele die Gefahr von COVID-19 für Profisportler*innen mehr oder weniger offen als vernachlässigbar hin. Dabei sei auf Hans-Joachim Watzke verwiesen, der kürzlich in der Sportschau ausführte: „Die aktuelle Gesundheitsgefahr für eine Mannschaft, die aus kompletten Athleten besteht und auf dem Rasen trainiert, die würde ich, auch ohne Virologe zu sein, als nicht so gravierend einstufen. Wir sollten jetzt nicht das Kind mit dem Bade ausschütten.“ Es stimmt natürlich, dass statistisch gesehen die Wahrscheinlichkeit für einen schweren Krankheitsverlauf für professionelle Athlet*innen gering ist, aber man darf nicht vergessen, dass auch bei einer geringen Wahrscheinlichkeit schwere Verläufe nicht unmöglich sind. In dem Zusammenhang sei auf Bundesligaspieler Anfang 20 verwiesen, die von einem verhältnismäßig schweren Verlauf ihrer Erkrankung berichteten. Noch viel heftiger ist aber ein Fall in Frankreich: Dort musste der 23-jährige Profi Junior Sambia (HSC Montpellier) nach einem positiven Test auf COVID-19 sogar ins künstliche Koma versetzt werden.
    Genauso wichtig ist es zudem, zu bedenken, dass auch Profifußballer mit Angehörigen zusammenleben können, die zu Risikogruppen gehören. Vor wenigen Tagen sprach beispielsweise Birger Verstraete (1. FC Köln) offen an, dass er sich bei einer Fortsetzung der Bundesligasaison Sorgen um seine Freundin machen würde, die aufgrund einer Herzkrankheit zur Risikogruppe gehören würde. Auch die halbherzige Relativierung nach Intervention der Klubführung ändert nichts daran, dass dieses Szenario mitbedacht werden muss. In diesen Fällen stellt sich auch die Frage, inwiefern Profifußballer die Möglichkeit haben, sich frei gegen die Teilnahme am Spielbetrieb (oder Training) zu entscheiden.
    Aufmerksamkeit sollte man zudem auch dem Fakt schenken, dass die Fortsetzung der Bundesligasaison nicht nur für die Spieler ein erhöhtes Infektionsrisiko bedeuten würde. Trainer- und Funktionsteams sind in der Kabine und am Spielfeld unverzichtbar. Und auch für die Betreibung der Stadien und für Fernsehübertragungen und Berichterstattung müssen zahlreiche Menschen vor Ort sein. Und ob die körperliche Verfassung aller Zeugwärt*innen und Mitarbeiter*innen in der Stadionregie so gut ist wie die der Spieler, dürfte ernsthaft bezweifelt werden.
    Zudem darf sich der Blick beim Thema Infektionsschutz nicht allein auf die die Stadien richten. Denn auch fernab der Spielorte hätte eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs viele Folgen, indem sich an tausenden Orten Fans versammeln würden, um die Spiele gemeinsam zu verfolgen. Und dabei denke ich ausdrücklich nicht an angebliche Fanansammlungen vor Stadien. Die organisierten Fankurven haben sich so gut wie überall bereits erklärt, dass sie sich nicht während der Spiele vor den Stadien versammeln würden. Diese Behauptungen sind mMn in aller erster Linie unangebrachte Schuldzuweisungen (Grüße gehen raus an den Bremer Innensenator Ulrich Mäurer).
    Aber: Geht die Bundesliga wieder los, führt das mit Sicherheit dazu, dass sich Fans in Gruppen bei jemandem zu Hause treffen und dort die Spiele verfolgen. Sollte die Übertragung wie bisher im PayTV bei Sky, Eurosport/DAZN erfolgen wird der Effekt natürlich noch mehr gesteigert, da dann viele Menschen Freund*innen mit PayTV-Zugang besuchen werden, aber auch bei Übertragungen im Free TV – wie sie teilweise bereits gefordert wurden – wird tausendfaches Rudelgucken und damit eine deutliche Verbreitungsbeschleunigung des Corona-Virus die Folge sein. Fußball ist und bleibt in erster Linie ein Gemeinschaftserlebnis und die Austragung von Livespielen würde meiner Einschätzung nach unweigerlich dazu führen, dass viele Fans die Spiele auf keinen Fall allein schauen möchten und einander besuchen werden.

