Werder und Höttges: Überzeugung auf dem Eiffelturm

Werders Ehrenspielführer Horst-Dieter Höttges in der Business-Loge des Weser-Stadions.
Profis
Mittwoch, 10.09.2008 / 00:00 Uhr

Obwohl dieser 20-jährige Frischling, der Horst-Dieter Höttges hieß und vom Regionalligisten Borussia Mönchengladbach kam, nur auf der Bank saß: Dem Nationalmannschaftskapitän war der athletische Verteidiger...

14 Jahre lang streifte sich Werders Ehrenspielführer Horst-Dieter Höttges das Trikot der Grün-Weißen über. 420 Bundesliga-Spiele und 55 Tore sowie 66 Länderspiele (Ein Treffer) stehen auf seinem Konto. Er wurde Deutscher Meister 1965 mit Werder Bremen und Weltmeister 1974, Vize-Weltmeister 1966 und Europameister 1972 mit dem DFB-Team. Die Verbindung zu Werder ist nie gerissen. Seit Jahren begleitet der ehemalige Verteidiger als erfolgreicher Co-Trainer die U 15 des Klubs. Am Mittwoch feiert Horst-Dieter Höttges seinen 65. Geburtstag. Werder.de zeichnet mit Hilfe der Erinnerungen aus Arnd Zeiglers Werder-Almanach „Lebenslang grün-weiß“ eine einzigartige Bremer Karriere nach.

 

 

Obwohl dieser 20-jährige Frischling, der Horst-Dieter Höttges hieß und vom Regionalligisten Borussia Mönchengladbach kam, nur auf der Bank saß: Dem Nationalmannschaftskapitän war der athletische Verteidiger im Mai 1964 während dessen erster Kader-Berufung für das Länderspiel gegen Schottland nicht entgangen. „Junge, du kannst zu uns nach Hamburg kommen. Überleg’s dir!“, ist aus diesen Tagen von Uwe Seeler überliefert. „Ich fühlte mich sehr geschmeichelt, denn Uwe war ja in diesen Jahren schon ein absolutes Idol“, erinnert sich der Jubilar in der Werder-Chronik „Lebenslang grün-weiß“ von Arnd Zeigler.

 

Entführung nach Paris

 

Doch Werder, vor allem in Person von Geschäftsführer Hans Wolff, hatte die Fährte längst aufgenommen und schreckte dabei selbst vor einer kurzweiligen „Entführung“ nicht zurück. Eigentlich wollte Höttges nur nach Mönchengladbach zurück, die Eindrücke sacken lassen, über Zukunft und Angebote nachdenken. So viel Zeit blieb ihm nicht, im heimatlichen Rheinland kam er erst gar nicht an. Jene denkwürdigen Tage fasst Höttges so zusammen: „Ich wurde also nach Bremen gekarrt.“ Und damit auch kein anderer Klub in letzter Sekunde eingreifen konnte, hatte Hans Wolff vorgesorgt. „Ich gebe dem Seppl Piontek Reisegeld, und der fährt mit dir für acht Tage nach Paris.“ „Aber ich habe doch gar keine Klamotten mit“, erwiderte Höttges ungläubig. Das Bekleidungsproblem löste Wolff pragmatisch: „Kein Problem, wir kaufen dir welche.“ Als über eine Woche Ablenkung auf dem Eiffelturm, im Louvre und am Arc de Triomphe vergangen waren, flog die Werder-Mannschaft zu einem Turnier nach New York. An Bord: Horst-Dieter Höttges. „Mit dunkler Sonnenbrille getarnt setzte ich mich als Mönchengladbacher in den Flieger und kam als Werderaner zurück, denn inzwischen hatte ich einen gültigen Vertrag unterschrieben.“

 

Gleich in der ersten Saison 1964/65 folgte die Krönung auf der nationalen Bühne. Werder sicherte sich im zweiten Jahr nach Gründung der Bundesliga den Titel, Höttges verpasste lediglich ein Saisonspiel. Der kompromisslose Verteidiger, der weder sich noch Gegner schonte, reifte zügig zur etablierten Größe. „Ich war schnell, robust, zweikampfstark, hatte einen ganz guten Kopfball.“ Kaum in der deutschen Beletage angekommen, wollte auch Nationaltrainer Helmut Schön nicht mehr auf den Bremer verzichten. Die Leistungen des alsbald auf den martialischen Beinamen ‚Eisenfuß’ Getauften hatten ihn unverzichtbar gemacht. Dem Spitznamen erwies er nur allzu oft gebührend Ehre. Einschätzungen über ihn schwankten dabei stetig zwischen Lob, Ehrfurcht und gar Angst.

 

Begegnungen mit 'Eisenfuß'

 

Sepp Herberger brachte es auf den Punkt: „Es ist für jeden Spieler eine Strafe, gegen diesen Mann zu spielen.“ Gilbert Grees, seiner Zeit Angreifer beim VfB Stuttgart, etwa klagte nach einigen gemeinsamen Erlebnissen: „Der Höttges, das ist ein Mörder.“ Uwe Seeler war lange Zeit Weggefährte in der Nationalmannschaft. „Er ging keinem Zweikampf aus dem Weg, kämpfte aber immer mit offenem Visier“, analysiert das HSV-Idol. Selbst der Allerbeste seines Faches denkt nur ungern an die Duelle mit Höttges zurück. „Er war einer der unangenehmsten Gegenspieler, gegen die ich antreten musste“, honoriert Gerd Müller.

 

Und doch, es gab sie, die Momente, in denen Gegenspieler von Horst-Dieter Höttges besser aussahen als er selbst. Sogar zwei Mal geschah es, dass sie sich dabei direkt in die Fußball-Geschichtsbücher eintrugen. Ein gewisser Geoff Hurst erzielte im WM-Finale von 1966 einen Dreierpack, darunter das nunmehr mythenumwobene „Wembley-Tor“. „Die positiven Erinnerungen überwiegen absolut, auch wenn ich im Finale dumme Fehler gemacht habe.“ Und 1974 entwischte Jürgen Sparwasser dem Bremer im WM-Vorrundenspiel der BRD gegen die DDR. „Ich wurde eingewechselt und neun Minuten danach schoss Sparwasser gegen mich das entscheidende Tor. Auch wieder so ein Fehler, den man nie vergessen kann.“

 

Unvergessen bleiben trotzdem 14 Jahre bei Werder Bremen auf der Bühne Bundesliga, von der er 1978 abtrat. 14 Jahre, in denen die Grün-Weißen teilweise tief im Existenzkampf steckten. Abgestiegen war er nie, so wie er es einmal angekündigt hatte. Lukrativen Verlockungen aus Stuttgart, aus den USA, sogar aus Barcelona widerstand Höttges ohne ein späteres Bereuen. „Ich habe mich in dieser kleinen Stadt Bremen immer viel zu wohl gefühlt.“

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