Gegen das Vergessen

Werder-Frauen zum Studientag in der Gedenkstätte des U-Boot-Bunker Valentin

Die Führung der Werder-Frauen führt auch über das Außengelände (Foto: W.DE).
Von außen werden die Dimensionen des Bunkers ersichtlich (Foto: WERDER.DE).
WERDER BEWEGT
Donnerstag, 18.01.2024 / 17:45 Uhr

Von Till Gaßmann

Gegen das Vergessen, jeglichen Faschismus und Antisemitismus. Diesem Leitsatz hat sich auch der SV Werder Bremen verschrieben. Unterstützt wird dieses Bestreben durch wiederkehrende Aktionen auf und neben dem Platz sowie mit vereinsinternen Maßnahmen. Dazu gehören auch die regelmäßigen Perspektivwechsel von Werders "Blick übern Deich"-Programm.

Über diese Bildungsmaßnahmen sollen die (Nachwuchs-)Spieler:innen von Werder Bremen neue Perspektiven kennenlernen und Einblicke in andere Biographien und Lebensweisen erhalten. So kellnerten beispielsweise zuletzt die Spieler der U17-Mannschaft gemeinsam bei „Dein Festmahl“, einem Weihnachtsabend für bedürftige Bremer:innen. Nun waren im Rahmen der Programmreihe die Werder-Frauen in der Gedenkstätte Bunker Valentin.

Studientag im Bunker Valentin

Auf dem Programm des Studientages stand eine gemeinsame Führung durch die Gedenkstätte des ehemaligen U-Boot-Bunkers Valentin. Mit diesem Bunker ist auch ein Teil der grün-weißen Vereinsgeschichte verknüpft: Theo Eggert war ein deutscher Ingenieur und Fußballfunktionär, der zu den wenigen jüdischen Vereinsmitgliedern Werder Bremens vor 1945 gehörte. Als Zwangsarbeiter wurde er beim Bau des Bunkers eingesetzt. Simon Christian Theodor Eggert, genannt Theo, überlebte den Holocaust und half in der Nachkriegszeit bei dem Wiederaufbau des Vereins als 2. Vorsitzender mit.

Im Mittelpunkt der Führung stand die Historie des Ortes sowie dessen Bedeutung für das nationalsozialistische System und dessen Auswirkungen auf die umliegende Region. Die Führung führte sowohl durch den Innen- als auch durch die Außenbereiche der ehemaligen Bunkeranlage, bei der die Spielerinnen spannende Einblicke in die bewegende Geschichte des Ortes bekamen. 

Ich würde alles dafür tun, dass wir es nie wieder so haben, wie damals.
Juliane Wirtz

Angesichts der komplexen Thematik nahm sich der Führer der Gedenkstätte besonders viel Zeit, um auch die Möglichkeit zu geben, Fragen zu stellen und das schwere Thema auf sich wirken zu lassen. Am Ende der Führung verließen die Spielerinnen den Denkort mit vielen Antworten. Zugleich war das Interesse geweckt, sich noch mehr mit der Zeit des Nationalsozialismus zu beschäftigen. Dementsprechend zog Juliane Wirtz ihr Fazit: "Ich möchte noch mehr Bücher darüber lesen, ich möchte noch mehr wissen und verstehen, was damals passiert ist und wie es überhaupt solche Ausmaße annehmen konnte." 

Gedenkstätte und Lernort Bunker Valentin

Viele Menschen denken bei den unzähligen menschenverachtenden Verbrechen der Nationalsozialisten vor allem an die großen Vernichtungslager in Polen, wie das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Die Verbrechen der Nationalsozialisten fanden aber nicht nur dort statt, sondern auch da, wo man es nicht unbedingt sofort sieht: in unmittelbarer Nachbarschaft. Das beginnt bei der Enteignung und Ausgrenzung und führt hin zu den zahlreichen Konzentrationslagern und ihre Außenlager hier in Deutschland, wie beispielsweise das KZ Neuengamme bei Hamburg. Auch im Land Bremen gibt es mehrere Orte mit nationalsozialistischer Verbrechen, dazu gehört das Gelände rund um den Bunker Valentin.

Ganz im Norden Bremens, zwischen Bremen-Farge und Neuenkirchen, befindet sich der Bunker. Die riesige Bunkeranlage ist eine Ruine einer U-Boot-Werft der deutschen Kriegsmarine. Bereits mehrere Jahre vor dem Krieg begann die NS-Führung 1935 in der Region mit großangelegten Umbaumaßnahmen, um sich für den in Vorbereitung befindenden Angriffskrieg, Öl- und Treibstofflager für die Marine anzulegen. Wenige Jahre später wurde das Gelände ab 1939 um große unterirdische Vorratslager erweitert. 1943 begann dann der Bau des größten Rüstungsprojektes an der Unterweser: der Bau des Bunker Valentin. Von 1943 bis 1945 kamen tausende Zwangsarbeitende aus ganz Europa und Nordafrika dorthin, um unter menschenverachtenden Bedingungen den Bunker zu bauen und für die NS-Rüstungsindustrie zu arbeiten. Darunter gehörten sowohl zivile Zwangsarbeitende als auch Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge. Mehr als 1.600 von ihnen wurden Opfer von Unterernährung, Krankheiten oder willkürlichen Tötungen.

Heute ist der Bunker Valentin eins der wenigen noch sichtbaren Relikte der Kriegsmarine in der Region und dient als Erinnerungsort an den Krieg und als Mahnmal für die Verbrechen der nationalsozialistischen Herrschaft. Zugleich wird der Bunker als Lernort genutzt, um mit Hilfe innovativer pädagogischer Ansätze zur Vermittlung von Geschichte und historischem Bewusstsein beizutragen und Interessierte für die NS-Zeit und unsere historische Verantwortung zu sensibilisieren.

Weitere Informationen und zahlreiche öffentlich zugängliche politische Bildungsangebote zum Thema Nationalsozialismus findest du hier

"Laut gegen Rechts" - Aufruf zur Demo in Bremen

Am kommenden Sonntag, den 21. Januar 2024, findet ab 12 Uhr eine Demonstration des Bündnisses "Laut gegen Rechts" in Bremen am Marktplatz statt. Zahlreiche gesellschaftliche Institutionen rufen zur Teilnahme auf, um ein Zeichen gegen rechtes Gedankengut zu setzen.

Auch der SV Werder Bremen schließt sich diesem Aufruf an. Die Demonstration ist unter anderem eine Reaktion auf die Aufdeckung eines Treffens hochrangiger AfD-Politiker mit Rechtsextremen. Die Demonstration in Bremen schließt sich damit den bereits in dieser Woche bundesweit in mehreren Großstädten stattgefundenen Demonstrationen gegen Rechts an. Alle Infos zur Demonstration findest du hier

 

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