Eine "geile Mannschaft" und der tragische "Toni"

Werder bejubelt die dritte Champions League-Qualifikation in Folge.
Profis
Sonntag, 14.05.2006 / 00:26 Uhr

15.000 Werder-Anhänger hatten sich auf dem Bremer Domshof vor einer Videowand eingefunden, mehr als 6.000 waren in die AOL-Arena mitgereist. Viele Tausend Fans drückten an den Bildschirmen die Daumen. Was sie erleben durften, war an Dramatik nicht zu überbieten. "Ein Drehbuch für diese Party, in der es um soviel geht, hätte nicht spannender geschrieben sein können", stöhnte Patrick Owomoyela. Hoffen und Bangen wechselten sich fast von Spielzug zu Spielzug ab. "Wir sind verdient 1:0 in Führung gegangen, haben dann aber das Fußball spielen eingestellt. Das Spiel war in dieser Phase so zerfahren, es gab so viele Freistöße, dass wir zwangsläufig in Gefahr gerieten. Die Hamburger haben so viele Riesen im Team. So fiel dann auch der Ausgleich. Doch der HSV hat danach den gleichen Fehler gemacht, wie wir. Wir haben nach dem Ausgleich gezeigt, dass wir eine geile Mannschaft sind und erkämpften uns wieder die Führung", beschrieb Torsten Frings die Partie im Zeitraffer.

 

Werders Cheftrainer Thomas Schaaf kommentierte den Spielverlauf so: "Beide Teams haben heute noch einmal das gezeigt, was sie die gesamte Saison präsentiert haben. Hier war viel Einsatz und Stimmung drin. Es war das Finale, das alle erwartet haben. Am Ende waren wir die etwas glücklichere Mannschaft." Entsprechend große war die Enttäuschung bei HSV-Coach Thomas Doll: "Ich finde nur sehr schwer Worte für dieses Spiel. Es tut weh, dass wir nicht für unser Engagemnet und die zahlreichen herausgespielten Torchancen belohnt wurden. Es bleibt hängen, dass wir sehr viel Aufwand betreiben, aber nicht in den entscheidenden Momenten zuschlagen. Das war in den letzten Wochen auch schon bei unserem starken Spiel gegen Leverkusen und in der letzten Woche so." Doll weiter: "Wenn man keine Tore schießt, dann kann man auch nicht Vize-meister werden."

 

Die tragische Figur vor dem Tor stellte am Samstag ausgerechnet der ehemalige Bremer Stürmer Ailton dar. In der ersten Haklbzeit scheiterte er zunächst nach schöner Einzelaktion nur ganz knapp. Im zweiten Durchgang schoss er beim Stand von 1:1 aus acht Metern am leeren Tor vorbei. "Ich bin natürlich froh, dass er den nicht getroffen hat, weil es dann für uns mehr als schwer geworden wäre", so Thomas Schaaf ehrlich. Ähnliche reagierte Werder-Profi Patrick Owomoyela. "Ich bin zwar froh, dass er den Ball vergeben hat, aber ich glaube nicht, dass wir uns bei Ailton bedanken müssen. So etwas gehört zum Fußball dazu." HSV-Trainer Thomas Doll über die Szene: "Ich bin sicher, dass er auch in dieser Szene sein Bestes geben wollte. Wer ihn in der Kabine sitzen sieht, der weiß, dass er heute der am meisten enttäuschteste Spieler ist. Wir werden aber niemandem das Gefühl geben allein verantwortlich zu sein."

 

Eine Schuld suchte Thomas Doll auch nicht beim Schiedsrichter, der bei einigen strittigen Elfmeter-Entscheidungen nur einmal für Werder auf den Punkt zeigte: "Es gab ein paar Szenen, die mir nicht gefallen haben, aber wir müssen uns mit unseren Fehlern beschäftigen", so der Coach. Im Vorteil durch die Schiedsrichterleistung sahen sich aber auch die Werderaner nicht. "Dr. Merk hat sehr kleinlich gepfiffen. Dadurch kam nie richtig Spielfluss auf. Ich glaube aber nicht, dass davon ein Team mehr profitiert hat", so Patrick Owomoyela.

 

Dass der Elfmeter auf Werder-Seite nicht verwandelt wurde, sorgte wohl auch dafür, dass nicht noch mehr darüber diskutiert wurde. Tim Borowski hatte den Strafstoß an den Pfosten gesetzt. Hinterher konnte er schon wieder Lächeln, im Spiel war ihm nicht danach zu Mute: "Der war einfach zu gut geschossen. Ich habe ihn schon drin gesehen. Gut, dass wir trotzdem gewonnen haben. Wenn nicht, hätte mich das wohl noch länger beschäftigt."

 

Beschäftigt hätte wohl auch die 15.000 Fans auf dem Domshof. Stattdessen konnten sie sich nach dem Schlusspfiff in den Armen liegen. "Schön, dass wir ihnen nach der großartigen Unterstützung in dieser Saison heute einiges zurückgeben konnten", so Torsten Frings. Thomas Schaaf, der vom Massen-Jubel am Bremer Dom hörte, zeigte sich sehr beeindruckt. "Die Unterstützung war sensationell. Bei uns herrscht ein sehr harmonisches Zusammenspiel zwischen den Fans und der Mannschaft. Wir haben ihnen auch immer etwas angeboten." Ein Zuckerstückchen für die Fans war auch die zusammenfassende Aussage von Torsten Frings. Grinsend sagte er: "Respekt vor der Saison-Leistung des HSV. Er hat diesen dritten Platz verdient. Aber die Nummer eins im Norden sind wir."

 

Ein großer Dank für das gelungene Saisonfinale ging auch an die Stadt Bremen, die auch die Live-Übertragung auf dem Domshof unterstützte. Klaus Allofs sagte: "Die ganzen Erfolge wären ohne das gute Verhältnis zur Stadt nicht möglich." Mehr als Ausgleichen wird es Werder mit internationaler Werbe-Wirkung im kommenden Jahr, wenn die europäische Fußball-Welt im dritten aufeinanderfolgenden Jahr auch nach Bremen schaut.

 

von Michael Rudolph und Ole Schlabers

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