Der ohne Stutzen kam...

Cimo Röcker blickt im aktuellen WERDER MAGAZIN auf seine Karriere

Cimo Röcker am Ball.
Cimo Röcker kehrte zur Saison 2023/2024 zur U23 des SV Werder zurück (Foto: W.DE).
U23
Sonntag, 10.03.2024 / 13:00 Uhr

Von Noah Brodersen

Die Karriere von Werders U23-Kapitän Cimo Röcker ist von Höhen und Tiefen geprägt. Einst als großes Talent gelobt, erlebte der mittlerweile 30-Jährige einige Tiefpunkte, ehe er im Alter von 28 Jahren sein Bundesligadebüt für Hertha BSC gab. Jetzt strebt er mit Werders U23 die Rückkehr in die Regionalliga an. Ein Blick auf eine außergewöhnliche Karriere.

Cimo Patric Röcker wuchs in der beschaulichen Stadt Schneverdingen auf, wo er seine ersten Schritte im Fußball beim TV Jahn Schneverdingen machte. Im Alter von 13 Jahren spielte der Linksfuß zwar in der Landesauswahl, blieb aber ansonsten von den Top-Clubs unentdeckt, bis die U14 des SV Werder ein Trainingslager in Schneverdingen veranstaltete. „Da hat mein Vater einfach im Hotel nach dem Werder-Trainer gefragt und ihn darum gebeten, dass ich mal eine Einheit mitmachen darf“, erinnert sich der Verteidiger.

Der damalige Werder-Coach Norbert Hübner gab sein Einverständnis, und so stand Röcker zum ersten Mal mit den Werderanern auf dem Trainingsplatz – mit Schienbeinschonern, aber ohne Stutzen. „Ich dachte, dass ich die Schienbeinschoner sowieso nicht anziehen muss, und habe die Stutzen dann gar nicht erst mitgenommen“, lacht der Defensivspieler. Trainer Hübner machte Schienbeinschoner jedoch zur Pflicht und so lief der Dreizehnjährige etwas ungewöhnlich gekleidet auf und erinnert sich: „Das musste ich mir auch ein paar Jahre später von meinen Mitspielern noch anhören.“

In den nächsten Jahren machte er aber vor allem mit positiven Aktionen auf sich aufmerksam. Als U17-Nationalspieler wurde der damals schon regelmäßig als Kapitän auflaufende Werderaner Vize-Europameister und Dritter bei der WM in Mexiko. Die aktuellen Erfolge der DFB-U17-Auswahl erinnern ihn oft an diese Zeit zurück: „Da hatte ich das erste Mal das Gefühl, im Profifußball anzukommen. Darüber rede ich auch öfter noch mit meinen damaligen Mitspielern Mitchell Weiser und Marvin Ducksch, das war wirklich eine schöne Zeit.“

Ein paar Monate später – Anfang November 2011 – unterschrieb Cimo Röcker seinen ersten Profivertrag beim SV Werder. „Ein Tag, den ich nie vergessen werde. Für mich war das aber erst der Startschuss, und ich wollte mich nicht darauf ausruhen“, blickt er zurück. In der Folge erhielt die Karriere des Blondschopfs jedoch einen Dämpfer. Zahlreiche Verletzungen erschwerten den Sprung in den Profikader, so dass sich beide Seiten dazu entschieden, den im Sommer 2014 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. „Der Abgang fiel mir sehr schwer, allerdings konnte ich den Verein verstehen, immerhin war ich zwei der drei Jahre angeschlagen oder verletzt und kam nicht richtig in Tritt“, erinnert sich Röcker.

Nach einer Saison in der zweiten Mannschaft von Hannover 96, in der Röcker aufgrund von Verletzungen ebenfalls nicht richtig in Fahrt kam, war das einstige Talent dann sogar für ein halbes Jahr vereinslos. Auch mental keine leichte Situation: „Eigentlich hatte ich meinen ersten Profivertrag unterschrieben und die Perspektive, irgendwann mal in der Bundesliga zu spielen. Und dann macht der Körper auf einmal nicht mehr richtig mit.“ Auch bei seiner nächsten Station Fortuna Köln, wo der damals 22-Jährige in der dritten Liga unterschrieb, wurde er nicht wirklich glücklich. „Nach der Zeit bei Fortuna habe ich mir Gedanken gemacht, ob das überhaupt noch alles Sinn macht“, gibt Röcker einen Einblick in seine damalige Gefühlswelt.

Als Kind war es immer mein Traum, einmal Bundesliga zu spielen. Dass es nach der ganzen Reise und der harten Arbeit tatsächlich noch geklappt hat, hat mir sehr viel bedeutet.
Cimo Röcker

Ein Angebot von Viktoria Berlin aus der Regionalliga Nordost überzeugte ihn jedoch weiterzumachen. Nach ein paar Monaten rutschte der Verein in die Insolvenz. „Da dachte ich kurz: Schlimmer kann es nicht werden. Aber dann ging es sehr schnell wieder bergauf, und ich habe wieder Spaß am Fußballspielen gefunden“, bewertet Röcker die damaligen Geschehnisse. Neue Geldgeber garantierten die finanzielle Stabilität des Vereins, und mit Benedetto Muzzicato verpflichteten die Berliner zur neuen Saison einen Trainer mit Werder-Vergangenheit, dessen fußballerischer Ansatz mit Röckers offensivem Spielstil harmonierte. Nach drei Jahren mit insgesamt 72 Einsätzen für Cimo Röcker stand am Ende der Saison 2020/21 der Aufstieg.

Röcker entschied sich jedoch gegen den Schritt in die dritte Liga und wechselte stattdessen mit 27 Jahren in die Zweitvertretung von Hertha BSC, wo er als Führungsspieler für die jungen Talente eingeplant war: „Mir wurde im ersten Gespräch ganz klar gesagt, dass ich keine Option für den Profikader bin, da mir die jungen Talente vorgezogen werden würden.“ Doch es kam anders: Ende Februar 2022 feierte Cimo Röcker im Alter von 28 Jahren sein Bundesligadebüt. „Als Kind war es immer mein Traum, einmal Bundesliga zu spielen. Dass es nach der ganzen Reise und der harten Arbeit tatsächlich noch geklappt hat, hat mir sehr viel bedeutet“, berichtet er von einem seiner Karriere-Highlights.

In Sommer 2023 kehrte Röcker dann zur U23-Mannschaft des SV Werder zurück. „Es hat mir schon bei Hertha Spaß gemacht, den jungen Talenten meine Erfahrung weiterzugeben. Ich liebe Werder und wollte dies nun auch bei dem Verein fortsetzen, für den ich schon seit meinen Anfängen hier eine Leidenschaft entwickelt habe“, erklärt Röcker seine Rückkehr. Mit seiner Mannschaft peilt er nicht nur den Wiederaufstieg in die Regionalliga an, sondern er hat auch noch einen kleinen persönlichen Traum: „Für mich wäre es schön, nochmal ein Spiel im wohninvest WESERSTADION zu bestreiten, aber das Hauptziel bleibt der Aufstieg mit der U23.“ Im Rückblick auf seine Karriere unterstreicht Cimo Röcker: „Für den Menschen und Fußballer, der ich geworden bin, war mein Weg wichtig. Und ich bin mir nicht sicher, ob ich in der Nachbetrachtung etwas ändern würde.“

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