Viel Mitgefühl nach Geschenk des Levski-Torhüters

Nikolai Michailov wurde im Laufe des Abends immer einsamer inmitten von 37.000 Zuschauern. Sein Eigentor brachte Werder auf die Siegerstraße.
Profis
Mittwoch, 01.11.2006 / 00:36 Uhr

Ihm gehörten schon in den Tagen vor dem Spiel die Schlagzeilen. Er stand besonders im Rampenlicht. Und tatsächlich hatte er spielentscheidende Aktionen, leider auf eine Art und Weise, die den Lewski-Fans so gar nicht gefiel. Der 18-Jährige Torhüter Nikolai Michailov hatte Werder zum Sieg eingeladen. "Das war heute kein Selbstgänger. Wir hatten zunächst nicht ins Spiel gefunden und bekommen dann ein Geschenk von Levski. Wir wussten, dass nur der Ersatztorhüter zum Einsatz kommen wird, wir wollten das auch ausnutzen, aber so etwas hatten wir nicht erwartet", kommentierte Kapitän Frank Baumann, die Szene, die allen bulgarischen Fans trotz der Eiseskälte dass Blut in den Adern zum Kochen brachte. Kaum einer wollte glauben, was da gerade in der 33. Minute geschehen war. In der Minute, in der der Ball völlig überraschend nach einem Stockfehler des Keepers hinter die Linie rollte.

 

Werder-Torhüter Tim Wiese, der erst im März eine ähnliche tragische Szene erlebt hatte, konnte mit seinem Kollegen gut mitfühlen. "So etwas kann jedem passieren. Erst recht wenn du noch so jung bist und dir die Erfahrung fehlt. Der Boden war so fest, dass der Ball ganz blöd aufsprang. So ein Ding wie in dieser Szene haust du am besten gleich ganz weit raus und probierst ihn gar nicht erst anzunehmen."

 

Gar kein Verständnis brachte Tim Wiese für das anschließende Pfeifkonzert des Publikums für den eigenen Keeper auf. "Ich weiß genau wie ich nach meinem Fehler gegen Juventus unterstützt wurde. Ich wurde auf keinen Fall ausgepfiffen. Aber hier in Bulgarien scheint das anders zu sein. Das ist sehr schade für den Jungen." Auch Werders Geschäftsführer Klaus Allofs kritisierte das Verhalten der Zuschauer: "Sicher war das ein grober Schnitzer des Keepers, aber der Feldspieler, der so einen Ball zurückspielt, trägt eine Teilschuld. Und was das Publikum dann veranstaltet hat, war nicht fair. So geht man mit einem Spieler nicht um. Wir hatten auf der Bank richtig Mitleid."

 

Levski-Profi Daniel Borimirov versicherte nach der Partie, dass der Umgang innerhalb der Mannschaft ein anderer sein wird. "Nikaolai ist ein ganz junger Keeper, dem die Erfahrung fehlt. Wir werden weiter mit ihm arbeiten und ihn dahin bringen, dass er seine Leistung wieder zeigen kann." Für den ehemaligen Bundesliga-Spieler von 1860 München war der Fauxpas ohnehin nur ein Teil der Entscheidung. "Ich glaube wir haben gleich zwei große Fehler gemacht und Werder hat daraus eiskalt zwei Tore gemacht. Danach war das Spiel vorbei. Wir haben versucht, das Spiel noch mehr nach vorn zu verlagern und Werder kam zum dritten Tor."

 

Dass der junge Michailov auch beim 3:0 durch Frings nicht gut aussah, erwähnte Borimirov nicht. Spätestens nach diesem Treffer hatte das Publikum sein Urteil gefällt und pfiff gnadenlos weiter. Selbst in der zweiten Hälfte, als Michailov durch den dritten Torhüter Bozhidar Mitrev ersetzt wurde, verhöhnten die Zuschauer dessen Vorgänger, in dem sie jede Ballberührung des neuen mit Applaus feierten.

 

Die Verunsicherung hatte nach dem ersten Treffer jedoch keineswegs nur den Torhüter befallen. Bis zum Pausenpfiff erholten sich die Bulgaren von der Szene in der 34. Minuzte nicht mehr. Werder konnte schalten und walten, nutzte diese Phase clever für die entscheidenden drei Treffer und kam danach nicht mehr in Gefahr. Miroslav Klose lobte das Team: "Daran kann man unsere Entwicklung in den letzten zwei Jahren sehen. Wir haben das eindrucksvoll ausgenutzt."

 

Geschäftsführer Klaus Allofs: "Wir hatten in dieser Phase auf der Bank das Gefühl, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann die Tore fallen. Wir hätten ohne größeren Kraftaufwand auch noch das eine oder andere mehr machen können, hatten aber Pech mit Diegos Pfostenschuss."

 

In Allofs Aussagen schwang leichte Kritik an der weniger spektakulären und später auch unkonzentrierten Verwaltung des Ergebnisses in der zweiten Hälfte mit, die auch Kapitän Frank Baumann teilte. "Die zweite Hälfte hätte besser laufen können. Da gab es zu viele unnötige Fouls, zu viele leichte Ballverluste. Da müssen wir noch cleverer spielen." Vor allem seine eigene gelbe Karte wurmte den 31-Jährigen, da er nun für das Heimspiel gegen den FC Chelsea gesperrt ist: "Trotz meines eigenen Treffers ärgere ich mich heute Abend. Das war erstens ein unnötiges Foul von mir, aber es war auch ein Zweikampf, der nicht gelbwürdig war. Der Schiedsrichter hat heute sehr schnell seine Karten gezogen."

 

von Michael Rudolph und Enrico Bach

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