Der Werder-Zauber hielt 45 Minuten

Die Freude über die 1:0-Belohnung nach einer klasse ersten Halbzeit war groß.
Profis
Sonntag, 18.12.2005 / 22:33 Uhr

Aus vielen starken Auftritten in dieser Saison ragte diese erste Halbzeit noch heraus. Im Nordderby gegen den HSV spielten sich die Bremer in einen Rausch, spielten auf ein Tor, ließen den HSV nicht zum Durchpusten kommen, vergaßen aber das Tore schießen. Der Treffer zum 1:0 war zuwenig, denn der Zauber hielt nur 45 Minuten.

 

"Die erste Hälfte war einfach hervorragend. Wir waren unheimlich bissig, aggressiv. Nach dieser Leistung müssen wir einfach 4:0 führen. Aber das haben wir verpasst", sah Cheftrainer Thomas Schaaf diesen furiosen Auftakt mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Die Aktiven auf dem Feld schlossen sich dieser Meinung an. Miroslav Klose: "Wir hätten da den Sack zu machen müssen. Drei Tore müssen wir mit dieser Leistung erzielen." Torsten Frings stöhnte: "Wir hatten doch zehn Großchancen in den ersten 45 Minuten, aber machen nicht genug daraus."

 

Auch die Hamburger waren einerseits geschockt vom Druck der Bremer, aber auch von der eigenen Vorstellung. Stefan Beinlich gab zu: "Das war eine sehr, sehr schlechte erste Halbzeit. Wir haben nur reagiert. Da muss man nicht drüber diskutieren, dass wir da unheimliches Glück hatten, nicht mit drei Treffern hinten zu liegen." Trainer Thomas Doll: "Uns hat im ersten Durchgang völlig die Durchschlagskraft gefehlt."

 

Doch die Halbzeit-Pause brachte die Wende. Der Hamburger Coach fand offenbar die richtigen Worte. "In der zweiten Halbzeit haben wir ein ganz anderes Bild gesehen. Wir haben uns in der Kabine noch einmal gesammelt. Wir haben uns an die großen Momente dieser Hinserie erinnert, auch an die Auswärtsspiele, die wir trotz Rückstand noch umgebogen haben. Und dann waren wir wieder in der Partie. Die Jungs haben zwei, drei Gänge hoch geschaltet."

 

Dass die Bremer diese Leistungssteigerung des HSV zuließen, ärgerte Thomas Schaaf. "Wir wollten eigentlich dranbleiben und nachsetzen. Wir wollten wie in der ersten Halbzeit aggressiv draufgehen, aber wir konnten es nicht umsetzen. Wir sind stattdessen immer die entscheidenden Schritte zurückgegangen. Und so mussten wir miterleben, wie der HSV ins Spiel findet. Und wenn man die Hamburger spielen lässt, dann kommen sie zu Chancen. Das ist ein gutes Team." Dass diese Veränderung der Spielanteile durch die Pause erfolgte wunderte den erfahrenen Coach nicht: "Das erlebt man ja immer wieder, dass durch die Rhythmus-Unterbrechung Veränderungen im positiven wie im negativen Sinne möglich sind."

 

Von den Werder-Spielern brachte Miroslav Klose die Leistung am besten auf den Punkt: "Im zweiten Durchgang haben wir nicht mehr das gezeigt, was wir uns vorgestellt haben. Die Laufbereitschaft hat gefehlt. Wir wollten weiter draufgehen, aber haben plötzlich nur abgewartet und wollten den HSV auskontern. Aber das können wir einfach nicht. Wir müssen selbst nach vorn agieren."

 

Besonders ärgerlich für die Bremer war, dass sie es trotz der schwächeren zweiten Hälfte auch dann noch in der Hand hatten, das Spiel zu entscheiden. "Es sollte einfach nicht sein. Erst bekommen wir ein blödes Gegentor, dann vergeben wir auch noch unsere Möglichkeiten in der zweiten Hälfte", resümierte Torsten Frings, der selbstkritisch zugab, dass er die dickste Chance ausließ. "Ich bin allein vor dem Tor, das muss ich einfach machen", so der Mittelfeldspieler, dem die Szene einfach nicht aus dem Kopf ging: "Ich habe den Ball erobert und nach rechts geschaut, da war noch niemand. Da habe ich gedacht, dass ich es allein probieren muss. Als ich dann beim Torhüter war, habe ich Miro gesehen. Und da muss ich auf Nummer sicher gehen und den Ball ganz klar abspielen. Er hätte ihn reingeschoben, dann wäre das Ding gegessen gewesen. So aber hat Kirschstein mein Schuss gut gehalten." Wenige Sekunden nach dem Spiel musste sich Frings dann auch kritische Worte vom Stürmer anhören. "Das ist doch ganz normal, dass man dann noch mal etwas sagt. Ich hatte gerufen, mehr kann ich nicht machen, aber er hat mich übersehen. Das passiert eben. Da mache ich ihm keine Vorwürfe."

 

Dass diese mangelhafte Chancen-Auswertung am Ende nicht auch noch mit Null Punkten bestraft wurde, rettete den Grün-Weißen das Weihnachtsfest. Thomas Doll über die ausgelassene Siegchance: "Wenn Wicky den Ball in der 88. Minute reinmacht, dann wäre es wohl etwas zu viel des Guten gewesen. Werder ist eine tolle Mannschaft. Der HSV wäre bei diesem Druck noch vor drei, vier Jahren sang- und klanglos untergegangen. Und dieses Jahr werden noch ganz andere Teams hier Probleme bekommen. Werder steht zurecht mit ganz oben. Wir sind mit dem Punkt zufrieden." Thomas Schaaf schloss sich dem Urteil an: "Wir können auch mit dem Unentschieden leben, weil die Erkenntnis da ist, dass wir wieder insgesamt guten Fußball geboten haben."

 

von Michael Rudolph und Juliane Schramm

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