    2. Sportliche Aspekte:

    Auch aus sportlicher Sicht halte ich eine Saisonfortsetzung für keine gute Idee, da sie die Chancenungleichheit in der Bundesliga nur noch weiter verstärken würde.
    Infektionen mit dem Corona-Virus werden mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch bei Spielern und Verantwortlichen in den kommenden Wochen nicht völlig zu verhindern sein. Jetzt könnte man leichtfertig denken: „Ja gut, aber auch in einer regulären Saison können Spieler verletzt oder krank ausfallen. Wo ist der Unterschied?“ Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass die Infektion eines einzigen Spielers mit dem Corona-Virus zur Quarantäne mehrerer Mitspieler oder sogar des gesamten Teams führen könnte. Schon jetzt ist bspw. das gesamte Team von Erzgebirge Aue in Quarantäne. Sollte in zehn Tagen die Zweite Liga wieder starten, wäre Aue klar im Nachteil in der Vorbereitung. Wie kann da von Chancengleichheit gesprochen werden?
    Zugespitzt stellt sich weiterhin die Frage: Wie geht die DFL damit um, wenn nach Wiederbeginn der Saison ein Verein seine Spieler tatsächlich in die Teamquarantäne schicken muss (und das ist bei einer konsequenten und ernsthaften Testung ziemlich wahrscheinlich)? Fällt die Quarantäne über das Wochenende, muss das Spiel ausfallen. Und auch wenn das Team rechtzeitig zum Wochenende wieder aus der Quarantäne raus wäre, wäre es ausgesprochen unfair, wenn ein Team direkt aus der Hausquarantäne gegen eine Mannschaft, die die gesamte Woche trainieren durfte, antreten muss. Ganz abgesehen davon, dass ein Kaltstart aus der Quarantäne in den Spielbetrieb die Verletzungsgefahr der Spieler deutlich erhöhen könnte. Auch hier wären Verschiebungen also unumgänglich.
    Und wie sollen derartige Verschiebungen gehandhabt werden? Die Saison kann angesichts der Vertragsenden hunderter Spieler nach heutiger Rechtslage nur bis maximal zum 30. Juni 2020 laufen. Bis dahin müssen neun volle Bundesligaspieltage, zwei Relegationsspiele und ein Nachholspiel ausgetragen werden, wobei nach DFL-Richtlinien zwingend mehr als zwei volle Tage Pause zwischen zwei Spielen liegen müssen, wie die DFL noch in dieser Rückrunde ausgiebig dargelegt hat. Dabei sollten die beiden letzten Spieltage im Sinne der Vermeidung von taktischen Ergebnissen komplett zeitgleich stattfinden. Und in all diesem enormen Terminierungsstress ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass bei einer Saisonfortsetzung auch die Austragung von zwei DFB-Pokalrunden sowie jeweils Achtel-, Viertel-, Halbfinal- und Finalspielen in Europa League (noch drei deutsche Teams im Wettbewerb) und Champions League (noch zwei deutsche Teams) auf der Tagesordnung stehen dürfte. Denn wie soll man sonst Pokalhalbfinalist 1. FC Saarbrücken erklären, dass die Bundesliga dringend ausgespielt werden muss, aber deren beste Pokalsaison der Geschichte nicht ausgespielt werden kann?
    Übrigens wäre eine Chancengleichheit in der Bundesliga auch ganz ohne die zu erwartenden Quarantäne-Maßnahmen gegen einzelne Teams nicht gegeben. Schließlich sind die Trainingsbedingungen der Teams seit Wochen ausgesprochen ungleich. Diese Woche durfte bspw. der SC Paderborn bereits am Montag ins Teamtraining starten, während Werder dies frühestens ab Donnerstag darf. Noch gravierender: Werder durfte wochenlang nur in Vierergruppen trainieren, während der potenzielle erste Gegner (Köln) immerhin in Zwölfer-Gruppen trainieren konnte. Dass dies massive Auswirkungen auf die Startbedingungen nach einer Ligafortsetzung haben dürfte, ist offensichtlich
    .
    3. Gesellschaftliche Aspekte:

