Er hat einfach nur auf den Ball geschaut und dann abgezogen. Und die Kugel katapultierte sich in den äußersten Winkel des Tores. „Das war auf jeden Fall das schönste Tor, das ich für den HSV geschossen habe, vielleicht das schönste meiner Karriere“, freute sich Ivica Olic, wohlwissend, dass er mit diesem Treffer einen ganz glücklichen Sieg für die Hamburger besiegelte. „Zu der Entscheidung, einfach mal abzuziehen, kann man ihm nur gratulieren. Wir hätten ihn aber gar nicht erst zum Schuss kommen lassen dürfen“, ärgerte sich Thomas Schaaf, der die Mannschaft durch diese Unachtsamkeit um den Lohn ihrer Arbeit gebracht sah.

Denn spielerisch und in Sachen Engagement war Werder die tonangebende Mannschaft in der HSH Nordbank Arena. „Fußball ist eben ungerecht. Ich habe vom HSV überhaupt nichts gesehen. Nur lange Bälle und ein Sonntagsschuss. Und jetzt sitzen sie draußen und lassen sich feiern“, zeigte sich Torsten Frings gefrustet. Mit etwas mehr Abstand und weniger Emotionen analysierte Per Mertesacker die Partie. „Die Leistung stimmte, das Ergebnis nicht. Das sah heute eigentlich ganz gut aus. Wir waren sehr engagiert, läuferisch stark und hatten von Anfang an das Gefühl, dass hier heute etwas geht. Auch der Rückstand hat dieses Gefühl nicht verändert. Und nach dem Ausgleich hatten wir das Spiel auch im Griff. Wir haben viele gefährliche Bälle in den Fünf-Meter-Raum gebracht, wo dann hin und wieder einfach mal ein Spieler gefehlt hat, der das Ding über die Linie drückt. Aber vielleicht haben wir uns durch diese Sicherheit auch etrwas täuschen lassen. Der HSV hat gute Konter gefahren.“

Auch Frank Baumann blieb bei seiner Bewertung bei den grün-weißen Defiziten. „Wir haben es in der zweiten Halbzeit verpasst, die Chancen besser auszuspielen und dürfen uns dann nicht beschweren, wenn der Gegner mit einem Sonntagschuss das Spiel entscheidet.“ Die Enttäuschung war beim Werder-Kapitän entsprechend groß. „Das kann man wohl sagen. Das war ein sehr wichtiges Spiel für uns, nicht nur weil es das Nordderby war. Es wäre für die Tabelle sehr wichtig gewesen, wenn wir unseren Aufwärtstrend hätten fortsetzen können.“

Mit den Fakten des Spieltages wollte Klaus Allofs auch nicht zufrieden sein. „Wir wollten zu den Hamburgern aufschließen. Das wäre eine akzeptable Situation gewesen. Doch jetzt sind sie sechs Punkte weg und einige andere Teams sind noch weiter vorn. So gesehen ist das schon ein Rückschlag.“ Doch der Werder-Geschäftsführer stellte auch die vielen positiven Aspekte heraus, die das Team am Sonntagabend zeigte. „Für die Tabelle war das heute nicht gut. Die Leistung war heute aber stark verbessert. Wir hätten uns nicht entschuldigen müssen, wenn wir hier als Sieger vom Platz gegangen wären. Wir können hier einige gute Dinge mitnehmen. Dinge, die für die nächsten Wochen Mut machen.“ Allofs weiter: „Wir sind nach dem Rückstand schnell zurückgekommen und waren nach dem Ausgleich näher am 2:1 dran als der HSV, haben aber oft etwas zu kompliziert gespielt. “

Vor allem die kleine Unkonzentriertheiten sollen in den kommenden Spielen noch beseitigt werden. „Das muss unser Motto sein. Beim ersten Tor wehrt Tim Wiese einen sehr guten Freistoß ab, aber wir sind nicht so aufmerksam wie Guerrero. Diese Fehler müssen wir abstellen, dann können wir noch einige Plätze gut machen und international im Wettbewerb bleiben.“

von Michael Rudolph und Dominik Kupilas