"Echte Herzenssache und enormer Vertrauensbeweis"

Designierter Aufsichtsrat Gerrit Meier im Interview

Ein eingeklinktes Bild von Gerrit Meier im Stadion
Gerrit Meier ist gebürtiger Oldenburger und dem SV Werder seit Kindestagen verbunden.
Gremien
Mittwoch, 26.04.2023 / 14:25 Uhr

Das Interview führte Martin Lange

Gerrit Meier soll im Werder-Aufsichtsrat auf Marco Fuchs folgen. Im Interview spricht der 52-Jährige über seine grün-weiße Kindheit und erklärt, welche Herausforderungen und Potenziale er für den SV Werder Bremen in den kommenden Jahren sieht.

WERDER.DE: Herr Meier, welche Berührungspunkte hatten Sie bisher mit dem SV Werder Bremen?

Gerrit Meier: Ich bin mit einer starken Verbindung zu Bremen und zu grün-weiß aufgewachsen. Denn ich bin 1970 in Oldenburg geboren, und mein Vater wurde 1972 der erste Center-Manager des Roland-Center, als das Einkaufszentrum in Bremen-Huchting eröffnet wurde. Nach dem Abitur in Oldenburg bin ich zum Studium in die USA gegangen und habe anschließend dort sehr lange gelebt und gearbeitet. Auch wenn es damals aus der Ferne manchmal eine große Herausforderung war, die Spiele zu sehen, habe ich dennoch den SV Werder mein gesamtes Leben als Fan verfolgt. Vor einigen Jahren ergab sich dann über gemeinsame Kontakte ein Austausch mit den Werder-Verantwortlichen zu strategischen Themen, was wiederum zu einigen interessanten gemeinsamen Workshops führte, bei denen ich mich gerne eingebracht habe. Und natürlich nutze ich jede Möglichkeit, unsere Bundesliga-Spiele live im Stadion zu verfolgen.

WERDER.DE: Was war ihre erste Reaktion, als Sie mit der Bitte, die Aufgabe im Aufsichtsrat zu übernehmen, konfrontiert wurden?

Gerrit Meier: Wenn man gebeten wird, bei „seinem“ Verein eine solche Aufgabe zu übernehmen, dann hüpft das Herz. Da konnte und wollte ich nicht Nein sagen. Es ist für mich eine echte Herzenssache und ein enormer Vertrauensbeweis, dass Hubertus Hess-Grunewald, der schon viel gesehen und erlebt hat und genau weiß, was zu Werder passt, mir eine solche Position anbietet.

WERDER.DE: Wofür steht Werder für Sie?

Gerrit Meier: Werder ist familiär, steht für Gemeinschaft. Man steht hier zusammen, lässt einander auch in schwierigen Zeiten nicht los. Werder ist Vorbild für Kinder und Jugendliche und vor allem mehr als Fußball. Meine Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte ist: Viele große Fußball-Clubs polarisieren im Ausland. Wenn man allerdings auf die Frage nach seiner Fan-Leidenschaft „Werder“ sagt, dann bekommt man immer ein Lächeln zurück. Ein Grund ist sicherlich die wahnsinnig beeindruckende Historie. Werder macht warm ums Herz. Werder steht für Gutes. Werder ist ein Wohlfühlverein. Das ist enorm wichtig. Schließlich sollen der Sport und die Gemeinschaft im Sport in allererster Linie Spaß machen.

WERDER.DE: Werder-Leidenschaft wird häufig über Generationen weitergetragen. Sie leben im Ausland. Das dürfte für Sie aufgrund der Distanz zu Bremen schwierig gewesen sein?

Gerrit Meier: Das sollte man meinen. Aber unsere drei Söhne haben in den USA in grün-weißer Bettwäsche geschlafen. Und wenn sie sich dazu ihren Freunden erklären mussten, haben sie mit Stolz über den SV Werder gesprochen. Mich wiederum erfüllt es mit einem gewissen Stolz, dass ich es trotz unserer langen Zeit im Ausland und obwohl alle in den USA geboren wurden geschafft habe, drei Mal die Leidenschaft für grün-weiß zu vermitteln. Vielleicht gelingt mir das auch irgendwann mit den Enkeln… (lacht)

WERDER.DE: Was wollen Sie in die Arbeit des Werder-Aufsichtsrats einbringen?