    Politiker und Manager führten als Argument für die Fortsetzung der Saison immer wieder ins Feld, dass dies Menschen trösten und von der schwierigen Gesamtsituation ablenken könnte. Natürlich ist dies nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Aber auch hier darf der Fußball sich nicht erhöhen. Wenn ich beispielsweise Ralf Rangnick, Boss der gleichförmigen Red Bull Fußballfilialen rund um den Globus sagen höre, dass Fußball allein „aus psychologischer Sicht“ wichtig sei „für die gesamte Menschheit", verliere ich jedes Verständnis für die Forderung der Saisonfortsetzung. Außerdem vermissen viele Fans den Fußball ja nicht nur wegen dem Spielgeschehen während der 90 Minuten, sondern auch wegen des Gesamterlebnisses. Die Stimmung und Gemeinschaft im Fankollektiv können aber bei Geisterspielen nicht rüberkommen, dass hat man meiner Meinung nach schon sehr eindrucksvoll bei den bisherigen Geisterspielen in dieser Saison erleben müssen.
    Zudem muss man sich klar machen, dass die so oft von Politik und Funktionären behauptete psychologische Relevanz praktisch auch enorme negative Emotionen auslösen wird. Steigt der geliebte Verein ab oder verliert einen sicher geglaubten Titel, findet man als Fan im Stadion oder der Fußballkneipe zumindest Gleichgesinnte, mit denen man sich gegenseitig trösten und wiederaufbauen kann. Schwieriger wird es, wenn man den Titelverlust/Abstieg allein in Isolation vor dem Fernseher hinnehmen muss.
    Ein weiteres gewichtiges Argument gegen die Saisonfortsetzung ist aus meiner Sicht der große Testaufwand in der Liga. In Deutschland konnten in den vergangenen Wochen auf Grund von mangelnden Testkapazitäten vielerorts auch Menschen mit Infektions-Symptomen nicht getestet werden. Die Konsequenz lautete für diejenigen, die sich testen lassen wollten, Ungewissheit oder auch eine teilweise nicht notwendige Selbstisolation oder Quarantäne. Derweil in der Bundesliga Bundesliga: Gemäß dem DFL-Schutzkonzept werden jetzt alle Spieler regelmäßig getestet. Pro Woche (!) macht die Fortführung der Saison etwa 3.600 Tests nötig. Bei etwas acht verbleibenden Saisonwochen bis Ende Juni wären das etwa 28.800 Tests. Selbst wenn die Testkapazitäten momentan ausreichen sollten (danach sieht es nach Expert*innen aus), stellt sich die Frage, was passiert, wenn sich die Verbreitungsgeschwindigkeit des Virus während der kommenden Wochen beschleunigt und wieder mehr Tests in der Gesamtgesellschaft benötigt werden. Kann man riskieren, dass jemand nur deshalb nicht auf eine Infektion getestet werden kann, damit die Bundesliga weiterlaufen kann? Außerdem: Die aktuellen Testkapazitäten reichen auch nur deshalb aus, weil andere Berufsgruppen eben anders als Profifußballer nicht regelmäßig getestet werden. Wäre es nicht sinnvoller, Personen aus systemrelevanten Berufsgruppen eine regelmäßige Testung zu ermöglichen, bevor man dies in der Bundesliga anordnet? Wichtiger müsste es doch sein, dass Kassierer*innen, Erzieher*innen oder Lehrkräfte diese Möglichkeit hätten. Andernfalls könnte dies zu großem Unmut führen.

