"Das Thema Inklusion wird von jedem Menschen anders wahrgenommen"

Abschlussinterview mit den Inklusionsguides Nadine Greve und Maria Feldhaus

Nadine Greve und Maria Feldhaus stehen seitlich vor einem Bild des Blaumeier-Ateliers.
Nadine Greve und Maria Feldhaus haben den SV Werder ein Jahr begleitet (Foto: W.DE).
WERDER BEWEGT
Freitag, 12.04.2024 / 10:00 Uhr

Das Interview führte Yannik Cischinsky

Nach einem Jahr ist das Projekt „InklusionsGuides“ beim SV Werder Bremen zu Ende gegangen – mit vielen Erkenntnissen für die Recruitingprozesse bei den Grün-Weißen. „Maria und Nadine an unserer Seite zu haben, war eine große Bereicherung. Es war wichtig, Möglichkeiten für Begegnungen zu schaffen und das Bewusstsein für die Potentiale und Erfolge von Menschen mit Behinderungen in der Arbeitswelt zu stärken. Unsere zentrale Erkenntnis ist, dass es keinen "One size fits all"-Ansatz gibt, wie Inklusion in einem Unternehmen gelingt. Entscheidend ist es, offen zu sein“, sagt Eva Ihlenfeld, Leiterin Human Relations beim SV Werder.

WERDER.DE hat zum Abschluss mit den beiden InklusionsGuides des Hildegardis-Vereins, Nadine Greve und Maria Feldhaus, auf die einjährige Zusammenarbeit zurückgeblickt.

WERDER.DE: Moin, Nadine. Moin, Maria. Nach einem Jahr endet euer Einsatz als InklusionsGuides beim SV Werder Bremen. Welches Resümee zieht ihr, wenn ihr auf das Projekt zurückblickt?

Nadine Greve: Inklusion ist ein komplexes Vorhaben, für das schon seit langer Zeit an unterschiedlichen Fronten von unterschiedlichen Akteuren gekämpft wird. Mit Werder war es nie ein Kampf. Im Gegenteil, es wurde uns gezeigt, wie aktiv sich der Club bereits engagiert.

Maria Feldhaus: Ich ziehe insgesamt ein sehr positives Fazit. Auch wenn der Zeitraum von einem Jahr zu kurz war, um alle gesteckten Ziele gänzlich zu erfüllen, hat das Projekt dazu beigetragen, dass alle Seiten - sowohl Werder, als auch wir InklusionsGuides - vieles über Gelingensfaktoren und Hürden beim Thema Inklusion in der Arbeitswelt lernen und mitnehmen konnten. Mit diesen Erkenntnissen kann dann jetzt langfristig weitergearbeitet werden. 

Insgesamt haben wir erkannt, dass die Implementierung des Themas Inklusion in der Arbeitswelt ein langfristiger Prozess ist, der viel Geduld braucht. Auch hier lohnen sich verbindliche Ziele, an denen man sich messen lassen kann.
Maria Feldhaus

WERDER.DE: In dem Projekt ging es ja insbesondere darum, den Bewerbungsprozess des Unternehmens inklusiver zu gestalten. Was waren eure zentralen Erkenntnisse?

Nadine Greve: Sind diese nicht inklusiv gestaltet, schließen sie automatisch Personengruppen als Bewerber:innen aus. Dies kann von den Betroffenen als intentional vom Arbeitgeber gelesen werden und dieser Umstand macht das Unternehmen dann automatisch unattraktiv.

Maria Feldhaus: Es hat sich gezeigt, dass kleine Veränderungen wie beispielsweise die Anpassung der Bildsprache zwar wichtig sind, damit Bewerber:innen mit Behinderung Werder auch als authentisches und ehrlich an Inklusion interessiertes Unternehmen wahrnehmen und sich tatsächlich bewerben, aber diese kleinen Veränderungen - zumindest im Projektzeitraum - nicht zu einem zahlenmäßigen Anstieg von Bewerber:innen mit Behinderung geführt haben. Die Kultur und Haltung, die in einem Unternehmen herrscht, ist dabei deutlich wichtiger, als strukturelle Maßnahmen. Insgesamt haben wir erkannt, dass die Implementierung des Themas Inklusion in der Arbeitswelt ein langfristiger Prozess ist, der viel Geduld braucht. Auch hier lohnen sich - ähnlich wie Werder es bereits in Bezug auf Gender macht - verbindliche Ziele, an denen man sich messen lassen kann.

