Der WERDER-Almanach 2008: Teil 5 - Q bis T

Selbst im portugiesischen Braga konnten sich die Werder-Profis an einem Donnerstagabend im Februar über die Unterstützug durch die eigenen Fans freuen.
Profis
Montag, 29.12.2008 / 22:38 Uhr

Zwölf Monate sind wie im Flug vergangen. Höhen und Tiefen, Jubel und Enttäuschung. Das Jahr 2008 hatte besonders viel Abwechslung zu bieten. Nicht leicht den Überblick zu behalten. Deswegen bietet WERDER.DE zum Jahresende den grün-weißen Almanach an. Werder 2008 von A bis Z, zum Erinnern und Schmunzeln.

 

 

Q – Quer durch Europa:  Fußball-Fans nehmen einiges auf sich, um ihren Klub, so oft es irgend möglich und machbar ist, live zu sehen. In der Leidensfähigkeit auf allen Ebenen vereint, egal zu welchem Wappen man steht. Wenn sogar Jobs aufs Spiel gesetzt werden und ein schiefer Haussegen sowieso einkalkuliert ist, einzig damit man beispielsweise am späten Donnerstagabend in Braga/Portugal oder mittwochs in Nikosia/Zypern anwesend sein kann. Im Gedächtnis von Werders Fanbeauftragten Dieter Zeiffer ebenso wie in denen der Mitarbeiter des Bremer Fan-Projektes müssen auch in den vergangenen zwölf Monaten unzählige Anekdoten aus der Szene dazugekommen sein. 25 Pflichtspiele haben die Werder-Profis im Kalenderjahr 2008 auswärts bestritten. 17 in der Bundesliga, fünf in den Europapokal-Wettbewerben und drei im DFB-Pokal. Ungeachtet etwaiger Besuche von Freundschaftsspielen oder gar Trainingslagern hätte ein in Bremen lebender Werder-Fan (-> Allesfahrer, der), sofern er keine Pflichtpartie verpasst hat, insgesamt weit mehr als 30.000 Kilometer mit Auto, Zug, Fanbus, Fähre und/oder Flugzeug zurückgelegt.

 

R – Räuspertaste, die: Marcel Reif zählt zweifellos zu den populärsten Stimmen der deutschen Fußball-Kommentatoren-Riege, hat unzählige WM-, Champions-League-, Bundesliga-Partien auf dem Buckel und einen Grimme-Preis (-> Torfall von Madrid, der) im Arbeitszimmer stehen. Doch auch die Meister ihres Fachs sind vor technischen Unachtsamkeiten nicht gefeit. „Mitanhören“ durften das etwa die TV-Zuschauer, welche sich für die Live-Übertragung des ersten Werder-Bundesliga-Heimspiels 08/09 gegen den FC Schalke 04 entschieden hatten. Denn während Hugo Almeida gerade eine Großchance zur 2:0-Vorentscheidung vergab, platzierte sich ein Print-Kollege breitschultrig genau vor Reifs Kommentatorenplatz und versperrte die Sicht. Darauf machte der Premiere-Mann den Kollegen zurecht darauf aufmerksam, dass die Pressetribüne kein Stehplatzblock sei, vergaß jedoch stellenweise, das Mikrofon per Räuspertaste verstummen zu lassen, weswegen folgender legendärer Dialog aus Minute 83 in Tonfetzen ungewollt den Weg in die Wohnzimmer fand. Reif (konzentriert): „Möglichkeit Almeeeeeida… und wieder vorbei.“ Sechs Sekunden Pause. Reif (ortskundig): „Sach ma, wir arbeiten hier.“ Kollege am falschen Ort (aufklärend): „Ja, ich auch!“ Reif (wegweisend): „Ja, aber dann schleich Dich und lass mich gucken!“ Weitere sieben Sekunden nicht identifizierbarer Hintergrundtöne vergingen, ehe Marcel Reif die heftige Unterredung mit einem Hinweis auf ein dem Becken nahe liegendes Körperteil beendete. Kaum zwei Minuten später besorgte Heiko Westermann übrigens den aus Werder-Sicht äußerst unglücklichen 1:1-Endstand.