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    Zuletzt bearbeitet: 7. Mai 2020
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  13. Christian Günther

    Christian Günther Moderator

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    Ohnehin bin ich der Meinung, dass es gesellschaftlich fatal wäre, würde die Politik der Bundesliga in vielerlei Hinsicht entgegenkommen, während man andere Branchen oder auch Sportarten kaum Unterstützung bietet. Das Gefühl, dass eine Lex Bundesliga geschaffen wird, wäre ausgesprochen ungünstig und würde dem gesamten Fußball in Deutschland Schaden zufügen. Gerade auch innerhalb der Sportwelt: Seit Jahren wird der Fußball viel stärker unterstützt und gefördert von der Politik als andere Sportarten und auch viel häufiger im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen gezeigt und das obwohl im Fußball Milliarden bewegt werden, während andere Sportarten auch vor Corona schon arge Finanzierungsprobleme hatten. Und jetzt soll in einer Krise, die alle Sportarten mit voller Wucht trifft, konkret der Bundesliga entgegengekommen werden? Das halte ich für den falschen Weg. Dass an Ausnahmereglungen gearbeitet wird, ist aus meiner Sicht relativ eindeutig. Gerade gestern hat Anja Stahmann, die Vorsitzende der Sportminister*innenkonferenz noch erzählt, dass derzeit sehr viel Lobbyarbeit geleistet werde, damit die Bundesliga wieder anlaufen könne.