WERDER.DE: Gab es für euch – oder auch für Werder – einen Aha-Moment, der den Blick auf das Thema noch mal verändert hat?

Nadine Greve: Ja. Das Thema Inklusion wird von jedem Menschen anders wahrgenommen. Das fällt mir auch außerhalb des InklusionsGuides-Projektes auf. Aber viele Menschen möchten mehr drüber lernen und sich engagieren, sie wissen nur nicht ganz einen Zugang zu finden. Oft aus Angst, unbewusst zu diskriminieren.

Maria Feldhaus: Für mich war einer der größten Aha-Momente, dass wir auf der einen Seite festgestellt haben, dass es in vielen Fragen und Belangen von Inklusion keinen "one-size-fits-all"-Ansatz, also keine allgemeingültigen Lösungen gibt, sondern dass immer auch individuell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung geschaut werden muss. Das war im ersten Moment vielleicht etwas unbefriedigend. Aber auf der anderen Seite haben wir auch schnell gemerkt, dass es an vielen Stellen viel einfacher ist als gedacht, auf individuelle Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen und Arbeitsbedingungen bedürfnisgerecht zu gestalten.

WERDER.DE: Nadine, du hattest ja keinerlei Verbindung zum Fußball oder zu Werder, weder als Club noch als Arbeitgeber. Hat sich das mit dem Projekt verändert?

Nadine Greve: Sicher, mir war zwar vorher schon bewusst, dass es hier nicht nur ums Fußballspielen geht und dass es mehr braucht, als elf Spieler und einen schönen Rasen, um den Laden am Laufen zu halten. Durch das Projekt konnte ich jedoch einen sehr interessanten Einblick erhalten. Werder hat auf mich den Eindruck gemacht, dass es ihnen daran gelegen ist, ihren Mitarbeitenden eine angenehme Firmenkultur zu bieten, damit sie optimal arbeiten können.

WERDER.DE: Maria, deine Vorfreude, als Werder-Fan für die Grün-Weißen im Projekt etwas erarbeiten zu können, war ja groß. Was war für dich der schönste Moment?

Maria Feldhaus: Die schönsten Momente waren für mich der Inklusions-Spieltag und der Workshop "Inklusion & Arbeit" auf der Grünen Bude. Es war ein besonderes Erlebnis mit Menschen mit und ohne Behinderung zusammenzukommen, die das gleiche Ziel verfolgen: Werder in Sachen Inklusion ein Stück voranzubringen! Das Zusammentragen von Erfahrungen und Ideen und daraus Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten, die dann auch wirklich angegangen werden, hat mir viel Spaß und auch Mut gemacht, dass sich das Engagement lohnt. 

WERDER.DE: Wie geht’s für euch jetzt weiter? Was nehmt ihr für euren persönlichen beruflichen oder auch privaten Weg aus dem Projekt mit?

Nadine Greve: Zum einen nehme ich wunderbare neue Kontakte mit, die ich innerhalb des letzten Jahres knüpfen durfte. Zum anderen die Gewissheit, dass es Menschen und Unternehmen gibt, denen daran gelegen ist, eine Arbeitswelt zu gestalten, in der die Einschränkung von Menschen mit Behinderung akzeptiert und nicht von ihnen maskiert werden muss.

Maria Feldhaus: Das Projekt hat mir gezeigt, dass ich an dem Thema dran bleiben und mich weiterhin für Inklusion in der Arbeitswelt engagieren möchte - gerne auch auf meinem weiteren beruflichen Weg! 

 

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