Achterbahn-Fahrer dürfen auf Platz drei aussteigen

Profis
Samstag, 21.05.2005 / 22:40 Uhr

Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle auf dem Betzenberg und Nelson Valdez saß ganz vorn im ersten Wagen. Dem jungen Paraguayer fiel der wohl größte Stein vom Herzen, als klar war, dass der Werder-Express am Ende der Saison auf einem Höhepunkt anhielt. In den letzten 90 Minuten hatte er Freude und Leid wie kein anderer erlebt: Nach dem Platz auf der Reservebank in der Vorwoche durfte der Südamerikaner wieder in der Startelf ran. Nach einigen vergebenen Chancen, folgte die überlegte Kopfball-Vorlage zum 1:0, der selbst erkämpfte Treffer zum 2:0 und wieder zahlreiche vergebene Möglichkeiten, um frühzeitig alles klar zu machen. Dann die Erlösung: Der Schlusspfiff und die Ergebnisse aus Stuttgart und Berlin.

 

Nelson Valdez überglücklich: „Dieses Tor zähle ich mit den Treffern in Valencia zu den wichtigsten in meiner Karriere. Gerade weil ich so viele Chancen heute nicht genutzt habe, bin ich froh, dass wenigstens dieses Ding drin war.“ Mit dem 2:0 beschloss der 21-Jährige nach 68 Treffern den Torreigen der Werderaner, den er selbst am 1. Spieltag gegen Schalke eröffnet hatte.

 

Bereits die Randgeschichten vor der abschließenden Partie in Kaiserslautern machten schnell klar, dass sich die Achterbahnfahrt dieser Saison fortsetzen wird. Gute und schlechte Omen wechselten sich ab. Keine leichte Zeit für Spieler mit großem Aberglauben.

 

Positiv gestimmt startete man zum 34. Spieltag: Am Freitag begrüßte ausgerechnet OLT-Flugkapitän Markus Jost das Team, jener Pilot, der vor gut einem Jahr auch die Meistermaschine steuerte. „Ein Mann für die wichtigen Spiele“, so Mediendirektor Tino Polster schmunzelnd. Doch wer dachte, dass damit die Zeichen auf Erfolg standen, der musste schon auf der Hinfahrt zum Stadion am Samstagnachmittag feststellen, dass es nicht nur auf dem Platz Widerstand geben würde. Eine nicht angekündigte Polizeieskorte fing den Mannschaftsbus auf dem Weg zum Stadion ab und lotste die Werderaner auf unbekannte Wege. Als nach mehreren Minuten das Fritz-Walter-Stadion in immer weiterer Ferne verschwand, klärte sich die Situation. Die Polizei dachte, sie hätte einen Fanbus im Schlepptau und wollte ihn zu einem Großparkplatz führen. Das Missverständnis kostete einige Zeit, sodass Werder erst kurz vor 15 Uhr in der Umkleide-Kabine ankam.

 

Im Stadion selbst boten sich wieder alle Vorzeichen für einen tollen Werder-Nachmittag. Die Ex-Lauterer Andreas Reinke und Miroslav Klose wurden von den Fans so herzlich empfangen, dass starke Leistungen der beiden vorprogrammiert waren. Der Nationalstürmer dazu: „Ich durfte in meinem alten ‚Wohnzimmer’ spielen. Schade, dass mir kein Tor gelang.“

 

Eine starke Leistung brachte die gesamte Mannschaft von Beginn an. Tim Borowski über die Startphase: „Wir sind unheimlich aggressiv ins Spiel gegangen. Wir kannten unsere Aufgabe, um noch im Rennen zu bleiben. Unser großer Vorteil war die sichere Qualifikation für den UEFA-Cup in der Vorwoche. Das hat uns Selbstvertrauen gegeben. Außerdem wussten wir, dass die anderen doch einige Probleme mit ihrem Nervenkostüm hatten.“ Der Nationalspieler bestätigte sich selbst mit seinem Treffer zum 1:0.

 

Doch auch hier war die Achterbahnfahrt noch nicht beendet. Es folgte zwar noch das 2:0 durch Valdez, aber danach ließen sich die Bremer von den Lauterern etwas anstecken. Folge: Der Anschlusstreffer und - trotz riesiger Chancen - eine Zitterpartie. Cheftrainer Thomas Schaaf analysierte: „Da mussten wir wohl unserem enormen Anfangstempo Tribut zollen und wurden ein bisschen müde.“ Miroslav Klose stellte fest: „In der zweiten Halbzeit haben wir wohl doch zuviel hin und her gerechnet und ein bisschen den Faden verloren.“

 

Kuriose Situation: In der Tat wurde das Nervenflattern auf der Bremer Bank mit abnehmender Spielzeit immer schlimmer. „Es war doch klar, dass in Berlin bis zur letzten Sekunde alles möglich sein würde. Dabei habe ich immer an unser Gegentor in der Nachspielzeit gedacht, als wir nur 1:1 im Olympiastadion spielten“, verriet Klaus Allofs, der absprachegemäß als einziger von Mediendirektor Tino Polster ständig über die Spielstände informiert wurde. Die Spieler auf dem Feld wussten nur die Halbzeitstände. „Wir wollten uns nur um unser Spiel kümmern“, so Thomas Schaaf.

 

Doch als in Berlin bei 0:0 abgepfiffen wurde, sprach sich das schnell herum. „Da ging das Zittern erst richtig los, weil wir nun wussten, dass nur wir selbst Platz drei noch aus der Hand geben konnten“, so Allofs. Doch dazu kam es nicht. Werder durfte feiern. Die Achterbahn-Fahrer durften aussteigen. Cheftrainer Thomas Schaaf: „Das war ein Spiegelbild der gesamten Saison.“

 

von Michael Rudolph

 

 

 

 

 

 

Lesen Sie auch den detaillierten Spielbericht. Klicken Sie hier!

 

 

Ihr Browser ist veraltet.
Er wird nicht mehr aktualisiert.
Bitte laden Sie einen dieser aktuellen und kostenlosen Browser herunter.
Chrome Mozilla Firefox Microsoft Edge
Chrome Firefox Edge
Google Chrome
Mozilla Firefox
MS Edge
Warum benötige ich einen aktuellen Browser?
Sicherheit
Neuere Browser schützen besser vor Viren, Betrug, Datendiebstahl und anderen Bedrohungen Ihrer Privatsphäre und Sicherheit. Aktuelle Browser schließen Sicherheitslücken, durch die Angreifer in Ihren Computer gelangen können.
Neue Technologien
Die auf modernen Webseiten eingesetzten Techniken werden durch aktuelle Browser besser unterstützt. So erhöht sich die Funktionalität, und die Darstellung wird verbessert. Mit neuen Funktionen und Erweiterungen werden Sie schneller und einfacher im Internet surfen können.