In den USA begann für Patrick Owomoyela dann die Mission, den Kopf frei zu bekommen, alles Revue passieren zu lassen. "Dabei habe ich die WM gar nicht ignoriert. Ich habe fast alle Spiele gesehen, war aber nicht dem ganzen Drumherum ausgesetzt. In Deutschland hatte ja jeder Werbespot mit der WM zu tun", so Owomoyela.
Ein glücklicher Zufall unterstützte den Werderaner bei seinem Vorhaben, Abstand zu gewinnen. In den USA liefen die für Amerikaner viel wichtigeren Finalspiele der Basketball-Meisterschaft NBA. Der deutsche Sender Premiere übertrug die Partien mit dem deutschen Ass Dirk Nowitzki. "Und plötzlich saß ich in Dallas und kommentierte die Spiele. Das Feedback war dann so gut, dass mich Premiere auch für die weiteren Partien nach Miami einlud." Plötzlich spielte "Owo" auf der Medientribüne eine Hauptrolle. "Als der amerikanische Sender, der die Spiele landesweit überträgt, davon Wind bekam, dass ich bis kurz vor der WM zum Team Germany zählte, haben sie einen kurzen Film über mich gedreht und über mehrere Minuten meinen Live-Kommentar zum Spiel eingeblendet. Das war natürlich für mich als leidenschaftlicher Basketball-Fan ein Erlebnis."
Und es war der Beweis, dass Amerika auch an der Fußball-WM im Heimatland von Superstar Dirk Nowitzki interessiert ist. "Die Fußballspiele liefen in allen Sportsbars. Man konnte alles gut verfolgen." Überraschungen hat es für den TV-Zuschauer Patrick Owomoyela nur neben den Stadien gegeben. "Dass diese WM eine solche Wirkung auf das ganze Land hat und wie friedlich alles ablief, das hätte ich nicht gedacht. Es ist fast schade, dass es jetzt mehrere Woche Pause gibt, bevor die Bundesliga beginnt. Vielleicht wird aber doch etwas von dieser Stimmung hinübergerettet."
Sportlich dagegen hatte er seinen Teamkollegen beim DFB diese tolle WM von Anfang an zugetraut. "Ich war fast immer vorher dabei. Ich wusste, welches Potenzial in dieser Mannschaft steckt. Man konnte auch schon im Confederations Cup erahnen, dass dieses Team noch zulegen kann, wenn es von außen solchen Halt bekommt, so getragen wird."
Genau diese Atmosphäre ist es aber auch, die Patrick Owomoyela jetzt wieder den Ansporn gibt, zu neuen großen Taten aufzubrechen. Der Urlaub hat seinen Zweck erfüllt. Jetzt steht wieder Fußball auf dem Plan. "Ich habe richtig Lust", so Owomoyela, der damit die Arbeit bei Werder und der Nationalmannschaft meint. Trotz der Enttäuschung schließt er einen Rücktritt aus. "Die Nationalmannschaft ist in meinen Augen viel größer als die 23 Mann, die jetzt für das Turnier ausgewählt worden sind. Ich sehe mich und die anderen immer noch als Teil dieser Mannschaft. Wer unter den besten 23 steht, kann sich schon beim nächsten Leistungstest verändert haben. Ich arbeite daran, beim nächsten Länderspiel wieder dazuzugehören. Und wenn das nicht klappt, dann eben beim übernächsten oder dem darauf folgenden. Mein Fernziel ist das nächste große Turnier, die EM 2008 in Österreich und der Schweiz."
von Michael Rudolph