Für die Wiedergutmachung nach dem Tiefpunkt in der vergangenen Woche auf dem Bökelberg hatte sich Cheftrainer Thomas Schaaf eine besondere taktische Variante ausgedacht. Ailton stürmte zwar allein in der Spitze, doch der Brasilianer wurde gleich von drei offensiv ausgerichteten Mittelfeldspielern unterstützt. Die erhoffte Wirkung gegen verunsicherte Nürnberger ließ nicht lange auf sich warten. Torsten Frings nutzte einen schweren Fehler des Nürnberger Keepers Dariusz Kampa, der beim Herauslaufen den Ball plötzlich freigab, und schob zum Führungstreffer ein (5.). Nun spielten die Bremer ihre Überlegenheit aus. Marco Bode (10./18.) tauchte zweimal gefährlich vor dem gegnerischen Tor auf, konnte den Ball jedoch nicht im Tor unterbringen. Das Schaaf-Team spielte nun im Stile einer Heimmannschaft. Als Ailton nach einer Ecke zum zweiten Tor traf (20.) verstummte das Franken-Stadion. Nur die Bremer Fans sind zu hören. Noch lauter wurde es im Gästeblock als Ailton nur wenige Minuten später (29.) den Sieg der Werderaner in trockene Tücher packte.
"Lutscher" bewieß traumhafte Übersicht
Nach einem Steilpass kam Torsten Frings in eine gute Schussposition, doch er bewieß Übersicht und legte für den noch besser postierten Ailton auf, der wieder leichtes Spiel hat, den Ball zu verwandeln. Erst in der 34. Minute wurde Torhüter Frank Rost ernsthaft getestet. Die Bremer Nummer 1 tauchte nach einer guten Einzelleistung von Kai Michalke ab und entschärfte dessen Torschuss. Bis zur Pause wurden die Hausherren zwar etwas stärker, aber nicht gefährlicher.
Im zweiten Durchgang erstickten die Werderaner den Widerstand der Nürnberger schnell im Keim. Nach einer Ecke von Krisztian Lisztes gelang Paul Stalteri der vierte Treffer der Grün-Weißen. Danach beruhigte sich das Spiel. Werder dominierte und kontrollierte die Partie, vergab aber seine restlichen Chancen. Ailton spielte zu eigensinnig (67.), Razundara Tjikuzu (77.) scheitert an Dariusz Kampa, der seinen Fehler mit einer guten Leistung in der zweiten Hälfte wieder ausbügeln wollte. Danach hielt Tim Borowski aus spitzem Winkel einfach mal aufs Tor (81.), hatte jedoch kein Glück.
Skripnik büßte weiße Elfmeter-Weste ein
Von den Nürnbergern war nichts mehr zu sehen. Die Harmlosigkeit der Gastgeber hatte jedoch seinen Ursprung in einer starken Leistung der Bremer Hintermannschaft, die diesmal alle im Ansatz brenzligen Situationen kompromisslos klärte. Für einen kleinen Wermutstropfen sorgte in der Schlussphase Victor Skripnik, der es durch einen verschossenen Elfmeter (84.) verpasste, den höchsten Auswärtssieg der Bremer einzufahren. Zuvor war Ludovic Magnin gefoult worden. Am meisten ärgerte sich der Schütze jedoch selbst. Denn der "Beckham der Ukraine" büßte mit seinem Fehlschuss auch seine lupenreine Elfmeter-Weste ein. Bisher hatte er vier wichtige Strafstöße in dieser Saison verwandelt. Die Mannschaftskollegen verziehen ihm jedoch schnell und feierten nach dem Schlusspfiff den ersten Auswärtssieg 2002.
Michael Rudolph