WERDER.DE: Kannst du dir vorstellen, warum die vermeintliche Angst vor einem Outing noch immer so groß ist?
Michelle Ulbrich: „Ich glaube schon, dass das zu großen Teilen an der Öffentlichkeit liegt und auch Hass im Netz dabei eine wichtige Rolle spielt. Gerade im Internet, wo die Menschen anonym sind, schreiben viele ungefiltert das rein, was sie gerade denken, aber achten nicht darauf, was das mit der gegenüberliegenden Person macht. Wenn jemand von uns gezielt im Netz beleidigt wird, stehen wir als Mannschaft geschlossen hinter der Spielerin und setzen ein Zeichen. Ich persönlich lese mir keine Kommentare in den sozialen Medien durch – weder positive noch negative. Da muss jede:r selbst einen für sich guten Weg finden, um damit umzugehen. Wenn man präsent in der Öffentlichkeit steht wie zum Beispiel männliche Spieler, ist die Angriffsfläche natürlich größer. Ich denke, dass dabei auch Angst mitspielt, nach einem Outing schief angeschaut und ständig damit konfrontiert zu werden. Wir Spielerinnen werden nicht zwangsläufig auf der Straße erkannt, was es für uns ein stückweit leichter macht.“
WERDER.DE: Was muss sich denn ändern, damit mehr Menschen, insbesondere Männer, sich trauen, sich zu outen bzw. öffentlich zu ihrer Sexualität zu stehen?
Michelle Ulbrich: „Das ist ein ganz großes gesellschaftliches Thema und muss sich ändern. Die Sexualität darf keinen Unterschied mehr machen. Wenn die Öffentlichkeit merkt, dass beispielsweise Homosexualität keine Ausnahme ist, wird man auch nicht mehr schief angeschaut. Wenn das in der Stadt Normalität ist und immer mehr Menschen in der Gesellschaft mit diesen Themen vorangehen, dann würden das auch immer mehr Prominente machen. Egal, ob Fußballer:innen oder andere Sportler:innen.“