Gerrit Meier: Wir stehen vor der Herausforderung, dass sich der Sport und der Konsum des kommerziellen Sports – und somit auch der Fußball-Bundesliga – verändert. Dennoch gilt es, die Werte von Vereinen wie dem SV Werder zu wahren und nicht durch die für den Bundesliga-Fußball notwendige Monetarisierung zu gefährden. Hier müssen wir auch zukünftig immer die richtige Balance finden. Ich bringe viel Herz für Werder als Sport-Verein mit. Denn ich weiß aus meiner Kindheit, welchen Wert Mehrspartenvereine für die Gesellschaft und für ihre Mitglieder haben. Zugleich kenne ich die Herausforderungen, die an die Kapitalgesellschaft und Werder als Fußball-Bundesligist gestellt werden. Hier ist es wichtig, für die zukünftige Entwicklung zu identifizieren, was zu uns passt und auch, wofür wir nicht stehen. Ich möchte dabei helfen, dass wir im Aufsichtsrat ein Bewusstsein für alle Belange des Gesamtgebildes SV Werder Bremen haben und die verschiedenen Interessen zum Ausgleich bringen.

Der SV Werder und das Präsidium denken groß und ambitioniert.
Gerrit Meier

WERDER.DE: Wie gut können Sie die derzeitige Arbeit bei Werder bereits beurteilen?

Gerrit Meier: Durch den regelmäßigen Austausch der vergangenen Jahre mit dem Aufsichtsrat, der Geschäftsführung und einigen Abteilungen konnte ich ein gutes Gefühl dafür entwickeln, wofür Werder steht und in den kommenden Jahren stehen will. Insbesondere im Profifußball weiß ich, was die Schwerpunkte der strategischen Ausrichtung und die aktuellen Prioritäten sind. In die Arbeit des Präsidiums und die Interessen des e. V. als Gesellschafter muss ich mich noch ein wenig einarbeiten. Hier freue ich mich darauf, im persönlichen Austausch noch einiges dazuzulernen, um diese Interessen noch besser verstehen zu können.

WERDER.DE: Sie sprachen über die Herausforderungen des SV Werder. Wo sehen Sie das Potenzial?

Gerrit Meier: Der sportliche Erfolg bleibt für jeden Verein immer das größte Potenzial. Darüber hinaus gibt es jedoch für Vereine, die ihre Mitglieder und Fans in den Mittelpunkt stellen, immer größere Möglichkeit, die Gemeinsamkeit zu vertiefen und den Verbund zu stärken. Die Beziehung zwischen dem SV Werder und den Fans existiert nicht nur an Spieltagen, sie wird jeden Tag gelebt. Mit der Internationalisierung des Sports und der Digitalisierung der Medien können nun auch Fans weit weg von der Weser besser am grün-weißen Leben Teil haben. Und auch die, die im Umkreis des Osterdeichs sind, können näher dran sein: am Team, an den Spielern, am Verein. Miteinander. Füreinander. Das macht einen Verein stärker, erfolgreicher. Und hier denken der SV Werder und das Präsidium groß und ambitioniert.

WERDER.DE: Werden Sie regelmäßig in Bremen sein?

Gerrit Meier: Deutschland war immer, ist und bleibt – persönlich und beruflich – ein wichtiges Land für mich. Hier komme ich her. Auch für meinen jetzigen Beruf ist Deutschland eine wichtige Priorität, und ich werde allein deswegen regelmäßig hier sein. Zudem gibt es durch unsere Söhne weiterhin einen familiären Bezug nach Europa, und glücklicherweise führt meine zukünftige Tätigkeit für Werder dazu, dass ich immer einen guten Grund habe, regelmäßig an die Weser zu kommen (lacht). Wenn mir das nicht möglich wäre, hätte ich diese Aufgabe auch nicht zugesagt. Denn der persönliche Austausch ist wichtig. Darauf freue ich mich sehr.

 

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