„Ich musste in große Fußstapfen treten“, sagt Julia Perleberg voller Respekt. Viele Jahre lang hatte ihre Vorgängerin Nadja Pilzweger das Projekt ‚60plus‘ auf- und ausgebaut, mitgeprägt und es zu einem Vorzeigeprojekt in Deutschland gemacht, ehe sie sich entschied, nach Dänemark auszuwandern. Jedoch nicht, ohne in Julia Perleberg eine geeignete Nachfolgerin vorzuschlagen. „Das hat mich sehr gefreut“, sagt die 26-Jährige. „Auch, dass mich Nadja noch zwei Monate lang einarbeiten konnte.“ Ergänzend dazu führte Julia Perleberg viele Gespräche mit den 60plusler:innen. „Mir war es wichtig, ihre Wünsche zu kennen“, betont sie. „Außerdem habe ich meine Ideen eingebracht.“ Und so war schnell für beide Seiten klar: Das passt!
Julia Perleberg wuchs in Osterholz-Scharmbeck vor den Toren Bremens auf und kam schon als Kind mit den Grün-Weißen in Berührung, „weil mein Vater mich regelmäßig ins Stadion mitnahm“. Während der 10. Klasse verbrachte sie ein halbes Jahr in der Nähe von Seattle in den USA und merkte in dieser Zeit, „dass es mich reizt, andere Kulturen kennenzulernen“. Nach dem Abitur erkundete Julia Perleberg ein Jahr lang die Welt, reiste unter anderem nach Australien, Bali, Malaysia, Südkorea, Hongkong, Thailand. Und entschied sich dann, ab Februar 2018 Internationales Tourismusmanagement im niederländischen Leeuwarden zu studieren. „Eine tolle Uni, sehr praxisorientiert, die beste Entscheidung, die ich treffen konnte“, schwärmt sie.
Ein Auslandssemester in der Heimat ebnet den Weg
Und das, obwohl es Julia Perleberg eigentlich schon damals wieder in die Heimat zog, ganz anders als ihre Schwester Sarai, die in die USA ausgewandert ist und dort mit ihrer Familie lebt. „Ich bin sehr familienverbunden und wusste nicht, ob ich meine Eltern auch noch verlassen wollte“, verrät sie. Die Lösung war jedoch schnell gefunden: Julia Perleberg absolvierte das vorgeschriebene Auslandssemester ihres Studiums in Bremen und dachte sich dann: Warum nicht auch das Pflichtpraktikum in Bremen machen? Insbesondere deshalb, weil die Tourismus-Branche durch die Corona-Pandemie zum damaligen Zeitpunkt gerade deutlich eingeschränkt war.
Der persönliche Kontakt zu den Mitgliedern ist Perleberg wichtig (Foto: W.DE).
Julia Perleberg bewarb sich also beim SV Werder, holte sich dafür das OK der Uni und begann ein Praktikum in der Fanbetreuung der Grün-Weißen. „Ich habe Stadionführungen geleitet, im WUSEUM unterstützt. Insgesamt war es anders, als ich es mir vorgestellt hatte, weniger Events, mehr Tagesgeschäft“, erinnert sie sich. „Aber ich habe mir schon damals gedacht: Es wäre ein Traum, dauerhaft bei Werder zu arbeiten.“
Gesagt – getan! Dabei spielte die Pandemie auch bei ihrem weiteren Werder-Weg eine Rolle: Da zeitweise zum Beispiel keine Stadionführungen möglich waren, konnte Julia Perleberg bereits während ihres Praktikums weitere Arbeitsbereiche kennenlernen. Sie unterstützte die Abteilung Sicherheit an Heimspieltagen, engagierte sich bei den internen Corona-Testungen und kam so mit dem Bereich Arbeitssicherheit – ebenfalls geleitet von Nadja Pilzweger – in Kontakt.