    Zusammengefasst: Ich bin der Meinung, dass eine Saisonfortsetzung aus gesundheitlichen, sportlichen und gesellschaftlichen Gründen zu diesem Zeitpunkt falsch wäre. Für mich lautet die Konsequenz, die Saison abzubrechen. Dabei ist aus meiner Sicht keinerlei Wertung einer unabgeschlossenen Saison standhaft. Schließlich haben nicht einmal alle Vereine gleich viele Spiele bestritten derzeit. (Mir ist bewusst, dass dies die Entscheidung der französischen Ligue 1 ist und halte dies für hochgradig fragwürdig und auch juristisch anfechtbar.) Auch eine nachträgliche Beendigung der Saison zu einem beliebigen Zeitpunkt (beispielsweise zum Ende der Hinrunde) ist für mich keine realistische Option, da auch dann keine gleichmäßige Anzahl an Heim- und Auswärtsspielen bestritten wurde und die Vereine die letzten Hinrundenspiele ganz anders angegangen wären (Vereine auf einem Abstiegsplatz hätten beispielsweise alles nach vorne geworfen, wenn ein Unentschieden keine Bedeutung mehr gehabt hätte; ebenso die „Verfolger“vereine, die um Meisterschaft oder Europapokalplätze kämpften.) Am fairsten wäre es aus meiner Sicht daher, die Saison abzubrechen und zu einem späteren Zeitpunkt mit denselben Parametern neu zu beginnen. Natürlich wäre das auch äußerst ärgerlich für Vereine, die in dieser Saison sehr starke Leistungen gebracht haben (ich denke bspw. an Liverpool in England oder Bielefeld in der 2. Bundesliga), aber aus meiner Sicht wäre dies deutlich fairer als alle anderen Lösungen.
    Aber auch wenn es so kommen sollte, stellt sich natürlich die Frage nach der Zukunft der Bundesliga. Viele Vereine würde der Abbruch der Saison einen enormen finanziellen Schaden zufügen. Daher muss alles versucht werden, damit keine Vereine in die Insolvenz geraten. Dazu muss gemeinsam geschaut werden, ob beispielsweise TV-Gelder bereits frühzeitiger ausgezahlt werden könnten, natürlich mit Gegenleistungen für die Medienunternehmen (wie einer mittelfristigen Beitragssenkung). Auch die Lizenzierungsverfahren müssen (wie bereits teilweise geschehen) die aktuelle Situation berücksichtigen. Und es sollte auch geschaut werden, ob und wenn ja wie sich die Vereine gegenseitig stützen können. Auch der Branchenprimus Bayern München kann schließlich auch aus eigenem Nutzen kein Interesse daran haben, dass zahlreiche Traditionsvereine die Krise nicht überstehen können.
    Darüber hinaus sollte ein Saisonabbruch unbedingt auch dazu genutzt werden, dass die Vereine der Bundesliga schauen, wie das seit Jahren anhaltende explosionsartige Steigen der Geldflüsse im Profifußball gestoppt werden kann. In dem Zuge besteht die große Chance, auch die Spannung und Chancengleichheit des Wettbewerbs wieder zu erhöhen. Seit Jahren driftet die Schere zwischen den reichsten Klubs der Liga und den anderen Vereinen immer weiter auseinander. Die Coronakrise könnte diese Kluft entweder noch weiter vergrößern oder verringern. Im Folgenden reiße ich ein paar Ideen an (die teilweise übrigens bereits vor fünf Jahren von mabo in sehr ähnlicher Form formuliert worden sind), mit denen die Schere verringert werden könnte:
    1. Idee: Einführung einer ligainternen Sport-Luxusabgabe nach amerikanischem Vorbild. Auf den Personalaufwand eines Klubs könnte ab einem festzulegenden Betrag X eine Liga“steuer“ erhoben werden. Die Einnahmen aus dieser Ligaabgabe werden gleichmäßig an alle Vereine der Liga verteilt.
    2. Idee: Die Financial Fair Play Regelungen der UEFA sollten auch auf DFL-Ebene übertragen und konsequent durchgezogen werden. Allerdings sollte dabei die Maßgabe herrschen, dass ein einzelner Investor, Sponsor oder Mäzen maximal 25 Prozent zum Gesamtumsatz beisteuern darf. Bspw. dürfte dann Volkswagen den VfL Wolfsburg nur noch mit 20 Millionen Euro jährlich unterstützen und nicht mehr mit über 100 Mio. Wichtig ist, dass Entscheidungen nicht in die andere Richtung laufen und bspw. sogar die 50 + 1 – Regelung fällt.
    3. Idee: Besonders wichtig wäre es, dass die Fernsehgelder wieder solidarischer verteilt werden. Dabei wäre selbst das englische Verteilungsmodell ein Fortschritt: In Deutschland erhält der Erste in der Bundesliga derzeit etwa die vierfache Summe des Letzten, in England „nur“ etwa 70 Prozent mehr. Die unfaire Verteilung der Fernsehgelder ist in Deutschland in den letzten Jahren massiv gestiegen und war – neben dem Einstieg von Plastikvereinen – der Hauptgrund dafür, die ungleichen Ligaverhältnisse zu zementieren. (Vor zehn Jahren lag das Verhältnis der Verteilung der Medieneinnahmen in der Bundesliga zwischen dem Ersten und dem 18. übrigens noch bei 2,3:1 statt wie heute bei 4:1.)
    4. Idee: Einrichtung eines gemeinsamen Notfallfonds auf Bundesligaebene, mit dem Vereine in (nicht selbstverschuldeter) Not unterstützt werden können. In diesen Fonds sollten alle Vereine verpflichtend einen gewissen Geldbetrag pro Saison einzahlen müssen.
    Alle Maßnahmen ließen sich ohne jegliche Gesetzesänderungen mit den entsprechenden Mehrheiten innerhalb des Ligaverbandes umsetzen. Es fehlt nur der (fußball)politische Wille. Am sinnvollsten wäre es sogar, wenn diese Maßnahmen nicht nur in Deutschland, sondern sogar europaweit oder zumindest gemeinsam mit den fünf großen Fußballigen (Spanien, England, Italien, Frankreich und Deutschland) durchgeführt werden, um auch die Chancengleichheit im Europapokal zu fördern und zu verhindern, dass Topspieler die Liga aus finanziellen Gründen wechseln.

