Am Dienstag war Werders U23 zum Studientag zu Besuch in der jüdischen Gemeinde in Bremen. Bei einer Führung durch die Synagoge bekamen die Spieler interessante Einblicke in die Geschichte, Kultur und Bräuche der Jüd:innen in Bremen.
Am Dienstag war Werders U23 zum Studientag zu Besuch in der jüdischen Gemeinde in Bremen. Bei einer Führung durch die Synagoge bekamen die Spieler interessante Einblicke in die Geschichte, Kultur und Bräuche der Jüd:innen in Bremen.
Der gemeinsame Besuch der Synagoge samt Führung war Teil von Werders Perspektivwechsel-Programm "Blick über'n Deich". Mit Hilfe von Einblicken in andere Lebensweisen und Biographien sollen die Spieler:innen dazu gebracht werden, ihre eigene Perspektive und bisherige Lebenserfahrung zu reflektieren. Beispielsweise waren erst vor kurzem die Werder-Frauen zum Studientag in der Gedenkstätte Bunker Valtentin im Norden Bremens. Diesen Sommer plant die U23 darüber hinaus einen Besuch in einer Moschee hier in Bremen.
Für den Großteil der U23-Spieler war es das erste Mal, dass sie eine Synagoge besuchten. Dementsprechend interessiert zeigten sie sich während der Führung und des Vortrages von Elvira Noa, der Vorsitzenden der Bremer Gemeinde. Bevor es aber inhaltlich losging, mussten sich alle Teilnehmenden eine Kippa oder eine Kopfbedeckung ihrer Wahl aufsetzen, da in der Synagoge alle männlichen Personen eine Kopfbedeckung tragen müssen, um ihre Demut gegenüber Gott zu zeigen. Bei der Kippa handelt es sich um eine traditionelle jüdische Kopfbedeckung, die in religiösen Kontexten von Männern getragen wird.
Zu Beginn erzählte Elvira Noa von der historischen Entwicklung der jüdischen Gemeinde in Bremen - von ihren Anfängen über die Verfolgung im Dritten Reich bis hin zum Neuanfang nach Kriegsende. Darüber hinaus ermöglichte sie spannende Einblicke in die Kultur, Bräuche und das Leben in einer jüdischen Gemeinde. Dabei ging sie unter anderem ausführlich auf den Ablauf eines jüdischen Gottesdienstes ein und zeigte anhand von Beispielen anschaulich, wie dieser zelebriert wird. Die Spieler bekamen beispielsweise gezeigt, wo die Tora, die heilige Schrift im Judentum, in der Synagoge aufbewahrt wird.
Die Führung beendete die Gemeindevorsitzende mit einer besonderen Botschaft an Werders Nachwuchsspieler: „Ihr seid die Botschafter im Sport, die nach außen tragen, dass wir alle heute und auch in Zukunft gemeinsam aufeinander zugehen und in Toleranz sowie einem friedlichen Miteinander leben sollten."
Ihr seid die Botschafter im Sport, die nach außen tragen, dass wir alle heute und auch in Zukunft gemeinsam aufeinander zugehen und in Toleranz sowie einem friedlichen Miteinander leben sollten.Elvira Noa
Diese Botschaft nahmen sich die Spieler zu Herzen. Damit endete der Studientag bei der jüdischen Gemeinde in Bremen, bei dem die Spieler viel Neues gelernt haben.
Die Wurzeln der jüdischen Gemeinde in Bremen gehen zurück bis an den Anfang des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1803 gründete sich die erste israelitische Gemeinde in Bremen, die sich im heutigen Stadtteil Hastedt angesiedelt hatte, was damals noch zum Königreich Hannover gehörte. 1813 waren 28 Mitglieder der Gemeinde amtlich registriert. Nur mit der kurzen Unterbrechung während der französischen Besetzung durch Napoleon hatten Jüd:innen kein Niederlassungsrecht in der Stadt Bremen. Das lag vor allem an der judenfeindlichen Politik des damaligen Bürgermeisters Johann Smidt und des Rats der Stadt, die auch von der Kaufmannschaft mitgetragen wurde.
Erst mit dem Erlass der Verfassung von 1849 wurde es Jüd:innen wieder erlaubt, sich in Bremen als gleichberechtigte Bürger niederzulassen. In den Folgejahren entwickelte sich die Stadt zum ökonomischen, sozialen und religiösen Schwerpunkt. 1876 konnte die Einweihung einer Synagoge unweit des Doms in der heutigen Kolpingstraße mitten in der Bremer Alstadt gefeiert werden. Zugleich entwickelte sich eine aktive und weiter wachsende Gemeinde, die einen Frauenverein sowie einen Kranken-, Beerdigungs- und Fürsorgeverein umfasste.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 sollte sich für die Jüd:innen in Bremen das Zusammenleben drastisch ändern. Zu dem Zeitpunkt lebten ungefähr 1.300 Jüd:innen in Bremen, was einem Bevölkerungsanteil von nur 0,4% ausmachte. Im Frühjahr 1933 begannen dann die Boykott-Aufrufe durch die Nationalsozialisten. Mit dem Beschluss der "Nürnberger Gesetze" 1935 wurde begonnen, die Jüd:innen nun auch aus allen öffentlichen Einrichtungen zu verdrängen und auszuschließen. Mit der Reichsprogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 fand die Anfeindungen der Jüd:innen in Bremen und deutschlandweit einen weiteren Höhepunkt. Dem Progrom fiel nicht nur die Bremer Synagoge zum Opfer, die bis auf den Boden niederbrannte, sondern auch fünf Jüd:innen, die in der Nacht ermordert wurden. Es waren die ersten Opfer des noch folgenden Holocausts.
Immer mehr Jüd:innen versuchten spätestens nach diesen Geschehnissen auszuwandern. Von den rund 1.300 Mitgliedern lebten Ende 1939 nur noch rund 650 in Bremen. Ab 1941 begannen dann die Deportationen der noch verbliebenen Jüd:innen in Bremen. Die meisten von ihnen wurden in die Konzentrationslager Theresienstadt und Auschwitz-Birkenau gebracht.
Unmittelbar nach dem Krieg lebten nur noch wenige Jüd:innen in Bremen. Dennoch begann sich bereits wenige Monate nach dem Krieg eine neue kleine Gemeinde in Bremen zu konstituieren. In den folgenden Jahrzehnten wuchs diese langsam wieder um weitere Mitglieder. Anfang der 1960er-Jahre konnte in der Schwachhauserner Heerstraße eine neue Synagoge gebaut und eingeweiht werden, die wenig später um ein Gemeindezentrum erweitert wurde. Bis heute bildet der Ort das Zentrum der jüdischen Gemeinde in Bremen. Mit dem Mauerfall und der Wiedervereinigung zog es in den folgenden Jahren vor allem Jüd:innen aus dem ehemaligen Sowjet-Gebiet nach Bremen. Heute umfasst die Gemeinde wieder rund 800 Mitglieder.
Weitere Informationen und einen ausführlichen Einblick in die Geschichte der jüdischen Gemeinde findest du hier und hier.
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