WERDER.DE:Die Reiserei würde als Spielerberater sicherlich weitergehen. In welchem Land hast du dich am wohlsten gefühlt?
Aílton: "Ich habe am längsten hier in Deutschland Fußball gespielt - sechs Jahre bei Werder, ein Jahr auf Schalke und bei meinen anderen Stationen. Zudem habe ich hier alles gewonnen, die Meisterschaft, zweimal den Pokal und bin Torschützenkönig geworden. Hier hatte ich die schönsten Momente. Fußballerisch und persönlich habe ich mich in Deutschland mit Abstand am wohlsten gefühlt. Es war eine tolle Zeit."
WERDER.DE: Würdest du sagen, dass du durch die lange Zeit in Deutschland selbst ein bisschen deutsch geworden bist?
Aílton: "In erster Linie bin ich natürlich zu hundert Prozent Brasilianer (lacht). Wenn ein Brasilianer oder ein Südamerikaner nach Deutschland wechselt, ist es wie eine kalte Dusche für ihn. Man muss sich komplett umstellen. Hier wird bekanntlich auf Dinge wie Pünktlichkeit und Disziplin geachtet. In Brasilien geht alles lockerer zu, man lacht mehr. Du kannst eine Stunde später zum Training kommen und es interessiert niemanden. Wenn du hier zwanzig Minuten zu spät bist, ist das dramatisch. Ich kann mich an all die Diskussionen mit Thomas Schaaf erinnern."
WERDER.DE: Worum ging es?
Aílton: "Ich musste ihm zum Beispiel erklären, warum ich wieder zwei, drei Tage zu spät aus dem Urlaub gekommen bin. Er war sauer. Ich habe ihm erzählt, dass es in Brasilien 38 Grad warm war und in Deutschland plötzlich -10 Grad. Wie soll das gehen? Ich habe gesagt: 'Ich mache ein paar Tore in der Bundesliga als Wiedergutmachung', aber ich konnte ihn nicht beruhigen (lacht). Für uns Brasilianer ist das schwer, diese Mentalität zu akzeptieren, aber ich finde das mittlerweile gut. Disziplin sehe ich positiv. Wenn mein Sohn später Fußball in Deutschland spielen sollte, vielleicht wird er das, werde ich ihm das auf jeden Fall mit auf den Weg geben. 10 Uhr heißt 10 Uhr, morgen heißt morgen - so läuft das."
WERDER.DE: Sind deine Kinder trotz eures südamerikanischen Temperaments eher deutsch?
Aílton: "Mein Sohn eher nicht, aber meine Tochter Alexandra. Sie ist 15 Jahre alt und spricht sehr gut deutsch. Sie hat am ehesten die deutsche Mentalität. Sie sagt mir: 'Papa, ich muss um 8 Uhr in der Schule sein, nicht um zehn nach. Das finde ich gut."