Werders weite Wege, Dortmunds weite Räume

Großer Bremer Kampf gegen Dortmund und die Folgen der englischen Wochen blieb unbelohnt: Torsten Frings und Florian Kringe gehen hier zum Ball, die Dortmunder standen als Erste wieder auf und holten drei Punkte beim Tabellenführer.
Profis
Samstag, 11.11.2006 / 01:27 Uhr

Es war eine Szene wie eine Metapher für dieses Spiel: Als nur noch wenige Minuten zu absolvieren waren, führte Dortmunds Dédé den Ball weit in der eigenen Hälfte nahe der Außenlinie. Hugo Almeida sprintete zu ihm hin, sicher mit den besten Absichten. Was ihm passierte: Sein brasilianischer Gegenspieler schaute kurz auf, spielte Almeida den Ball durch die Beine und dribbelte seelenruhig weiter gen Mittellinie. "Wir sind heute weite, unnötige Wege gegangen", sagte hinterher Geschäftsführer Klaus Allofs. Diese Meter waren ein Grund für die 1:3-Heimniederlage.

 

"Wenn wir bessere Wege gegangen wären, hätte die Kraft gereicht", sagte auch Trainer Thomas Schaaf, obwohl die Fitness in seinem Team nach acht Spielen in vier Wochen kein Pfund war, mit dem sich übermäßig wuchern ließ. "Man kann auch Kraft sparen, wenn man nah genug am Gegner ist", fügte Klaus Allofs noch hinzu. Werders Spieler sahen die Kraftfrage ein wenig anders, wenngleich jeder voraus schickte, dass es nicht um Ausreden gehe. Torsten Frings empfand zum Beispiel das Kombinationsspiel der Mannschaft gehemmt: "Dafür musst du einfach frisch und konzentriert sein. Zudem ist ein Rückstand doppelt schwer aufzuholen, wenn du nicht frisch bist." Miroslav Klose formulierte es ähnlich: "Unser Kombinationsspiel hat gestockt, überhaupt klappt momentan unser Passspiel nicht so gut. Wir waren viel zu wenig in Bewegung, dadurch haben die Anspielstationen gefehlt."

 

Zu den "hausgemachten" Problemen kam, dass Dortmund mit seiner konzentrierten Defensivarbeit zusätzlich die Räume zu stellte. "Es ist schwer gegen diese kompakten Mannschaften", warb Torsten Frings um Verständnis, "die hierher kommen, um mit einem Punkt glücklich nach Hause zu fahren." Diese Beschreibung gibt jedoch nur einen Teil der Dortmunder Pläne wieder. Denn taktische Disziplin und gute Organisation wollte Borussen-Trainer Bert van Marwijk um Mut ergänzt sehen. Mut, nach vorn zu spielen. "Das haben wir gemacht", konnte der Holländer zufrieden resümieren, obwohl er über den Ertrag lange nicht glücklich war: "Zur Halbzeit war ich sehr skeptisch, denn wir hätten gegen diese starke Bremer Mannschaft in Führung liegen müssen." "3 oder 4:1 hätte es stehen können", meinte sogar Verteidiger Christian Wörns.

 

In der Tat hatten die quirligen Angreifer um den Ex-Bremer Valdez Werders Abwehr-Riesen die größten Probleme seit langem beschert. Da kam einiges zusammen, wie Miroslav Klose beschrieb: "Die wollten uns auskontern. Da unser Spiel nicht klar genug nach vorn kam, ging bei Ballverlusten sofort die Post ab. Normalerweise müssen wir da nach hinten so schnell umschalten, wie wir es im Spiel nach vorn auch tun." An diesem Abend waren es die Gäste, die den Raum zu nutzen wussten und dankbar waren, dass sie spielen konnten. Stellvertretend ein fröhlicher Christian Wörns: "Die Bremer liegen uns einfach, mit ihrem Versuch, attraktiv zu spielen. Das war ein großer Vorteil, denn so hatten wir Platz für unsere Konter und konnten uns hochkarätige Chancen erspielen."

 

Der große Raum, den die Dortmunder mit ihrer Angriffslust füllen konnten, paarte sich mit vielen kleinen Fehlern, die letztlich Chancen und Tore zur Folge hatten. "Wir waren heute nicht so konzentriert und haben gerade bei hohen Bällen zu viel zugelassen", bemängelte Klaus Allofs. Solch ein hoher Ball führte dann auch zum 2:1, das Torsten Frings "entscheidend" nannte. Für Tim Wiese ein Unding: "Tinga ist ungefähr 1,40 Meter groß, das darf nicht sein, dass der gegen uns ein Kopfballtor macht." Erstaunlich: neben 64% Ballbesitz weist die offizielle Statistik auch bei den Zweikämpfen mit 61%:39% ein deutliches Plus für Werder aus. "Da sieht man mal, was das wert ist", kommentierte Thomas Schaaf angesichts des Endstandes, "es kommt auf die Qualität der Zweikämpfe an." Die Dortmunder 39% kamen in den entscheidenden Duellen zustande.

 

Mit einer Ausnahme: In der 29. Minute hatte Miroslav Klose noch einmal kräftig an den Zweikampfwerten geschraubt, als er die komplette Borussia-Abwehr schwindlig spielte und zum Ausgleich traf. Einer der Düpierten war Christian Wörns: "Es haben nicht viele Spieler geschafft, mich so auszuspielen. Das war schon Extraklasse, sensationell gemacht." Er fand große Worte für den Bremer Stürmer: "Miro ist mit das Beste, was im Moment in Europa rumläuft. Gemeinsam mit Diego und Frings war das eine ganz schwere Aufgabe für uns." Der so Gelobte haderte jedoch mit "genügend Chancen für das 2:2 oder 3:2", die er nicht nutzte. Aber: "Wichtig ist, dass ich diese Möglichkeiten wieder habe." Klose prüfte ein ums andere Mal Borussias Keeper Roman Weidenfeller, der diese Tests so gut bestand, dass Borussias Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke danach von einem "Weidenfeller-Spiel" sprach. Fazit von Klose: "Der BVB hat die Chancen genutzt, die wir nicht reingemacht haben."

 

Vielleicht meinte Tim Wiese auch diese fruchtlosen Torszenen, als er nach dem Spiel kritisierte: "Wir dachten vielleicht, es läuft von allein. Wir haben zu wenig Feuer gegeben." Klaus Allofs wollte es einfacher formulieren: "Wir haben kein gutes Spiel gemacht. Von der Nummer 1 bis zur Nummer 11. Wir haben auf jeder Position schon besser gespielt. So kann man gegen Dortmund nicht antreten." Torsten Frings empfand das 1:3 als Strafe dafür, "dass wir etwas sorglos und überheblich gespielt und einfach zu wenig getan haben". Klaus Allofs widersprach: "Wir haben es nicht auf die leichte Schulter genommen." Er machte aber deutlich: "Das Wissen um die Gefahr und die Umsetzung – das sind zwei verschiedene Dinge."

 

von Enrico Bach und Michael Rudolph

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