Frische Ideen ergänzen umfangreiche Erfahrung
Auch die Verantwortung dafür übernahm sie von ihrer Vorgängerin. Doch das Hauptaugenmerk gilt ‚ihren‘ 60plusler:innen, von denen sie „sehr gut aufgenommen“ wurde. Julia Perleberg, die mittlerweile den Bachelor-Abschluss ihres Studiums in der Tasche hat, schätzt die gestalterischen Freiheiten, die sie bei ihrer Arbeit genießt, und vor allem den Kontakt zu den vielen Vereinsmitgliedern, die die Angebote nutzen. Trotz der großen Nachfrage – die Sportangebote sind ausgebucht, für Exkursionen und Veranstaltungen gibt es regelmäßig eine längere Warteliste – hat sich das Projekt ‚60plus‘ seinen familiären Charakter bewahrt. Der persönliche Kontakt wird großgeschrieben. „Wenn sich jemand telefonisch abmeldet, dann quatschen wir schon mal ein paar Minuten, und mir wird berichtet, was es bei den Leuten Neues gibt“, lacht Julia Perleberg.
Das wöchentliche Sportangebot beinhaltet Boule, Tischtennis, Nordic Walking und Walking Football. Jeden Monat geht es zudem zum Wandern, Bowling oder – außer in den Wintermonaten – auf eine Radtour. Ehrenamtliche 60plusler:innen leiten diese Angebote selbstständig. Der Veranstaltungskalender bietet im ersten Halbjahr 2023 spannende Ausflüge wie eine Brauereitour, ein Teeseminar, einen Besuch des Bremer Focke-Museum, des Universum Bremen und vieles mehr.
Ich habe viel gesehen, fühle mich in Bremen sehr wohl und kann mir nicht vorstellen, nochmal eine längere Zeit im Ausland zu verbringen.
Julia PerlebergKein Wunder, dass regelmäßig neue Teilnehmer:innen hinzukommen. „Ab und zu werde ich gefragt: ‚Ich bin jetzt 59, darf ich trotzdem schon dabei sein?‘“, lacht Julia Perleberg. „Das zeigt, wie beliebt unsere Angebote sind.“ Weiter zu wachsen und noch mehr Mitgliedern die Teilnahme an den 60plus-Veranstaltungen zu ermöglichen, sei durchaus erstrebenswert, findet die Werderanerin. Allerdings werde das nicht möglich sein ohne weitere personelle Unterstützung, sei es durch Praktikant:innen oder zusätzliches Hauptamt. Und: „Zu groß sollte das Projekt nicht werden, der familiäre Charakter darf nicht verlorengehen“, mahnt Julia Perleberg. Auch andere Entwicklungen will sie ganz behutsam anstoßen. „Ich würde einige Abläufe gerne digitalisieren, denn auch unter den 60plus-Mitgliedern gibt es mittlerweile eine große Gruppe, die dafür aufgeschlossen ist und das nötige Wissen hat“, berichtet Julia Perleberg. „Aber die Hürde darf nicht zu hoch sein. Wir wollen niemanden ausschließen.“
Keine Frage: Die umfangreiche Erfahrung der 60plus-Mitglieder, die dem SV Werder zum Teil bereits seit Jahrzehnten angehören, und die frischen Ideen sowie die ansteckende Werder-Leidenschaft von Julia Perleberg ergänzen sich hervorragend. Und so freut sich die junge Werder-Mitarbeiterin auch ganz besonders auf die Turnierreise nach Mallorca mit dem Walking-Football-Team der Grün-Weißen in diesem Sommer. Außerdem will sie ihre Ideen bei einem Netzwerktreffen der Senioren-Clubs mehrerer Fußball-Bundesligisten in diesem Jahr in Frankfurt einbringen. Längere Reisen wie früher plant Julia Perleberg dagegen vorerst nicht mehr: „Ich habe viel gesehen, fühle mich in Bremen sehr wohl und kann mir nicht vorstellen, nochmal eine längere Zeit im Ausland zu verbringen. Meine Familie in der Nähe zu haben, ist mir sehr wichtig.“ Nicht ausgeschlossen, dass Julia Perleberg damit auch ihre ‚zweite Familie‘, die 60plusler:innen des SV Werder, meint.