Bremer Fans waren schon seit einigen Jahren nach Israel gereist, um sich mit Anhängern von Hapoel Jerusalem anzufreunden, darunter auch Hersh, der ebenfalls mehrmals nach Bremen reiste, Spiele im Weserstadion sah und Fan wurde. Mit seinen neuen Bremer Freunden organisierte er Fußballturniere, auch im Westjordanland. Und man hört von Hersh, dass er das Anliegen der Palästinenser für gerechtfertigt hielt; dass er sich in der Ultragruppe „Brigade Malcha“ für Fußballspiele zwischen israelischen und palästinensischen Kindern einsetzte. Aner Shapira, sein Freund, der durch sein mutiges Vorgehen im Schutzbunker etwa zwanzig Menschen rettete, war sogar ein Linker, er demonstrierte für die Zweistaatenlösung und gegen die Justizreformpläne der israelischen Regierung.
Und dennoch las man von sogenannten deutschen Linken dieses ganze gefühlstote Zeugs über Hersh und seinen Freund. Dass sie doch das System symbolisiert hätten, weil sie Soldaten gewesen seien (wie im Übrigen alle jungen Israelis zum Militärdienst müssen); dass Hershs Geschichte ja nur das Leid der Palästinenser schmälern solle; dass ihm recht geschehen sei und so weiter. Es ist eine der erschreckendsten Folgen des 7. Oktobers, dass selbst Intellektuellen (oder sogenannten Linken) ihre Menschlichkeit abhandenkam. Und sie dort Mitgefühl verweigerten, wo man als Mensch eigentlich zu nichts anderem aufgerufen war. Dabei war Hershs friedlicher, stiller Weg so richtig, so voller Menschlichkeit und einer Vision: Fußballspiele zwischen palästinensischen und jüdischen Kindern. Und Jon Polin, Hershs Vater, war immer wieder auf die verzweifelte Lage der Palästinenser im Gazastreifen eingegangen. Im Wettstreit der Schmerzen, sagte er, gebe es keine Gewinner.
Die israelische Armee fand die Leiche seines Sohns sowie die von fünf weiteren Geiseln in einem Tunnel in Rafah. Laut einem Militärsprecher seien sie mit einem Kopfschuss hingerichtet worden, kurz bevor die Armee sie erreichen konnte.