    Aus meiner Sicht steht der Fußball heute an einem Scheideweg: Wenn er sich jetzt zu sehr erhöht und auf Teufel komm raus versucht, so weiterzumachen wie vor Corona, wird er viele Fans verlieren. Es geht bei der Diskussion um die Fortsetzung der Bundesliga eben nicht einfach um die kurzfristig bestmögliche Vermarktung des „Produkt Fußballs“, sondern um Gesundheit, Glaubwürdigkeit und Zukunft eines fannahen Volkssports, der für alle da ist.

    (2/2)
     
    Zuletzt bearbeitet: 6. Mai 2020
  14. Und endlich wieder Döp Döp Döp und Come on FC, gell?
     
    Weserpizarro24 gefällt das.
  15. Hatten wir bei Werder auch mal, die Ottokratie. Und es war eine schöne und erfolgreiche Zeit. Wie sagte Otto mal: "Jeder hat das Recht, meine Meinung zu sagen"...:D
     
  16. Naja, es gibt hier Leute, die glauben, das die guten Zahlen zuletzt am Wetter liegen...:lol: Ist das auch Unwissenheit?
     
  17. Cyril Sneer

    Cyril Sneer

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    Duisburg WVSC-Sieger #228
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    Psssssst!
     
  18. Gojira

    Gojira

    Ort:
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    Der Vorwurf Frau Brinkmann könne entweder nicht rechnen und habe "jeden Bezug zur Realität verloren" beruhte aber durchaus auf der Annahme, man könne die Zahlen einfach auf die Gesamtbevölkerung hochrechnen und sehe dann schon, wie falsch sie liegen muss.

    Das ganze hat nur nichts mit dem zu tun, was wirklich gesagt wurde. Konnte die Sendung jetzt auch sehen. Frau Brinkmann macht sehr deutlich, dass sie mit ihren Aussagen erläutern möchte, warum sie diesen unvollständigen Datenschnipsel für nicht aussagekräftig hält. Sie zieht eben keine Schlüsse aus diesen Zahlen, sondern zeigt nur auf, wie groß die Bandbreite der möglichen Schlussfolgerungen ist, so lange Teile der Daten aus ominösen Gründen einfach geheim bleiben.
    Wer sehen will, dass jetzt "alles super" ist findet sich eben bestätigt, wer sagen will, dass erstmal "alles Katastrophe" ist, kann das damit aber ebenso gut "belegen". Das ist dann am Ende einfach nur Kaffesatzleserei und führt zu nichts.

    "Diese Zahlen sagen gar nichts" ist da einfach eine seriöse Einschätzung. Sie geht eben nicht davon aus, dass die Dunkelziffer 20 mal höher ist als bekannt, aber der löchrige Datensatz der Bundesliga ließe diese Schlussfolgerung zu, wenn man für die unbekannten Größen nicht auf günstige sondern ungünstige Zahlen spekuliert. Das heißt nicht, dass die ungünstigen Zahlen echt sind, sondern, dass man von diesem Datensatz nicht genug weiß, um überhaupt irgendwelche Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.

    Die anderen Diskussionsteilnehmer hatten sich aber augenscheinlich schon richtig über die "guten Nachrichten" gefreut und wollen sich das halt nicht miesmachen lassen. Zu verlockend die Aussicht, endlich das Problem weggerechnet zu haben. Kopfschütteln haben da bei mir in erster Linie der weltfremde Schauspieler und der Koch verursacht.

    "Dieses Video ist aus rechtlichen Gründen nicht in Ihrem Land verfügbar Wir bitten um Verständnis" ist die Meldung, die ich bei fast allen Videos der Mediathek kriege, dieses mal ging es aber sogar wirklich.
     
    holgerwehlage und SkankinPenguin gefällt das.