 

S – Stroboskop, das (Gerät zur Erzeugung von Lichtblitzen in hoher Frequenz): Rasche Entwarnung gab es immerhin für die Lebensmittelvergiftungstheorie. Sorgen musste man sich trotzdem machen. Denn Christian Vander wechselte schon seit der Erwärmung bis in die ersten Minuten des Champions-League-Auftritts bei Panathinaikos Athen hinein beständig die Gesichtskolorierung zwischen Grün und gewohnter Farbe. Laserpointerstrahlen sollten den Werder-Keeper an der gewohnten Berufsausübung behindern. Einige wenige griechische Fans hatten wohl zu lange Zeit in Großraumdiskotheken unter gewöhnungsbedürftigem 80’er Pop verbracht. Erst als Schiedsrichter Mike Riley nach zweimaliger Spielunterbrechung und wiederholter Unterlassungsaufforderungen des Panathinaikos-Präsidenten per Stadionmikrofon ans Publikum mit dem Spielabbruch drohte, stellte man die Lasershow widerwillig ein. Vander selbst nahm die Ablenkungsversuche gelassen zur Kenntnis: „Das scheint hier gerade Mode zu sein.“ Beeindrucken ließ sich der 28-Jährige davon jedenfalls nicht, er zeigte eine mehr als ansprechende Leistung und besaß großen Anteil am 2:2-Punktgewinn. Warum diese Unsitte allerdings drei Tage darauf in Hannover einzelne Imitatoren ausgerechnet aus der Bremer Anhängerschaft fand, bleibt deren Geheimnis. Ins Visier geriet dabei 96-Keeper Florian Fromlowitz, was Gegenüber Christian Vander (-> Opfer in Athen, das) nur kopfschüttelnd kommentieren konnte: „Dummheiten finden leider immer wieder Nachahmer.“ Fromlowitz bewahrte sein Team in der Schlussphase mit zwei großartigen Paraden gegen Mesut Özil und Markus Rosenberg vor der Niederlage.

 

T – Tränen lügen nicht, die: „Wenn du mir sagst, alles ist vorbei, Wenn du nicht glaubst, sie ist immer treu, Dreh dich einmal um, schau in ihr Gesicht, Und du wirst sehen, Tränen lügen nicht“, schmachtet Michael Holm seit 1974. Auch wenn Tim Borowksi nach seinem allerletzten Heimspiel (-> 10.06.08; 6:1 gegen Hannover 96) im Werder-Trikot energisch dagegenhielt: „Wenn dann waren es vielleicht ein paar Schweißperlen. Ich bin trocken geblieben.“ Doch seine zwölf Jahre in Bremen sind an ihm genauso nicht spurlos vorübergegangen wie das gleichfalls lange Wirken der drei anderen verdienten Abschiednehmer 2008. Ivan Klasnic (sieben Jahre), Zeugwart „Oberst“ Detlef Kollra (13 Jahre), Busfahrer Horst „Bussi“ Kück (zehn Jahre) und der gebürtige Neubrandenburger Borowski bringen zusammen 42 Lenze in Grün-Weiß auf den Buckel. Kollras Spitzname mit Hinweise auf dessen früheren militärischen Dienstgrad kommt übrigens nicht von ungefähr. Claudio Pizarro etwa erinnert an nachwirkende Alpträume: „Als ich das erste Mal bei Werder war, da war ich noch sehr jung und hatte Angst vor ihm. Wir durften nicht mal unser Trikot tauschen.“ Und die vielen verbrauchten Taschentücher der Beteiligten geben Schlagerbarde Holm schlussendlich doch Recht. Denken wir an „Bussis“ letzte Fahrt zum Weser-Stadion nach über 500.000 Kilometern in Diensten Werders wenige Tage nach dem Heimsieg über Köln. „Es fällt mir sehr schwer und geht mir sehr nahe“, stockte der 64-Jährige tränennass mit zittriger Stimme in einem denkwürdigen WERDER.TV-Beitrag.

 

 

Die weiteren Buchstaben des WERDER-Almanachs 2008 folgen in den kommenden Tagen

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